Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3
Priester sich das Ding im Sarg ansehen soll, sollten wir darüber nachdenken, welchen Priester wir wollen.«
»Warum?«
»Nun, zu Hause habe ich meinen Zehnten Banath gegeben.«
Kaspar lachte. »Dem Gott der Diebe?«
»Selbstverständlich. Wer sollte mich besser davor beschützen, dass Diebe mich ausrauben? Ich habe auch anderen Göttern geopfert, aber ich meine, sie haben alle ihre eigenen… wie soll ich sagen…«
»Zuständigkeiten? «
»Ja, genau. Sie sind alle für etwas anderes zuständig… Ich dachte einfach, was, wenn das Ding im Sarg etwas ist, das ein Tempel nützlich findet – vielleicht sogar nützlich genug, um uns allen die Kehle durchzuschneiden und uns in den Fluss zu werfen?«
»Wir sollten mit den anderen darüber sprechen.«
»Gute Idee.«
Sie kehrten zu den anderen zurück, und Kenner gab die Abendrationen aus. Es war nahrhaftes Essen, an das Kaspar sich gewöhnt hatte: trockener Haferkuchen, Trockenobst, Trockenfleisch und Wasser.
Nichts Besonderes, aber ein Festessen im Vergleich mit den bitteren Früchten, von denen Kaspar zwei Tage gelebt hatte, als er in dieses Land gekommen war.
Kaspar erzählte Flynn und Kenner von McGoins Bedenken, aber sie kamen dennoch zu dem Schluss, dass sie sich in der nächsten Stadt mit einem Priester besprechen sollten. Sie unterhielten sich nach dem Essen noch ein wenig und legten sich dann schlafen.
Kaspar erwachte. Er hatte seinen Kopf so oft am Wagenboden angeschlagen, dass er nun sofort zur Seite rollte, nach dem Schwert griff und unter dem Wagen hervorkroch, bevor er aufstand. Er sah sich um. Sein Herz klopfte laut.
Niemand stand Wache. »McGoin!«, schrie er und weckte damit Kenner und Flynn.
Beide Männer kamen sofort unter dem Wagen hervor, die Waffen in der Hand. Kaspar sah sich um und konnte immer noch keine Spur von McGoin entdecken.
Ein Ruf aus dem Bereich außerhalb des Feuerscheins ließ Kaspar und die beiden anderen losrennen. Aber noch bevor sie drei Schritte gemacht hatten, gellte ein Schrei durch die Nacht, der sie erstarren ließ. Es war McGoin, aber das Geräusch, das er ausstieß, zeugte von so tiefem Entsetzen, dass sie alle zuerst im Reflex umkehren und davonlaufen wollten.
Kaspar sagte: »Wartet.«
Flynn und Kenner zögerten, dann erklang ein gurgelnder, erstickter Schrei, der plötzlich abbrach.
Kaspar rief: »Verteilt euch!«
Er hatte nicht einmal ein Dutzend Schritte gemacht, als er McGoin sah – oder das, was von ihm noch übrig war. Hinter ihm stand ein Geschöpf –
grob menschenförmig, aber erheblich größer – im Dunkeln. Die Schultern dieses Wesens waren doppelt so breit wie die eines Mannes, und seine Beine ähnelten den Hinterbeinen eines Pferdes oder einer Ziege. Das Gesicht war in der Dunkelheit der mondlosen Nacht kaum zu erkennen, aber Kaspar konnte sehen, dass es nicht einmal annähernd etwas Menschliches an sich hatte. Zu Füßen des Geschöpfs lag McGoins Leiche. Die Kreatur hatte dem Mann den Kopf von den Schultern gerissen, und auch die Arme und Beine waren abgerissen und beiseite geworfen worden. Der Torso des Kaufmanns war vollkommen zerfetzt – er war nur noch eine blutige Masse.
Kaspar hob sein Schwert und schrie: »Kreist es ein!«
Er wartete nicht ab, ob die anderen seinen Befehl befolgten, denn nun griff das Geschöpf ihn an. Kaspar schlug zu, und das Wesen blockierte den Schlag mit dem Arm. Als Kaspars Klinge es traf, flogen Funken, als träfe Metall auf Metall, obwohl das Ge-räusch sich eher anhörte, als hätte er etwas aus sehr festem Leder getroffen, und der Schock, der seinen Arm entlangzuckte, überraschte ihn. Er hatte noch nie etwas so Festes unter der Klinge gehabt; selbst Rüstungen waren nachgiebiger. Er konnte kaum sein Schwert festhalten.
Flynn griff das Geschöpf von hinten an und schlug ihm auf die Stelle, wo Kopf und Hals ineinander übergingen, aber damit bewirkte er nur weitere Funken. Kaspar, dem nichts anderes einfiel, schrie: »Zurück zum Feuer!«
Er starrte das Geschöpf weiter an, während er zurückwich, denn er fürchtete, sich umzudrehen, falls das Wesen schneller laufen konnte. Er bemerkte, dass Flynn und Kenner an ihm vorbeieilten, und rief ihnen zu: »Holt brennende Scheite aus dem Feuer!
Wenn Stahl nichts ausrichtet, wird vielleicht Feuer helfen.«
Als Kaspar den Lichtschein des Lagerfeuers erreichte, konnte er das Gesicht des Ungeheuers genauer sehen. Es sah aus wie ein verrückter Affe und hatte Reißzähne, die deutlich zu erkennen waren, wenn
Weitere Kostenlose Bücher