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Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3

Titel: Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konklave der Schatten
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dem Talnoy verbracht hatte, oder ob es einfach nur Intuition war, aber er wusste, das hier war ein Riss im Raum, ein Spalt, wie Kalkin es genannt hatte.
    Plötzlich ergoss sich Wasser aus dem Kreis ins Meer, brackig, dunkel, und da der Wind den Geruch auf das Schiff zutrug, wurde deutlich, dass es nach Schwefel stank. »Kommt nach backbord!«, schrie der Kapitän. »Ich weiß nicht, was das für ein Ding ist, aber wir zeigen ihm unser Heck!«
    Seeleute eilten sich zu gehorchen, während Kaspar in stummer Faszination zusah, wie weiterhin Wasser aus dieser lichtlosen Welt in das Blaue Meer strömte.
    Wo es das Meerwasser traf, brodelte und spritzte es, und Dampf und Rauch stiegen auf, während an den schäumenden Rändern das Flackern von Energie tanzte. Dann erschien abrupt ein Kopf in dem Kreis, ein Ungeheuer aus den Tiefen dieses Meeres, anders als jedes mythische Seeungeheuer und jede echte Gefahr auf Midkemia. Es war schwarz, und der Kopf wirkte wie gepanzert. Das Sonnenlicht glitzerte auf seiner Haut. Kaspar kam es vor wie ein riesiger Aal mit bernsteinfarbenen Augen, die in der sinkenden Sonne glühten. Der Kopf hatte einen Kamm aus zurückgebogenen Stacheln, die es vielleicht vor noch größeren Raubtieren schützen sollten – wenn so etwas auch nur annähernd möglich war. Kaspar konnte kaum glauben, wie groß das Ding war. Es hatte sich bereits dreißig Fuß weit aus dem Spalt geschoben, und immer mehr von ihm rutschte nach, wobei es außerdem dicker wurde, sodass man davon ausgehen konnte, dass sich nicht einmal die Hälfte des Geschöpfs auf dieser Seite befand. Es würde das Schiff mit drei oder vier Bissen verschlingen können.
    »Die Götter stehen uns bei!«, rief der Mann im Ausguck.
    Dann kamen die Flossen des Geschöpfs hindurch, und Kaspar nahm an, dass es über hundert Fuß lang sein musste. Männer begannen, die Namen von Göttern zu schreien und um Gnade zu flehen, denn das Geschöpf hatte sie nun entdeckt und bewegte sich schneller durch den Spalt.
    Dann verschwand der Spalt abrupt, und eine heftige Bö wurde von dem Geräusch entfernten Donners begleitet. In zwei Stücke geschnitten, hing das Geschöpf in der Luft, und seine Augen wurden glasig.
    Es wand sich, als es fiel, und schwärzlich rotes Blut spritzte in alle Richtungen. Dann fiel es ins Wasser und verschwand unter dem Schaum.

    Plötzlich war es, als hätten sie sich den Vorfall nur eingebildet, denn alle Spuren des Ereignisses waren verschwunden, das halbierte Ungeheuer war versunken, und am leeren Himmel war nichts mehr von dem Spalt zu sehen.
    Kaspar blickte sich um. Kreidebleiche Seeleute murmelten Gebete und klammerten sich an Taue und Reling, bis der Kapitän ihnen zuschrie, wieder an die Arbeit zu gehen.
    Kaspar warf einen Blick zu Kapitän Berganda, und sie sahen einander über das Deck hinweg an. Einen Moment lang stand eine Anklage im Blick des Kapitäns, als hätte er irgendwie gespürt, dass diese schreckliche Vision etwas mit Kaspars Anwesenheit an Bord zu tun hatte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Schiff zu, und es war, als hätte es diesen Blick nie gegeben.
    Kaspar sah sich erneut um und wusste, bis sie Olasko erreichten, würden sich die Seeleute bereits darüber streiten, was sie denn nun gesehen hatten, und die Geschichte würde einfach zu einem weiteren Stück Seemannsgarn werden.
    Aber Kaspar wusste, dass er keine Vision gesehen hatte. Und er wusste, was es ankündigte. Er hatte im Kopf eine Stimme gehört. Er wusste nicht, ob es an seiner eigenen Einsicht lag oder ob Kalkin ihm tatsächlich eine letzte Warnung ins Ohr geflüstert hatte, aber in seinem Kopf bildeten sich die Worte: »Die Zeit wird knapp.«

    Siebzehn
Heimat
    Eine Stimme erklang aus dem Mastkorb.
    »Land in Sicht!«, rief der Seemann, als Kaspar und Kapitän Berganda auf dem Achterdeck standen.
    »Genau, wie Ihr gesagt habt, und auch noch auf den Tag genau«, erklärte der Kapitän.
    »Ich habe meine Anweisungen aus einer sehr hoch stehenden Quelle«, erwiderte Kaspar in dem Versuch, etwas Erheiterndes an der Sache zu finden. Seit er das fremdartige Seegeschöpf gesehen hatte, wusste er mit Sicherheit, dass zwei von Kalkins Warnungen zutrafen: Der Talnoy war ein Magnet für diese Spalte, und was immer von der anderen Seite kam, würde die Welt schnell beherrschen. Ganz gleich, was sonst geschah, er musste alle warnen, die in der Lage waren, etwas dagegen zu unternehmen. Er musste dieses Konklave der Schatten finden, selbst wenn das

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