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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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also, es besteht ein
Zusammenhang mit diesen anderen —« Ich beendete meine Frage nicht, da er die
Augen hin und herbewegte, um mir zu bedeuten, daß er vor Carmen nicht über die
anderen Vorfälle sprechen wollte.
    »Vielen Dank, Carmen«, sagte ich. »Wenn
Ihnen noch irgendwas einfällt, würden Sie es T. J. bitte wissen lassen?«
    Er nickte brüsk und ging wieder hinter
den Tresen zurück, aber ich sah noch einen Hauch von Unentschlossenheit in
seinem Blick. Carmen wollte noch etwas sagen, aber er wußte nicht, wie Suits es
aufnehmen würde.
    »Okay«, sagte ich zu Suits, »erzähl mir
die ganze Geschichte, angefangen mit deinem derzeitigen Sanierungsprojekt.«
    »Kennst du die Golden Gate Lines?«
    »Die Schiffahrtsgesellschaft? Klar. Die
sitzt doch in Oakland, oder?«
    »Ja, noch. Sie haben mich vor einem
knappen Jahr gerufen, als sie kurz vor dem Bankrott standen. Ich bin jetzt mit
der Stabilisierung so weit, daß ich ins Visions-Stadium eintreten kann. Es ist
eine revolutionäre Vision, wie ich schon sagte, und sie wird eine Wende in der
Geschichte San Franciscos bedeuten. Und irgend jemand will nicht, daß ich sie
realisiere.«
    »Warum nicht?«
    »...Moment mal.« Er stand auf, ging zu
dem Münzfernsprecher an der Wand neben der Tür und führte ein kurzes Telefonat.
Als er wieder eingehängt hatte, winkte er mich zu sich. »Komm, es ist leichter,
ich zeig’s dir, als es lange zu erklären.« Ehe ich Einspruch erheben konnte,
war er, nach einem kurzen Winken zu Carmen hinüber, schon auf dem Weg nach
draußen.
    Im Berufsleben eines jeden
Privatdetektivs gibt es Momente, in denen es ratsam ist, einem möglichen
Klienten schleunigst den Rücken zu kehren. Ich wußte instinktiv, daß dies ein
solcher Moment war. Aber verhielt ich mich dementsprechend? Nein. Ich
marschierte vielmehr hinter Suits her und folgte ihm zurück zu seinem
Apartment-Haus wie ein Kind einem wahnsinnigen Rattenfänger.
    Nachdem wir beim Bay Vista angelangt
waren, führte mich Suits auf die Rückseite des Komplexes und zu einem Aufzug,
der sich nur mit einem Schlüssel bedienen ließ. Als wir ihn betraten, fragte
ich: »Wohin—«
    »Aufs Dach.«
    »Warum?«
    Er verschränkte die Arme vor der Brust,
lehnte sich gegen die Wand der Fahrstuhlkabine und bedachte mich mit einem
gereizten Blick. »Du stellst zu viele Fragen. Kannst du die Dinge nicht einfach
auf dich zukommen lassen?«
    »Fragen zu stellen ist mein Job.«
    »Dafür ist später noch Zeit.«
    »Wann?«
    Er verdrehte die Augen. Wir fuhren
wortlos weiter und traten aufs Dach hinaus. Es war windig hier oben und kalt;
ich schloß den Reißverschluß meiner Jacke. Suits legte die Hand über die Augen
wie eine Visierklappe und suchte den Himmel ab.
    »Da kommt der Vogel schon«, sagte er.
»Rekordzeit.«
    Ich sah nach Osten. Ein Helikopter —
ein großes Modell, vermutlich ein JetRanger — kam mit flappendem Rotorgeräusch
auf uns zu.
    »Ist das—«
    »Meiner.« Er schlug sich stolz auf die
Brust. »JetRanger Drei, und außerdem habe ich noch einen Learjet
Fünfunddreißig-A. Aber der Vogel da ist mir lieber. Der Pilot ist rund um die
Uhr abrufbereit—Josh Haddon. Prima Mann, er—«
    Der Helikopter war jetzt direkt über
uns, und der Rest ging in seinem Gedröhne unter. Während er mit ruckelnden
Bewegungen über dem Landekreuz einschwebte, das auf den Beton aufgemalt war,
packte mich Suits an der Schulter. Er schrie mir direkt ins Ohr: »Hast du das
Kennzeichen gesehen?«
    Ich sah auf den Rumpf des Hubschraubers
und erkannte die Nummer E622T. In Fliegersprache hieß das
Echo-sechs-zwo-zwo-Tango. Putzig.
    Der Hubschrauber stand kurz in der Luft
und begann dann seinen schwerfälligen Abstieg. Der Wind der Rotoren blies mir
die Haare zurück und wirbelte Sand auf, der mich in Gesicht und Augen stach.
    Ich hasse Hubschrauber. Man liest
dauernd, daß sie sich in Hochspannungsleitungen verfangen, und wenn sie
abstürzen, plumpsen sie herunter wie ein Stein. Nach meiner Flugerfahrung mit
einem aerodynamisch so perfekten Flugzeug wie Hys Citabria — ich hatte
angefangen, Flugstunden zu nehmen, und rechnete damit, Ende des Jahres meinen
ersten Alleinflug wagen zu können — erschienen mir die Bewegungen eines
Hubschraubers unnatürlich und plump. Doch jetzt sollte mir offenbar das
Privileg zuteil werden, auf persönliche Einladung von Suitcase Gordon in diesem
Ding mitzufliegen.
    Der Helikopter setzte auf, der Rotor
drehte langsamer. Der Pilot beugte sich über den Passagiersitz und

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