Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 1
dass ich von
Dankbarkeit überwältigt bin, und ich werde mich bald im Saal
einfinden.«
Die Pagen verbeugten sich und gingen, und Pasko half Tal
rasch beim Anziehen. Die Kleidung war aus bestem Stoff und
passte, als hätte ein Schneidermeister Maß genommen. »Ich
frage mich, ob es irgendwo auch ähnliche Sachen gibt, die
Campaneal gepasst hätten«, murmelte Pasko nachdenklich.
»Zweifellos«, antwortete Tal. »Sind das hier Perlen?«
»Ja«, erklärte Pasko. »Euer Wams ist mit Süßwasserperlen
bestickt. Dieser Aufzug ist beinahe so viel wert wie dieses
putzige kleine Schwert, das Ihr gewonnen habt.«
Als er fertig angezogen war, stellte sich der junge Sieger
vor einen wertvollen Spiegel aus poliertem Glas und betrachtete sich. Die gelbe Jacke und die schwarze Hose wurden von
einem weißen Hemd und einem roten Hut vervollständigt.
Aber es war ein Fremder, den Tal dort im Spiegel sah. Einen
Augenblick erkannte er sein Spiegelbild nicht wieder. Es gab
keine Spur mehr von dem Jungen, der schaudernd auf einem
eisigen Gipfel gesessen und auf seine Vision gewartet hatte.
Vor ihm stand ein Fremder, ausgesprochen teuer und der neuesten Mode entsprechend gekleidet, ein weltgewandter, gebildeter junger Mann, der mehrere Sprachen beherrschte, mehrere Instrumente spielte, kochen, malen und dichten konnte und
der Damen von Rang umwarb. Einen bitteren Augenblick
lang fragte sich Tal, ob der Junge aus dem Bergdorf für immer verloren war. Dann schob er diesen finsteren Gedanken
beiseite und sagte zu Pasko: »Komm, wir dürfen den König
nicht warten lassen.«
Sie eilten zum Bankettsaal, wo der Zeremonienmeister Tal
ankündigte. Tal betrat die Halle und ging auf den König zu,
während die Anwesenden begeistert applaudierten.
Neben der Königin stand der Herzog von Olasko, und als
die angemessenen Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht waren,
trat Kaspar mit einem dünnen Lächeln vor und sagte: »Hättet
Ihr vielleicht einen Moment Zeit, junger Herr?«
Tal gestattete dem Herzog, ihn ein Stück vom König wegzuführen. Herzog Kaspars Stimme war tief und ruhig und
stand in einem gewissen Widerspruch zu der Ausstrahlung
von Gefährlichkeit, die Tal deutlich spürte. »Habt Ihr eigentlich schon Pläne, was Ihr tun wollt, nun, da das Turnier vorüber ist, mein junger Freund?«
Tal sagte: »Es gibt ein paar Familienangelegenheiten, um
die ich mich unbedingt kümmern muss, aber ich habe noch
nicht darüber nachgedacht, was danach geschehen wird, Euer
Gnaden.«
»Ich bin immer auf der Suche nach begabten Männern,
junger Hawkins, und genau so kommt Ihr mir vor. Wie Ihr mit
diesem Izmali fertig geworden seid, erhebt Euch schon über
die meisten Schwertkämpfer, und Euer Sieg über meinen besten Mann heute – nun, ich muss Euch sagen, dass es in Olasko
niemanden gab, der es mit Campaneal aufnehmen konnte.«
»Ihr schmeichelt mir, Euer Gnaden.«
»Nein«, erwiderte der Herzog leise. »Leere Schmeichelei ist
Zeitverschwendung. Wer mir dient, wird gelobt, wenn er es
verdient hat, ebenso wie ich jene bestrafe, die versagen. Ich
bin froh, sagen zu können, dass Belohnungen an meinem Hof
erheblich häufiger sind als Strafen, denn wie ich schon zuvor
angemerkt habe: Ich versuche, nur die besten Männer um
mich zu scharen.« Sein Lächeln wurde intensiver, und er fügte
hinzu: »Und selbstverständlich auch nur die besten Frauen.«
Der Herzog spähte an Tal vorbei, und als Tal sich umblickte, sah er eine schlanke Frau mit goldblondem Haar näher
kommen. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Tals Miene blieb neutral, als der Herzog sagte: »Meine Liebe, darf ich
dir Junker Talwin Hawkins vorstellen, einen jungen Mann aus
dem Königreich?«
An Tal gewandt erklärte er: »Junker, das hier ist meine
Begleiterin, Lady Rowena von Taslin.«
»Mylady«, sagte Tal mit einer Verbeugung.
»Es ist mir ein Vergnügen, Junker. Ich bin erst spät in der
Stadt eingetroffen, war aber noch rechtzeitig zum Duell im
Palast. Ihr wart wunderbar!«
»Das ist zu viel des Lobes, Mylady«, erwiderte Tal.
Sie wandte sich nun an den Herzog und murmelte: »Schade um Euren Leutnant.«
»Ja, nicht wahr?«, sagte Kaspar. Dann sprach er wieder Tal
an. »Ah, Ihr habt es wahrscheinlich noch nicht gehört: Ihr
habt ihm eine Arterie in der Lende durchtrennt, und offenbar an einer Stelle, an der sich das durchschnittene Blutgefäß in den Körper zurückzieht. Mein Leutnant ist leider
verblutet, noch während der Heilerpriester auf dem Weg
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