Feinde kann man sich nicht aussuchen
großen
Terrasse an der Seitenwand des Hauses hinabführen. Ich schwang mich hinunter,
immer zwei Stufen auf einmal.
Die Terrasse war riesig, vom Schein
photoelektrischer Strahler erleuchtet. Dahinter lag ein Pool, taghell illuminiert.
Ich sprang seitwärts von der Treppe, rutschte eine gestrüppbewachsene Böschung
zu einem der äußeren Tragebalken der Terrasse hinunter und duckte mich unter
die Bohlen. Die lichte Höhe betrug etwa einen Meter zwanzig; ich tastete mich
gebückt in das Dunkel hinein.
Ich konnte die Schritte jetzt auf der
Treppe hören.
Das Blut rauschte in meinen Ohren. In
meinem Bein pochte es. Angst saß mir in der Kehle, drohte als Schrei
hervorzubrechen. Ich preßte die Lippen aufeinander, hielt den Atem an.
Mein Verfolger blieb stehen. Trat auf
die Terrasse. Blieb noch einmal kurz stehen und ging dann leise zur anderen
Terrassenseite. Ich verharrte reglos; mein Rücken schmerzte vom Bücken, mein
Bein pochte noch heftiger. Der Boden fiel hier steil ab; ich mußte mich zurücklehnen
und die Absätze in den Boden stemmen, um nicht abzurutschen. Meine Augen hatten
sich inzwischen an das Dunkel gewöhnt; ich reckte den Kopf vor wie eine
Schildkröte und spähte um mich. Stützpfosten, ein Abwasserrohr, etwas
schlangenartig Gewundenes, das aussah wie ein Rasensprengerschlauch. Und dort,
bei den äußersten Stützpfosten — Ein Maschendrahtzaun.
In der Falle.
Er bewegte sich immer noch über meinem
Kopf. Ein Mann — das hörte ich am Gang. Kam wieder in meine Richtung. Kam
näher. Tapp. Tapp. Tapp...
Direkt über mir jetzt. Blieb stehen.
Nicht atmen.
Er atmete. Leise.
Nicht bewegen.
Er bewegte sich. Zielstrebig.
Nicht gucken.
Er sah sich um. Sorgfältig.
Ich konnte den Atem nicht länger
anhalten. Meine Position fühlte sich wacklig an; ich konnte jeden Moment
abrutschen, mich verraten. Ich wollte hochschauen, ihn identifizieren. Konnte
es nicht riskieren.
Der Mann setzte sich wieder in
Bewegung.
Über die Terrasse. Blieb stehen. Drehte
sich um.
Marschierte wieder zurück zu mir.
Über meinen Kopf hinweg und in Richtung
Treppe.
Stop. Weiter.
Und dann stieg er von den Bohlen
hinunter auf die Böschung. Kam auf die Stelle zu, wo ich unter das Holz
gekrochen war.
Ich drehte langsam den Kopf. Sah ein
Paar Füße in Turnschuhen. Jeansbeine.
Er war groß, wenn die Schuhgröße ein
Maßstab war.
Bewaffnet?
Nicht zu sagen.
Verdammt, warum habe ich meine Pistole
nicht bei mir!
Ein Sportwagenmotor röhrte droben auf
der Straße heran; das Auto bog in die Einfahrt. Der Hausbesitzer, der heimkam?
Die Füße meines Verfolgers schwenkten
herum. Er guckte den Hang hinauf.
Der Wagen hielt in der Einfahrt. Ein
Garagentor hob sich langsam.
Der Mann drehte sich wieder um und
entfernte sich rasch hangabwärts. Ich sah nur eine formlose dunkle Gestalt in
das Schwarz neben dem Maschendrahtzaun eintauchen. Er schlich zur jenseitigen
Grundstücksgrenze — ruhig, kontrolliert. Er hatte so etwas schon öfters getan —
und das machte ihn um so beängstigender. Der Sportwagen fuhr in die Garage. Die
Garagentür schloß sich wieder. Stille.
Kurz darauf sprang oben an der Straße
ein anderer Wagen an — der meines Verfolgers. Ich hörte ihn wenden und bergab
davonfahren. Gemächlich.
Ich versuchte, mein unbequemes Versteck
zu verlassen, aber meine Beine zitterten jetzt — eine verzögerte Reaktion, so,
wie wenn man auf der Schnellstraße knapp einer Kollision entgangen ist. Mein
Fuß glitt auf dem steinigen Boden aus, und ich landete auf dem Hintern. Schlug
mit den Fäusten auf die harte Erde und verfluchte den Mann, der mich gezwungen
hatte, mich hier zu verkriechen.
Dann gelang es mir, meine Wut zu
zügeln, und ich blieb sicherheitshalber noch fünf Minuten still unter der
Terrasse sitzen, die Arme um den Oberkörper geschlungen, um mich zu wärmen.
Dann schlich ich zum Rand hinüber und musterte das Haus. Alles dunkel, bis auf
zwei schwacherleuchtete Fenster im Obergeschoß; die Außenscheinwerfer waren
aus. Dicht an die Feuerdornhecke gedrückt, schleppte ich mich nach oben zu
meinem MG.
Die Nacht war wieder ruhig. Bei Nate
Evans brannte nur das Ficht über der Haustür. Wahrscheinlich hatte der
Architekt das Reifenquietschen und das hektische Schalten vorhin auf
jugendliche Rowdys geschoben und gar nicht weiter beachtet.
Es sei denn, er war es, der meinen
Verfolger benachrichtigt hatte, daß ich heute abend hier diese einsame,
gefährliche Kurve entlanggehen würde. Evans hatte zwar
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