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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Aufgabe eingeweiht hatte, vermutete er, dass es dazu gehörte, die Frau vor Skandalen zu bewahren oder aber, sofern sich das als unmöglich erwies, die Angelegenheit auf jeden Fall diskret und wohl auch rasch zu erledigen. Er beneidete ihn nicht darum. Verglichen damit war die Aufklärung eines Mordfalls unkompliziert.
    Die Frau hob die elegant geschwungenen Brauen kaum wahrnehmbar. »Ich weiß nicht, auf welche Weise sie ums Leben gekommen ist, Mister Pitt, ob jemand den Tod herbeigeführt hat oder etwas hätte unternehmen können, ihn zu verhindern.« Ihre Stimme klang völlig gleichgültig, doch war sie unübersehbar bleich und hielt sich so starr, dass zu vermuten stand, sie beherrsche ihre Empfindungen mit äußerster Mühe und wage nicht, sie offen zu zeigen.
    Ein leichter Hauch von Parfüm stieg Tellman in die Nase. Sie gehörte zu der Art Frau, die ihn beunruhigte und unsicher machte. Er verstand nichts von ihrer Lebensweise, ihren Empfindungen oder ihren Ansichten und war sich ihrer Gegenwart in geradezu quälender Weise bewusst.
    »Jemand hat ihren Tod herbeigeführt«, drang Pitts Stimme in seine Gedanken, »sie wurde nämlich ermordet.«
    Mrs. Serracold forderte sie nicht zum Sitzen auf. Sie holte tief Luft und stieß sie in einem kaum hörbaren Seufzer aus.
»Ist jemand eingebrochen?« Sie zögerte eine Sekunde. »Hat sie möglicherweise vergessen, den Seiteneingang zum Cosmo Place zu verschließen? Der letzte Besucher ist von dort hereingekommen und nicht durch die Haustür.«
    »Es war kein Raubmord«, gab Pitt zur Antwort. »Es ist auch nichts beschädigt worden.« Er sah sie aufmerksam an und ließ sie keine Sekunde aus den Augen. »Die Art und Weise, wie sie getötet wurde, lässt auf äußerst persönliche Motive schließen.«
    Ihre seidenen Röcke raschelten, als sie an ihm vorüberging und sich in einen der dunkelrot bezogenen Sessel sinken ließ. Sie war so bleich, dass Tellman annahm, sie habe endlich die Tragweite von Pitts Worten begriffen. War sie darüber erschrocken? Oder hatte sie das bereits gewusst und fühlte sich durch das Bewusstsein in die Enge getrieben, dass andere es ebenfalls wussten, vor allem die Polizei?
    Oder war ihr möglicherweise durch den Hinweis, dass es sich um etwas Persönliches handelte, klar geworden, wer die Tat begangen hatte?
    »Ich glaube nicht, dass ich mehr darüber wissen möchte, Mister Pitt«, sagte sie rasch. Sie schien sich wieder vollständig in der Hand zu haben. »Ich kann Ihnen lediglich sagen, was ich mitbekommen habe. Meiner Erinnerung nach war es ein völlig normaler Abend. Es gab keine Auseinandersetzung, und mir ist auch keinerlei Feindseligkeit aufgefallen. Ich denke, dass ich so etwas bemerkt hätte. Ich kann nicht glauben, dass einer von uns der Täter gewesen sein soll. Ich war es mit Sicherheit nicht …« Ihre Stimme versagte einen Augenblick lang. »Ich … ich war ihrer Gabe zutiefst verpflichtet. Und ich … mochte sie.« Sie schien noch etwas hinzufügen zu wollen, überlegte es sich dann aber offenbar anders und sah Pitt erwartungsvoll an.
    Ohne länger auf eine Aufforderung zu warten, setzte er sich ihr gegenüber und überließ Tellman die Entscheidung, seinem Beispiel zu folgen oder stehen zu bleiben. »Können Sie mir beschreiben, wie dieser Abend verlaufen ist, Mistress Serracold?«
    »Ich denke schon. Ich bin kurz vor zehn dort angekommen. Der Soldat war bereits da. Ich weiß weiter nichts von ihm, aber bei ihm ging es ständig um Schlachten. Alle seine Fragen
hatten mit Afrika und Krieg zu tun, also nehme ich an, dass er Soldat ist oder war.« Auf ihr Gesicht trat der flüchtige Ausdruck von Mitleid. »Ich hatte den Eindruck, dass er jemanden verloren hat, der ihm nahe stand.«
    »Und der dritte Anwesende?«, fragte Pitt.
    »Ach, der.« Sie zuckte die Achseln. »Sie meinen den Grabräuber? Der ist als Letzter gekommen.«
    Pitt sah sie verblüfft an. »Wie bitte?«
    Sie verzog angewidert das Gesicht. »So nenne ich ihn bei mir, weil ich ihn für einen Skeptiker halte, der uns den Glauben an eine Auferstehung des Geistes nehmen möchte. Seine Fragen waren … in grausamer Weise forschend, als ob er in einer Wunde herumstocherte …« Sie sah Pitt aufmerksam an, wohl um festzustellen, ob er genau verstand, was sie meinte, ob er fähig sei, zumindest eine Vorstellung davon zu entwickeln, was sie beschrieb, oder ob sie sich mit ihren Worten unnötiger Peinlichkeit aussetzte.
    Tellman durchfuhr mit einem Mal eine Erkenntnis. Als

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