Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
Geheimniskrämerei nicht hinter uns gelassen?
»Ja.« Sie grinste verlegen. »Ich weiß, dass Tempest an einigen Orten solche elektromagnetischen Impulse installiert hat. Aber ich weiß nicht genau, wofür.«
»In dem unterirdischen Krankenhaustrakt«, sagte ich, weil mir wieder einfiel, dass ich mit Marshall dort unten eingeschlossen gewesen war, als ich damals den Halbsprung ins Jahr 1996 gemacht hatte. Und dann wusste ich plötzlich auch die Antwort: »Es hindert die Feinde der Zeit daran, durch die Zeit zu springen!«
Sie sah mich erschrocken an. »Ja, genau. Willst du es vielleicht mal ausprobieren? Versuchen, ob du springen kannst?«
Ich konzentrierte mich mit aller Kraft auf einen ganzen Sprung. Ein stechender Schmerz jagte durch meinen Kopf, und in der Sekunde, als ich spürte, wie ein Riss durch mich hindurchging und ich zu einem Halbsprung ansetzte, ließ ich gerade noch rechtzeitig davon ab, bevor das Zimmer sich vor meinen Augen aufzulösen begann.
Ich sank auf die Knie und legte die Hände an den Kopf. Schwarze und gelbe Punkte flimmerten mir vor den Augen. Kendrick beugte sich zu mir herunter und legte mir eine Hand auf den Rücken. Nachdem ich ein paar Minuten lang tief durchgeatmet hatte, ließ der Schmerz nach. Langsam richtete ich mich wieder auf und lächelte sie an. »Hier unten ist definitiv ein Kraftfeld aktiv. Das war nicht nur ein missglückter Versuch. So etwas ist mir noch nie passiert.«
»In dem Labor in Frankreich gibt es auch so was, aber das muss ich selbst aktivieren. Ein paarmal habe ich es angestellt, um herauszufinden, wie der menschliche Körper darauf reagiert. Zuerst befällt einen leichter Schwindel, dann wird einem plötzlich übel. Dein Dad kann dieses Kraftfeld hier drin sicherlich auch deaktivieren«, sagte sie und grinste. »Du weißt doch, was das heißt, oder?«
»Äh, was denn?«
»Dieses winzige Apartment hier unten ist euer ganz persönlicher kleiner Atombunker.«
»Darum kennt dieses Ding auch meine Fingerabdrücke«, sagte ich und beobachtete, wie sie herumging und einzelne Gegenstände inspizierte. »Aber wenn man nur solche magnetischen Impulse braucht, warum setzen sie so was dann nicht viel häufiger ein? Warum nicht auch in unserer Wohnung oben?«
»Na ja, dieser Raum hier ist abgeschottet. Wenn die Wohnung oben mit magnetischen Impulsen gesichert wäre oder gar das ganze Haus, könnten die EOTs immer noch aus dem Fenster springen und auf diese Weise durch die Zeit reisen. Oder sie könnten dafür aus der Tür rennen.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger über die Schallplatten im Regal. »Außerdem ist es gefährlich, sich über längere Zeiträume elektromagnetischen Impulsen auszusetzen.«
»Gefährlich? Inwiefern?« Durften wir uns dann überhaupt hier unten aufhalten?
»Wenn man es ein paar Tage oder Wochen macht, ist das nicht schlimm, aber wenn es Monate oder Jahre sind, kann das zu Zellmutationen und Erbgutschädigung führen.« Sie hob den Kopf, und während wir uns ansahen, zählten wir langsam eins und eins zusammen.
»Diese merkwürdigen Typen, von denen ich dir erzählt habe. Die, denen ich in der Zukunft begegnet bin. In der grusligen Version. Die sahen ziemlich furchterregend aus. Ich konnte die Adern durch ihre Haut schimmern sehen.« Fast musste ich lachen, weil diese Theorie so verrückt klang: »Meinst du, wir werden in der Zukunft alle zu Mutanten? Nicht wir persönlich, aber die Menschheit allgemein?«
»Was, wenn es in der Zukunft, die Emily dir gezeigt hat, so von Zeitreisenden wimmelt, dass sie sie mit Hilfe von elektromagnetischen Impulsen in Schach halten müssen, weshalb nach einiger Zeit alle mit Deformationen zur Welt kommen?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ergibt eigentlich keinen Sinn, weil wir die Folgen dieser Strahlung ja heute bereits kennen. Bevor sie alle Frauen mit Mutanten niederkommen lassen, würden sie sich dazu irgendwas einfallen lassen.«
»Vielleicht reichen ja schon einige wenige Mutanten aus, um die Welt zu zerstören?«
»Oder ein Mutant und ein paar Klone.« Kendricks ernste Wissenschaftlerinnenmiene verschwand, und sie lachte laut. »O mein Gott, wir haben wirklich die verkorkstesten Jobs, die man haben kann.«
Sie zog eine Platte aus dem Regal und reichte sie mir. »Lass uns mal in die Musik von deinem Dad reinhören. Vielleicht erfahren wir darüber ja etwas Neues.«
»Frank Sinatra«, las ich auf dem Cover, bevor ich die Platte auflegte. Während »Fly Me to the Moon« zu spielen begann,
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