Feindfahrt
Ihnen leid tun? Ende und aus.« Er schaltete das Funkgerät ab und starrte, eine Hand in Rorys Fell vergraben, ins Leere. Es war schön, Janet wiederzu sehen, sich anzuhören, was sie zu berichten hatte, aber es war eben nicht genug, bei weitem nicht genug.
Der Hund winselte, weil Reeve zu fest zugepackt hatte. Der Admiral stand hastig auf. »Tut mir leid, Junge. Ich bin heute nicht so recht auf dem Damm. Komm, gehen wir an die frische Luft.«
Er nahm seine Seemannsjacke vom Haken hinter der Tür und trat mit Rory ins Freie hinaus. Da der Wind aus der entgegen gesetzten Richtung kam und er die Draisine also nicht mit dem Segel fahren konnte, bewegte er das Gefährt den ganzen Schie nenweg bis zum South Inlet mit einer Hand. Er stieg zur Ret tungsstation hinunter; die Hintertür des Bootshauses stand of fen. Drinnen saß Murdoch auf einem alten Stuhl und flickte ein Netz, das er sich über das Knie gelegt hatte. Er sah auf; sein wettergegerbtes Gesicht zeigte keine Gefühlsregung, und seine Hände arbeiteten unentwegt weiter.
»Ist heute ein guter Tag oder ein schlechter, Carey Reeve?« »Seit wann bleibt mir da die Wahl?«
»Aha, so sieht es aus! Wie war's mit einem kleinen Schluck?« »Später vielleicht. Meine Nichte trifft morgen mit dem Londo ner Zug in Mallaig ein.«
»Das freut mich für Sie.« Murdoch breitete das geflickte Netz aus.
»Der junge Lachlan MacBrayne kommt mit demselben Zug auf Urlaub . Hat mir gestern seine Mutter gesagt.«
»Der Fallschirmjäger?«
»Richtig. Und falls Sie nichts dagegen haben - ich hab's ihr versprochen, ihn mit Ihrer Katrina abzuholen. Soll ich dann Ihre Nichte auch gleich mitbringen?«
»Das wäre nett von Ihnen«, antwortete Reeve.
Im Zug lag Gericke auf den Postsäcken und schien zu schlafen. Carver spielte mit den beiden Vollmatrosen Karten. Fisher las. Es klopfte . Als Fisher aufschloß, kam Harry Jago herein. »Alles okay?«
»Ich glaube schon«, antwortete Fisher. Sie traten an den Ma schendraht. »Er schläft seit ungefähr einer Stunde.«
»Gut. Falls Sie jetzt ein bißchen Zeit haben, kommen Sie doch mit zum Schlafwagen. Ich möchte Sie Dr. Munro vorstellen. Außerdem habe ich eine Flasche Scotch im Gepäck, der wir den Hals brechen können.«
»Klingt verlockend«, gab Fisher zurück, als sie beide zusam men hinausgingen.
Carver steckte sich eine Zigarette an und begann sich ausgiebig zu kratzen. »Die haben's gut, diese Yanks.« »Wieso, Boots mann?« erkundigte sich Hardisty.
»Diese Dr. Munro - ein properes Mädchen, sage ich Ihnen. Und fährt bis nach Mallaig mit. Ihr Onkel ist ein amerikani scher Admiral; lebt auf irgend so einer Insel der Äußeren He briden. Die Dame hat ein eigenes Schlafwagenabteil, und Jago hat sich bei ihr einquartiert.« Er warf die Karten auf den Tisch. »Schon wieder lauter miese Luschen! Gib gleich noch mal, Wright, aber sieh zu, daß du mir eine bessere Hand gibst.« Er stand auf und starrte durch den Maschendraht auf Gericke hin ab.
»Sind Sie wach, Commander?« Gericke rührte sich nicht; er atmete tief, mit geschlossenen Augen.
Hardisty sagte: »Lassen Sie ihn endlich in Ruhe, Bootsmann! Verdammt noch mal, der kann doch nicht raus.«
Widerwillig wandte sich Carver ab, setzte sich und nahm seine Karten. Hinter ihm hob Gericke sekundenlang die Lider.
In Trondheim fiel dichter Regen. Horst Necker und Rudi Hüb ner stiegen die Treppe zum Haupteingang der Flugleitung hin auf. Da sie gerade von einem achtstündigen Einsatz zurückge kommen waren, einem der üblichen Aufklärungsflüge , der sie diesmal bis an die Barentssee geführt hatte , trugen sie noch die Fliegerpelzkombination. Necker war müde und schlecht ge launt.
»Wir müssen unbedingt was mit dem Backbordmotor unter nehmen. Der klingt bei jedem Flug mehr wie 'n alter Trecker.« »Ich weiß, Herr Hauptmann«, suchte Rudi ihn zu beruhigen. »Ich habe schon mit Vogel gesprochen. Er will warten , bis Sie mal wieder Einsatzpause haben.«
»Mann Gottes, bis dahin können wir alle tot sein!« Er stieß die Tür zum Nachrichtenraum auf , wo er den Nachrichtenoffizier Altrogge anzutreffen erwartete, und machte abrupt halt, als er statt dessen Gruppenkommandeur Oberst Maier auf der Schreibtischkante hocken sah. Der Oberst rauchte eine Zigaret te und blätterte aufmerksam in ein paar Papieren.
Jetzt sah er auf. »Sie schauen nicht gerade aus, als wären Sie mit Ihrem Leben zufrieden , Horst. Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen?« »Kann man wohl
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