Feindgebiet
auf und schickten seine Hohepriester heulend in die Wüste, wo sie dann einer nach dem anderen von den wirtschaftlichen Killern der Schwestern aufgespürt wurden. Die Kraa-Zwillinge hatten viel Spaß an hässlichen Intrigen und wüsten Plänen und führten mit ihrem Vermögen die riskantesten Manöver durch, von Verdreifachung der Profite bis hin zum Beinahe-Bankrott und wieder zurück.
Obwohl sie als eineiige Zwillinge zur Welt gekommen waren, hatten fünfzig Jahre Leben in Saus und Braus zwei völlig unterschiedlich aussehende Wesen aus ihnen geformt. Die eine war plump und bestand fast nur aus Fettwülsten. Die andere beschrieb man am besten mit dem Ausdruck anorektisch; bei ihr schienen sich an vielen Stellen jeden Moment die spitzen Knochen durch das teigige, ungesund aussehende Fleisch drücken zu wollen. Das äußere Erscheinungsbild war jedoch der einzige Unterschied zwischen den beiden. In jeder anderen Hinsicht dachten und handelten sie wie ein Wesen, wobei sie sich anscheinend darin abwechselten, die dominante Rolle zu spielen. Sullamora notierte mit wenig Interesse ihre Vornamen und vergaß sie klugerweise recht bald wieder. Die beiden nicht als ein Wesen zu betrachten, war ein fataler Fehler, den schon viele andere vor ihm begangen hatten.
Er hatte bald herausgefunden, dass die Kraa-Zwillinge die bequemsten Mitglieder des Kabinetts waren. Den Kraas musste man nur die Karotte vor die Nase halten, dann trabten sie von allein hinterher. Falls nicht, gab es wunde Punkte zu Genüge, die man anbohren konnte. Man musste dabei noch nicht einmal subtil vorgehen.
Im Gegensatz dazu gab es bei Malperin nur einen kritischen Bereich, in dem sie sich als verwundbar erwies. Sie war eine Frau, bei der sowohl die Schale als auch der Kern aus gehärtetem Stahl bestanden. Sie war die ultimative Führungskraft, behängt mit akademischen Graden und mit konkreten Erfahrungen im Management, die für drei kleine Ewigkeiten reichten. Es spielte keine Rolle, welche Art von Firma ihrem Management anvertraut wurde, sei es Spielzeug oder hoch entwickelte Elektronik. In ihrem Fall stellte sich diese Begabung als Münze mit zwei Seiten heraus. Da sie notgedrungen alles aus einer Perspektive von sehr weit oben betrachtete, hatte sie kein Gespür, keine Instinkte für Einzelheiten und Besonderheiten. Das wiederum hieß, dass sie den Dingen selbst gegenüber beinahe keine Verpflichtung verspürte, sondern Abläufen.
Aus diesem Grund hatte der Imperator sie auch an die Spitze von ACP gesetzt, einer der bizarrsten, aber vitalsten Megacorporations überhaupt. Selbst die Augen eines Industriehistorikers würden bei der Aufgabe, die vielen Köpfe dieser Hydra zu ihren Ursprüngen zurückzuverfolgen, zu glänzen anfangen. Es genügte zu wissen, dass ACP durch eine Serie haarsträubender Aktionen, bei denen es kleinen Fischen irgendwie gelang, große Fische zu schlucken, die wiederum ganze Schulen kleiner Fische schluckten, nach und nach seine heutige Form annahm. Es war ein zusammengeflicktes Konglomerat, das Millionen und Abermillionen Quadratkilometer Landwirtschaft und Viehzucht betrieb, Chemikalien und Gase aller Arten zusammenbraute und obendrein die meisten der grundlegenden Drogen und Arzneimittel des Imperiums produzierte. Es war ein Trust, der mit den Mitteln ökonomischer Kriegsführung entstanden war, und davon hatte er sich nie gelöst. Jeder Zweig wurde mit Hass und Misstrauen gegenüber allen anderen aufgebaut und geführt. Die Situation drohte gerade aus den Fugen zu geraten, als der Krieg mit den Tahn ausbrach. Zu jeder anderen Zeit hätte der Imperator den Dingen ihren Lauf gelassen. ACP war ein dem Untergang geweihter Dinosaurier. Er sah jedoch keine Möglichkeit, die Entwicklung einfach sich selbst zu überlassen, wenn gleichzeitig ein Krieg tobte. Die einzige Lösung bestand darin, sehr energisch – und das hieß: ›Wenn es nicht geschieht, seid ihr dran!‹ – vorzuschlagen, dass die diversen Aufsichtsräte von ACP nach einem unabhängigen Geschäftsführer von außen suchten.
Nach einiger Zeit wüster Drohungen und allgemeinen Gemauschels hinter den Kulissen fiel die Wahl auf Malperin. Um ihre Position zu stärken, berief sie der Imperator obendrein in sein Privatkabinett. Das würde ihr zumindest zeitweise zu einem gewissen Prestige verhelfen. Doch als dem Krieg allmählich die Puste auszugehen drohte, erkannte Malperin, dass ihre überlangen Flitterwochen mit ACP so gut wie vorüber waren. Sie hätte sehr dumm
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