Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
er mir, mich zu setzen, was ich auch tat, vor allem, weil das Stehen mir schwerfiel. Der alte Mann setzte sich mir gegenüber an den Tisch.
»Ich wollte bloß sehen, wie es dir geht«, sagte er sanft. »Du darfst dir nicht die Verantwortung für das geben, was heute Abend passiert ist. Niemand erwartet von dir, dass du das wieder in Ordnung bringen kannst. Ich hoffe, du weißt das?«
Ich zuckte mit den Schultern, sagte aber nichts mehr. So einfach war das nicht. Und wird es auch nie sein.
Er seufzte, als könnte er meine Gedanken lese. »Wir werden nicht aufgeben zu versuchen, einen Kontakt zu deinem Vater herzustellen. Ganz egal, was das Protokoll verlangt. Ich werde nicht aufhören zu suchen. Er ist ein guter Mann. Zweifle nie an dem, was wahr ist, ganz gleich was andere Agenten dir auch sagen mögen.«
Ich wollte nicht, dass Healy wusste, wie eng das Verhältnis zwischen Dad und mir war, und wechselte deshalb das Thema. »Das Einzige, woran ich momentan dauernd denken muss, sind all diese EOTs. Haben sie in der Zukunft dutzendweise Maschinen zum Klonen, oder wo kommen sie alle her?«
Healy betrachtete mich aufmerksam. Vielleicht wollte er prüfen, ob ich mich in einer Art Schockzustand befand, doch der Schock setzte bei mir neuerdings wesentlich langsamer ein. »Dr. Melvin schämt sich für die Jahre, die er mit dem Versuch verbracht hat, das Klonen technisch voranzutreiben, und das auch noch mit öffentlichen Geldern. Ohne seine Forschungen hätten wir möglicherweise nicht so viele Feinde zu bekämpfen. Das Klonen war der Traum eines dummen Jungen. Aber um zu lernen, die Folgen seines Handelns einzuschätzen, braucht man ein gewisses Alter und Erfahrung.«
Der arme Dr. Melvin. Und ich dachte, ich wäre mit Schuld behaftet. »Warum haben Sie mir gesagt, Kendrick wäre wichtig für diese Abteilung? Sind Sie verwandt oder so was?«
»Nein, nichts dergleichen, Jackson«, antwortete er lächelnd. »Ich kenne nicht alle Details. Marshall hat mir so wenig wie möglich erzählt, aber sie wird wohl ein Heilmittel gegen eine tödliche Seuche finden, die die Welt in der Zukunft heimsuchen wird. Ich glaube, das ist der Grund, warum die Feinde der Zeit sie möglicherweise verschonen.«
»Ehrlich? Weiß Dr. Melvin das? Und werden die EOTs nicht wissen, welches Wundermittel zu entdecken sie bestimmt ist, und können es dann einfach nachmachen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Sie ziehen es offenkundig vor, Ereignisse nicht zu verändern, die nicht verändert werden müssen. Sie wollen an möglichst wenig Dingen herumpfuschen und hoffen, alles in eine perfekte Form zu bringen. Dr. Melvin weiß nichts von alldem, und du wirst es ihm auch nicht sagen. Er wird den Rest seines Lebens mit dem Versuch verbringen, etwas zu entdecken, das zu finden ihm nicht gegeben ist, und er wird darüber sterben.«
Ich seufzte frustriert. »Gut, aber warum muss Kendrick dann bei Tempest sein? Kann sie nicht einfach in irgendeinem Labor arbeiten und so allen Arten von Explosionen und anderen Gefahren aus dem Weg gehen?«
»Zunächst einmal ist es so, dass sie zu Tempest gehören möchte. Aus Gründen, die ich nicht kenne.« Seine Miene wurde ernster. »Denselben Vorschlag habe ich Chief Marshall übrigens auch unterbreitet. Er war jedoch der Ansicht, dass ihre Fähigkeiten zu wertvoll sind, um sie nicht als Agentin einzusetzen. Und jetzt wird man ihr nie mehr erlauben, aus dem Dienst auszuscheiden. Jedenfalls nicht lebend. Aber wenn sie weiter Medizin studiert und nicht abgelenkt wird, kann sie trotzdem ihre Entdeckung machen.«
Dass man ihr nie erlauben würde, den Dienst zu quittieren, war keine Überraschung für mich. Das hatte ich bereits selbst vermutet, doch es machte es nicht leichter, das alles zu schlucken. Ich stützte den Kopf in die Hände und rieb mir die Augen.
Healy legte mir seine Hand auf die Schulter. »Du solltest dich ausruhen, Jackson. Ich habe dir bereits zu viel erzählt. Alles, was du heute Abend durchmachen musstest, tut mir aufrichtig leid.«
»Das gehört doch zu meinem Job, oder?« Ich stand langsam auf und ging durch den Gang zu dem Labor, das Kendrick erwähnt hatte.
Kendrick schlüpfte gerade aus der Tür, als ich ankam. Wir sahen uns lange an. Keiner von uns wusste, was er sagen sollte. Ihre sorgfältige Hochsteckfrisur hatte sich größtenteils aufgelöst, und ihre Hände und ihr Gesicht wiesen Spuren von Blut und Dreck auf. Sie sah fürchterlich aus, und ich bestimmt auch.
»Fertig zum Aufbruch?«,
Weitere Kostenlose Bücher