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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Flug der Nachtfalken
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bösen Traum erwacht, sahen sich die Jungen um. »Wo sind wir?«, fragte
Zane und kniff die dunklen Augen zusammen. Caleb
konnte sehen, dass der Junge zornig wurde.
»Wir sind auf der Straße nach Yar-Rin, und von dort
aus fahren wir nach Jonril.«
Tad kniff ebenfalls die Augen zusammen. »Wieso
Jonril?«
»Weil eurer Mutter nicht gefiel, wie ihr euch in Stardockstedt entwickelt habt, und daher hat sie mich gebeten, euch irgendwo hinzubringen, wo ihr ein Handwerk
lernen könnt.« Er bedeutete ihnen, sich fertig anzuziehen.
»Ihr beiden habt seit der Auswahl der Lehrlinge vor
zwei Jahren wie Faulenzer gelebt.«
Zanes Augen blitzten zornig. »Das stimmt nicht, Caleb!« Er zog die Hose an und warf seinem Pflegebruder
einen Blick zu. »Wir haben gearbeitet, wenn wir Arbeit
finden konnten.«
»Ein oder zwei Tage im Monat Fracht abzuladen ist
kein Handwerk«, widersprach Caleb.
»Wir tun mehr als das«, fügte Tad hinzu. »Wir helfen
bei der Ernte, wir fahren Fracht zur Insel, und wir haben
auch hin und wieder bei Bauarbeiten geholfen.«
Caleb lächelte. »Ich weiß, dass ihr es versucht habt.
Aber es gibt jetzt sehr wenig Arbeit in Stardockstedt, und
es wird noch weniger geben, wenn diese neue Transportfirma ihre Arbeit aufnimmt – sie bringt ihre eigenen Leute aus Landreth mit. Nein, eure Mutter hat Recht. Wenn
ihr euren Weg im Leben finden wollt, muss es anderswo
als in Stardockstedt sein.«
Die Jungen waren nun fertig angezogen, und Caleb
bedeutete ihnen, wieder auf den Wagen zu steigen. Er
selbst kletterte auf den Kutschbock zurück und nahm die
Zügel. Nachdem die Pferde sich wieder in Bewegung
gesetzt hatten, fuhr er fort: »Ich muss leider sagen, dass
es im Königreich ziemlich schlecht aussieht. Ich kenne
Leute, die euch Arbeit geben würden, aber niemanden,
der eine Lehrstelle für euch hätte. Also gehen wir nach
Kesh, denn ich habe ein paar Freunde in Jonril, die mir
einen oder zwei Gefallen schuldig sind. Wir werden sehen, ob sich dort jemand finden lässt, der zwei vielversprechende Jungen aufnimmt. Ihr werdet Lehrlinge, lernt
euer Handwerk, und in einem Dutzend Jahren oder so
könnt ihr als Gesellen nach Stardockstedt zurückkehren.«
Die Jungen saßen wie erstarrt hinten in dem holpernden Wagen, Zane mit an die Brust gezogenen Knien und
Tad mit gerade ausgestreckten Beinen. Beide wussten,
dass ein langer Weg vor ihnen lag.
    Der Wagen rumpelte die Straße entlang, und die Pferde
wirbelten in der Nachmittagshitze kleine Staubwolken
auf. Es war für die Jahreszeit ungewöhnlich heiß, und die
Jungen beschwerten sich hin und wieder. Sie waren ruhelos und langweilten sich, und der Reiz des Neuen war
bald verflogen. Caleb ertrug ihre Kommentare gut gelaunt, denn er verstand, wie bedrückt sie über diese
Wendung der Ereignisse waren.
    Während des ersten Tages waren sie sowohl zornig als
auch traurig über die Entscheidung ihrer Mutter gewesen,
sie wegzuschicken. Sie verstanden Maries Gründe durchaus; Stardockstedt war seit Jahren kein besonders blühender Ort mehr gewesen, und es war schwer, Arbeit zu
finden. Ihr jugendlicher Optimismus hatte sie stets glauben lassen, dass sich schon noch etwas ergeben würde,
wenn sie blieben, aber am Ende kamen sie langsam zu
dem Schluss, dass ihre Mutter wahrscheinlich Recht hatte. Später einmal würden sie die Veränderung akzeptieren, ja sogar gutheißen, aber im Augenblick fühlten sie
sich schlecht behandelt. Caleb rechnete ihnen hoch an,
dass keiner von ihnen Ellie und ihren Anteil an Maries
Wunsch, die Jungen anderswo als zu Hause zu sehen,
erwähnt hatte.
    Caleb hatte Tad und Zane den größten Teil ihres Lebens gekannt, und er hatte sie sehr gern; sie kamen eigenen Söhnen so nahe, wie er es je erleben würde, und er
wusste, dass die Jungen ihn zwar nicht als ihren Vater
betrachteten, aber immerhin als eine Art Ersatzonkel und
als jemanden, den ihre Mutter gern hatte, ja sogar liebte.
    Er hatte Marie bereits eine Weile gekannt, als ihr
Mann noch lebte, und er hatte schon damals gewusst,
dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte, denn er hatte es
in ihren Augen gesehen, trotz der Tatsache, dass sie eine
pflichtbewusste Ehefrau war, die nur tat, was sich gehörte. Später hatte sie ihm selbst gesagt, dass sie ihn auch in
diesen Tagen anziehend gefunden hatte. Er hatte sie
ebenfalls bemerkt, aber wie bei anderen verheirateten
Frauen hatte er den Gedanken schnell wieder beiseite
geschoben. Zwei Jahre nach dem Überfall durch die

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