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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Ahnung.«
    »Nein, aber ich habe von ihr erfahren, dass Maude Lamont über ihre Besucher Buch geführt hat. Es befindet sich im Sekretär im kleinen Arbeitszimmer, und den Schlüssel dazu
trägt sie um den Hals.« Pitt nickte zu der Toten hin. »Vielleicht erfahren wir daraus, was wir wissen wollen, möglicherweise sogar, warum die Leute hier waren. Sie dürfte es ja wohl gewusst haben.«
    Tellman verzog das Gesicht. »Arme Teufel«, sagte er mit tiefem Empfinden. »Welche Art von Bedürfnis bringt Menschen dazu, zu einer solchen Frau zu gehen und nach Antworten zu suchen, die man eher in der Kirche erwartet, wenn sie einem der gesunde Menschenverstand schon nicht geben kann? Ich meine … was wollen diese Leute eigentlich wissen?« Er runzelte die Stirn, was seinem langen Gesicht einen abweisenden Ausdruck gab. »›Wo bist du?‹, ›Wie ist es da?‹ Sie konnte ihnen doch alles Beliebige sagen … Wie hätten sie das nachprüfen sollen? Es ist unanständig, aus dem Kummer anderer Menschen Kapital zu schlagen.« Er wandte sich ab. »Aber es ist auch dumm von den Klienten, dass sie Geld dafür hergeben.«
    Pitt brauchte eine Weile, bis er umgeschaltet hatte, doch merkte er, dass Tellman verwirrt und zornig war und sich gegen die Schlussfolgerung wehrte, dass einer jener Menschen, die er mehr oder weniger gegen seinen eigenen Willen bedauerte, den Mord an der Frau begangen haben musste, die wenige Schritte entfernt reglos im Sessel lehnte. Dazu musste er ihr ein Knie auf die Brust gesetzt haben, während sie nach Luft rang, so dass sie an der sonderbaren Substanz erstickte, die in ihrer Kehle saß. Tellman versuchte sich vorzustellen, was den Mörder zu seiner Tat getrieben haben mochte. Er war Junggeselle und kam außerhalb seiner Arbeit bei der Polizei mit Frauen kaum in Berührung. Er hoffte, dass Pitt der Leiche den Schlüssel abnahm, denn wenn er selbst es täte, würde das schwerfällig und peinlich wirken.
    Pitt trat zu ihr hinüber, hob vorsichtig den Spitzeneinsatz vorn am Kleid an und tastete unter dem Stoff. Er fand die dünne Goldkette und zog sie hervor, bis er den Schlüssel in Händen hielt. Behutsam hob er die Kette über ihren Kopf, bemüht, ihre Haare nicht in Unordnung zu bringen. Lachhaft! Welche Rolle konnte das jetzt noch spielen? Dabei hatte sie noch vor wenigen Stunden gelebt, war voller Gedanken und Empfindungen
gewesen. Da wäre es undenkbar gewesen, auf diese Weise ihren Hals und Busen zu berühren.
    Mechanisch schob er ihre Hand beiseite. In diesem Augenblick fiel ihm ein langes helles Haar auf, das sich um den Knopf an ihrem Ärmel gewickelt hatte. Es konnte keinesfalls von ihr stammen: denn sie war dunkel. Einen Augenblick lang leuchtete das Haar auf wie ein Faden aus gesponnenem Glas. Als er sich bewegte, wurde es wieder unsichtbar.
    »Was hat diese Sache mit dem Sicherheitsdienst zu tun?«, fragte Tellman unvermittelt mit schroffer Stimme.
    »Ich weiß es nicht«, gab Pitt wahrheitsgemäß zur Antwort, richtete sich auf und legte den Kopf der Toten wieder genau so hin wie zuvor.
    Tellman sah ihn an. »Zeigen Sie es mir?«, wollte er wissen.
    Zwar hatte Pitt noch nicht darüber nachgedacht, doch da ihm die Situation sonst absurd erschienen wäre, erwiderte er spontan: »Natürlich. Ich hoffe daraus sehr viel mehr zu erfahren als nur die Namen derer, die gestern Abend hier waren. Wenn sich die Sache nicht durch ein Wunder von selbst aufklärt, werden wir über diese Frau noch weit mehr Erkundigungen einziehen und mit ihren Besuchern reden müssen. Was für Menschen sind das, und was wollten sie hier? Wie viel hat man ihr gezahlt? Ließ sich von diesen Einnahmen der Aufwand für das Haus hier bestreiten?« Automatisch sah er sich im Raum um, ließ den Blick über die Künstlertapeten und die kunstvoll geschnitzten asiatischen Möbel gleiten. Er hatte durchaus eine Vorstellung davon, was all das kosten konnte.
    Tellman verzog das Gesicht. »Woher wusste sie überhaupt, was sie diesen Menschen sagen sollte?«, fragte er und biss sich dabei auf die Lippe. »Und was hat sie ihnen gesagt? Wahrscheinlich musste sie sie erst einmal ein bisschen aushorchen und dann raten.«
    »Vermutlich. Vielleicht hat sie ihre Klienten auch sehr sorgfältig ausgewählt und sich nur mit solchen abgegeben, über die sie bereits etwas wusste oder mit Sicherheit etwas in Erfahrung bringen konnte.«
    »Ich habe mich im ganzen Raum umgesehen.« Tellman betrachtete die Wände, die Gaskandelaber, den hohen

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