Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
Trolle und dem Tod ihres Mannes waren sie ein Liebespaar geworden.
Caleb wäre nichts lieber gewesen, als mit Marie einen
gemeinsamen Hausstand zu gründen, aber er wusste, dass
das bei seinen Pflichten niemals möglich sein würde.
Seine Arbeit für seinen Vater und das Konklave der
Schatten bedeutete, dass er viel auf Reisen und häufig in
Gefahr war. Er würde öfter abwesend als bei ihr zu Hause sein, und Marie hatte etwas Besseres verdient als das.
Aber sie hatte sich nie beschwert und nie Interesse an
einem anderen Mann gezeigt, und Caleb hoffte insgeheim, sie irgendwann überreden zu können, auf die Insel
des Zauberers zu ziehen – den Ort, den er als sein Zuhause betrachtete –, oder vielleicht würde er nach Stardockstedt zurückkehren und dort leben. Er schob diese Gedanken beiseite, wie er es schon so oft getan hatte, denn
ihnen nachzuhängen versetzte ihn nur in schlechte Stimmung.
Er drehte sich zu den Jungen um. »Wenn wir nach
Nab-Yar kommen, werden wir einen Käufer für Wagen
und Gespann finden und uns ein paar Reitpferde kaufen.«
Zane drehte sich um und sagte: »Wir können nicht reiten, Caleb.«
»Das werdet ihr unterwegs schon lernen.«
Die Jungen wechselten Blicke. Reiten war etwas, das
in ihrer Welt Adligen, Soldaten, reichen Kaufleuten und
hin und wieder einem Reisenden vorbehalten war, aber
Landarbeiter und Dorfjungen gelangten normalerweise
auf einem Wagen von einem Ort zum anderen.
Tad zuckte die Achseln, dann grinste Zane, und seine
Miene hellte sich auf, als er sagte: »Vielleicht können wir
Kuriere werden.«
Caleb lachte. »In diesem Fall müsstet ihr sehr gut reiten können. Und wie kommt ihr mit dem Schwert zurecht?«
»Mit dem Schwert?«, fragte Tad.
»Kuriere erhalten all dieses Gold dafür, dass sie ihre
Botschaften sicher und schnell befördern. Das bedeutet,
Banditen zu meiden, aber auch imstande zu sein, bis auf
den Tod gegen sie zu kämpfen, wenn sie einen angreifen.«
Wieder schauten die Jungen einander an. Sie hatten
beide in ihrem ganzen Leben noch kein Schwert angerührt und hielten es für unwahrscheinlich, dass das je
geschehen würde. Zane sagte: »Der junge Tom Sanderling ist nach Ab-Yar gegangen, um Soldat zu werden,
und er hat gelernt, wie man mit einem Schwert umgeht.«
»Kesh bildet alle Hundesoldaten zu Schwertkämpfern
aus«, sagte Caleb, »aber wenn ich mich recht erinnere,
war der alte Tom nicht besonders froh darüber, dass sein
Sohn Soldat geworden ist.«
»Stimmt, aber ich wollte damit auch nur sagen, wenn
er es lernen konnte, dann können wir es auch«, stellte
Zane fest.
Tad fügte hinzu: »Du könntest es uns beibringen. Du
trägst ein Schwert, Caleb, also musst du wissen, wie man
es benutzt.«
»Wir werden sehen«, erwiderte Caleb und nahm sich
vor, ihnen tatsächlich ein paar Grundlagen beizubringen,
wenn sie an diesem Abend ihr Lager aufschlugen.
Tad schlug wild nach Caleb, der geschickt zur Seite auswich und dem Jungen mit einem langen Stock, den er ein
paar Minuten zuvor zurechtgeschnitten hatte, einen festen Schlag auf den Handrücken versetzte. Tad schrie auf
und ließ Calebs Schwert fallen. »Die erste Regel«, sagte
Caleb und bückte sich, um die Waffe aufzuheben, »lautet: Lass nie dein Schwert fallen.«
»Das hat wehgetan«, sagte Tad und rieb sich die rechte Hand.
»Nicht so weh, wie wenn ich eine Klinge benutzt hätte«, erwiderte Caleb. »Dann hätte es allerdings auch nicht
so lange wehgetan, denn ich hätte dir ein paar Sekunden
später den Bauch aufgeschlitzt.« Er warf Zane das
Schwert zu, der es geschickt auffing. »Gut«, sagte Caleb.
»Du bist schnell und hast eine sichere Hand. Sehen wir
mal, ob du es vermeiden kannst, Tads Fehler zu wiederholen.«
Das Schwert fühlte sich in Zanes Hand an, als wäre es
lebendig und tödlich. Es war schwerer, als er erwartet
hatte, und hatte ein seltsames Gleichgewicht. Er bewegte
es ein wenig und drehte dann das Handgelenk erst in eine, dann in die andere Richtung.
»Gut so«, sagte Caleb und ging um das Feuer herum,
um sich Zane gegenüberzustellen. »Gewöhne dich daran,
wie es sich anfühlt. Lass es zu einer Verlängerung deines
Arms werden.«
Plötzlich schlug er mit dem Stock zu und hatte vor, die
Hand des Jungen zu treffen, wie er es schon bei Tad getan hatte, aber Zane drehte das Handgelenk und fing den
Stock mit der Klinge ab.
»Sehr gut«, sagte Caleb und trat zurück. »Du scheinst
eine gewisse Begabung für diese Dinge zu haben. Wo
hast du
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