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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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verwehrt blieb, empfand er keinen Triumph. »Was für Menschen sind das nur, die eine Frau aufsuchen, die von sich behauptet, sie könnte mit Geistern sprechen?«, sagte er. »Wissen die Leute eigentlich nicht, dass das Humbug und Mumpitz ist?«
    »Diese Menschen sind auf der Suche«, entgegnete Pitt. »Verletzliche, einsame Menschen, die in der Vergangenheit verharren, weil ihnen die Zukunft ohne den geliebten Menschen unerträglich ist. Ich weiß nicht … vermutlich lassen sie sich von Leuten benutzen und ausbeuten, die von sich glauben, dass sie die Macht dazu haben, oder es verstehen, eine Illusion zu schaffen … wenn nicht beides.«
    Auf Tellmans Gesicht ließ sich erkennen, dass in ihm Abscheu und Mitleid im Widerstreit lagen.
    »Das gehört verboten!«, sagte er schmallippig. »Das ist wie eine Mischung von Prostitution und Jahrmarktsbetrügerei – aber jene Leute nutzen wenigstens nicht den Kummer anderer aus, um sich zu bereichern!«
    »Wir können niemanden hindern, etwas zu glauben, was er glauben möchte oder muss«, erwiderte ihm Pitt. »Und auch nicht daran, dass er jede mögliche Quelle der Wahrheit nutzt.«
    »Wahrheit?«, höhnte Tellman. »Warum gehen sie nicht einfach sonntags zur Kirche?« Er erwartete keine Antwort auf diese Frage, denn er wusste, dass es keine gab. Er selbst hatte auch keine. Er unterließ es, Fragen zu stellen, die auf den Bereich des persönlichen Glaubens zielten. »Jedenfalls müssen wir feststellen, wer das getan hat!«, sagte er schroff. »Wie jeder andere Mensch hatte diese Frau einen Anspruch darauf, nicht umgebracht zu werden, auch wenn sie sich um Sachen gekümmert
hat, die sie nichts angingen. Ich jedenfalls möchte, dass man meine Toten in Frieden lässt!« Er sah Pitt nicht an.
    »Wie die das bloß machen?«, spann er dann den schon einmal angefangenen Faden fort. »Ich habe das Zimmer von oben bis unten durchsucht und nichts gefunden: keine Hebel, keine Pedale, keine Drähte – rein gar nichts. Und das Hausmädchen schwört, dass sie nichts mit der Sache zu tun hatte … Na ja, es bleibt ihr ja wohl auch nichts anderes übrig, als das zu sagen.« Er ließ eine Pause eintreten. »Wie um Himmels willen bringt man Leute nur dazu, dass sie glauben, man steigt in die Luft auf oder wird immer länger?«
    Pitt biss sich auf die Lippe. »Für uns ist die Frage wichtiger, woher man erfährt, was die Leute hören wollen, damit man es ihnen sagen kann.«
    Tellman sah ihn verblüfft an, dann begriff er allmählich. »Man versucht, etwas über sie in Erfahrung zu bringen«, stieß er hervor. »Das hat uns das Mädchen heute Morgen erklärt. Sie hat gesagt, dass die Frau nur bestimmte Leute als Besucher haben wollte – wahrscheinlich genau die, über die sie etwas erfahren konnte. Man nimmt sich jemanden vor, den man kennt, hört gut zu, stellt Fragen und macht sich ein Bild. Vielleicht hat man sogar jemanden zur Hand, der ihnen die Taschen durchsucht.« Er steigerte sich in die Vorstellung hinein und fuhr mit vor Empörung blitzenden Augen fort: »Unter Umständen lässt man auch die Dienstboten solcher Menschen aushorchen, bricht in ihr Haus ein, liest ihre Briefe, ihre Papiere, sieht sich gründlich ihre Kleiderschränke an! Man fragt die Lieferanten aus, stellt fest, wofür die Leute Geld ausgeben und bei wem sie Schulden haben.«
    Pitt seufzte. »Und wenn man über einen oder zwei solcher Menschen genug Material zusammengetragen hat, versucht man eine kleine Erpressung«, sagte er. »Es ist gut möglich, dass wir hier einen äußerst hässlichen Fall haben, Tellman, einen wirklich äußerst hässlichen.«
    Ein Anflug von Mitgefühl zeigte sich um Tellmans Mund. Sogleich straffte er die Lippen, um diese Empfindung nicht zu zeigen. »Wen von den dreien mag sie zu weit getrieben haben?«, fragte er ruhig. »Und in Bezug worauf? Hoffentlich
ist es nicht Ihre Mistress Serracold …« Er hob das Kinn ein wenig, als wäre ihm der Kragen zu eng. »Wenn aber doch, bin ich unter keinen Umständen bereit, das zu decken, nur um dem Sicherheitsdienst einen Gefallen zu tun.«
    »Es würde auch nichts nutzen«, sagte Pitt. »Denn ich würde der Sache auf jeden Fall nachgehen.«
    Ganz allmählich entspannte sich Tellman. Er nickte kaum wahrnehmbar und lächelte zum ersten Mal.

Kapitel 4
    I sadora Underhill saß an einem üppig gedeckten Tisch und schob das Essen auf ihrem Teller mit wohleinstudierter Eleganz herum. Gelegentlich führte sie den einen oder anderen Bissen zum

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