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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Schlüssel vergessen. Er stand auf, ärgerte sich über die Störung, so dankbar er für die Arbeit war, die Mrs. Brody leistete, und ging öffnen. Das Klingeln wurde immer eindringlicher.
    Doch vor der Tür stand statt der Erwarteten ein junger Mann im braunen Anzug. Er hatte das Haar straff zurückgekämmt und einen beflissenen Gesichtsausdruck.
    »’n Morgen, Sir«, sagte er schneidig und nahm Haltung an. »Sergeant Grenville, Sir …«
    »Sofern mich Narraway über den Brief in der Times in Kenntnis setzen möchte – ich habe ihn bereits gelesen«, sagte Pitt
ziemlich scharf. »Auch im Spectator , der Mail und der Illustrated London News .«
    »Nein, Sir«, sagte der Mann mit verwirrtem Gesicht. »Es geht um den Mord.«
    »Wie bitte?« Zuerst dachte Pitt, er habe sich verhört.
    »Den Mord, Sir«, wiederholte der Mann. »In der Southampton Row.«
    Das Bedauern, das Pitt in diesem Augenblick empfand, war beinahe wie ein körperlicher Schmerz und verwandelte sich rasch in Hass auf Voisey und den ganzen Inneren Kreis. Diese Männer hatten ihn aus der Bow Street vertrieben, wo er sich mit Verbrechen beschäftigt hatte, von denen er etwas verstand. Wie entsetzlich auch immer sie sein mochten, er besaß die nötige Erfahrung und das erforderliche Geschick, um in nahezu allen Fällen die Lösung zu finden. Es war sein Beruf, ein Fach, das er beherrschte. Beim Sicherheitsdienst stocherte er im Nebel herum, wusste zwar, was geschehen würde, hatte aber keine Möglichkeit, etwas dagegen zu unternehmen.
    »Da sind Sie bei mir an der falschen Adresse«, sagte er ausdruckslos. »Ich habe mit Mord nichts mehr zu tun. Sagen Sie Ihrem Vorgesetzten, dass ich nicht weiterhelfen kann. Melden Sie sich bei Oberinspektor Wetron in der Bow Street.«
    Der Mann rührte sich nicht vom Fleck. »’tschuldigung, Sir, ich habe das wohl nicht richtig gemeldet. Mister Narraway wünscht, dass Sie den Fall übernehmen. Das wird den Leuten in der Bow Street zwar nicht schmecken, aber das lässt sich nicht ändern. Inspektor Tellman kümmert sich in der Southampton Row um die Sache. Sie haben ja schon früher mit ihm gearbeitet. Verzeihen Sie, aber es wäre gut, wenn Sie gleich hingehen könnten, denn man hat die Leiche gegen sieben entdeckt, und jetzt ist es fast halb zehn. Wir haben grade erst davon erfahren, und Mister Narraway hat mich sofort hergeschickt.«
    »Warum?« Es ergab keinen Sinn. »Ich habe schon einen Fall.«
    »Er sagt, das gehört dazu, Sir.« Grenville warf einen Blick über die Schulter. »Auf der Straße wartet eine Droschke. Sie brauchen nur abzuschließen, dann können wir gehen, Sir.« Die Art, wie er das sagte, und seine ganze Haltung zeigten deutlich,
dass es sich nicht um einen einfachen Wachtmeister handelte, der einem Vorgesetzten etwas vorschlug; das war ein Mann, der seiner Stellung ausgesprochen sicher war und die Anweisung eines Vorgesetzten weitergab, die man auf keinen Fall missachten durfte.
    Leicht verärgert folgte Pitt dem Mann zur Droschke. Es war ihm gar nicht recht, Tellman bei dem ersten Mordfall, den er seit seiner Beförderung selbst bearbeiten durfte, in die Quere zu kommen. Sie fuhren das kurze Stück durch die Keppel Street um den Russell Square herum und einige hundert Meter in die Southampton Row hinein.
    »Wer ist das Opfer?«, fragte Pitt, kaum dass die Droschke anruckte.
    »Eine gewisse Maude Lamont«, gab Grenville zur Antwort. »Wie es heißt, war sie ein spiritistisches Medium. Eine von denen, die sagen, dass sie mit den Toten Verbindung aufnehmen können.« Sein Ton und sein ausdrucksloses Gesicht zeigten, was er von derlei Dingen hielt und dass es eigentlich unter seiner Würde war, Worte darüber zu verlieren.
    »Und warum ist Mister Narraway der Ansicht, dass das etwas mit meinem Fall zu tun hat?«, fragte Pitt.
    Grenville sah vor sich hin.
    »Das weiß ich nicht, Sir. Mister Narraway sagt niemandem etwas, was er nicht zu wissen braucht.«
    »Schön, Sergeant Grenville, was können Sie mir noch sagen, außer dass ich zu spät komme, meinem früheren Wachtmeister auf die Füße trete, indem ich ihm seinen ersten Fall wegnehme, und keine Ahnung habe, worum es dabei geht?«
    »Ich weiß nicht, Sir«, sagte Grenville mit einem Seitenblick auf Pitt. Dann sah er wieder nach vorn. »Außer dass Miss Lamont eine Spiritistin war, wie ich gesagt habe, und ihr Hausmädchen sie heute Morgen tot aufgefunden hat. Wie es aussieht, ist sie erstickt. Nur sagt der Arzt, es war kein Unfall, und deshalb

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