Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Flug der Nachtfalken
Vom Netzwerk:
dass er das Gewand
eines Priesters der Göttin des Todes trug.
Ein älterer Mann betrat die Halle durch eine Tür auf
der rechten Seite. Er bewegte sich langsam und benutzte
einen weißen Stab als Stütze, der größer war als er selbst.
Sein weißes Haar fiel ihm bis auf die Schultern, und erst,
als er beinahe neben Magnus stand, bemerkten die Jungen, dass seine Augen mit einer weißlichen Schicht überzogen waren; er war blind.
»Warum störst du unsere Ruhe, Magnus?«
»Mein Bruder liegt im Sterben«, erwiderte Magnus
und richtete sich auf, um den alten Mann anzusehen,
während die Jungen näher kamen. »Ihr kennt meinen Vater, und Ihr wisst, was wir tun. Das Leben meines Bruders muss verschont werden.«
Der alte Mann starrte ins Leere. Er sah gebrechlich
aus, aber seine Stimme war tief und fest. »Unsere Herrin
ruft uns alle zu sich, wenn unsere Zeit gekommen ist. Ich
darf nichts unternehmen, um daran etwas zu ändern.«
»Du kannst ihn heilen!«, sagte Magnus. »Ich weiß,
wozu du imstande bist, Bethanial.«
»Warum hast du ihn nicht zum Tempel des Killian
oder der Sung gebracht? Heilen ist ihre Aufgabe.«
»Weil meine Familie vor vielen Jahren einen Pakt mit
deiner Herrin abgeschlossen hat, und es liegt in ihrer
Macht zu entscheiden, ob sie meinen Bruder zu sich holt
oder nicht. Er wird gebraucht. Seine Zeit ist noch nicht
gekommen.«
»Wann glauben die Hinterbliebenen jemals, dass es
Zeit für den Tod ist?«, fragte der alte Priester.
Magnus trat näher zu ihm und wiederholte: »Seine
Zeit ist noch nicht gekommen!«
»Wann ist seine Zeit gekommen?«, hallte eine Stimme
durch die Halle, und die Jungen klammerten sich instinktiv aneinander, denn es lag ein so kalter, hoffnungsloser
Unterton darin. Aber es gab auch eine kleine Spur von
Trost, das Gefühl einer Sicherheit, dass alles am Ende
gut sein würde.
Magnus wandte sich der riesigen Statue zu. »Wenn
diese Welt nicht mehr in Gefahr ist«, antwortete er.
Einen Moment lang flackerten alle Fackeln, und es
wurde dunkler.
    Magnus stand in einer riesigen Halle, deren Decke sich
so hoch oben befand, dass sie sich in der Dunkelheit verlor, während die Wände so weit entfernt waren, dass er
nur die rechts von sich sehen konnte, alle anderen waren
in der Ferne nicht zu erkennen.
    Er stand mitten auf einem Schachbrett voller steinerner Bahren. Auf einigen davon ruhten Männer, Frauen
oder Kinder, aber viele waren leer. Eine Frau setzte sich
auf einer weit entfernten Bahre auf und erhob sich, und
dann ging sie durch den steinernen Irrgarten.
    Auf einer leeren Bahre neben Magnus erschien plötzlich ein Baby, nicht viel älter als ein paar Stunden. Magnus hielt inne und fragte sich, wie dieses Kind, das seine
Geburt offenbar nicht lange überlebt hatte, von der Bahre
steigen würde, um der Göttin entgegenzugehen. Dann
erinnerte er sich daran, dass nichts von dem, was er hier
sah, wirklich war. Magnus wusste, dass er eine Illusion
vor sich hatte – ein Abbild, das ihm helfen sollte, beim
Umgang mit einer Macht, die weit über seine hinausging,
eine gewisse Orientierung zu bewahren. Er war noch nie
ein geduldiger Mann gewesen, und nun war seine Geduld
so gut wie erschöpft. Er hob die Hand und sagte: »Das
genügt!«
    Die Halle verschwand, und er stand oben auf einem
Berg, abermals in einer riesigen Halle. Sie schien aus
Elfenbein und weißem Marmor zu bestehen. Säulen
stützten eine hohe Decke, aber nun konnte Magnus die
Wände sehen.
    Die Halle öffnete sich auf weit entfernte Berggipfel
hinaus, und die Luft war bitterkalt und dünn. Magnus
veränderte die Luft rings um seinen Körper, damit er
nicht fror und leichter atmen konnte. Draußen schwebte
ein Meer weißer Wolken direkt auf der Höhe des Bodens,
und er wusste, er stand im Pavillon der Götter, an einem
Ort, von dem seine Eltern ihm erzählt hatten. Er lächelte,
denn hier hatten Pug und Miranda zum ersten Mal miteinander gesprochen, und es schien ein geeigneter Ort für
seine Begegnung mit der Göttin.
    Eine Gestalt in schwarzem Gewand saß allein auf einer schlichten Marmorbank. Es war eine junge Frau, und
als Magnus näher trat, schob sie die Kapuze zurück. Ihre
Haut war so weiß wie das beste Porzellan, ihr Haar und
ihre Augen hatten die Farbe von Onyx. Ihre Lippen waren blutrot, und ihre Stimme klang wie eisiger Wind, als
sie nun sagte: »Deine Kräfte sind erstaunlich für einen
Sterblichen, Magnus. Du wirst eines Tages vielleicht
deinen Vater und deine Mutter in der Magie

Weitere Kostenlose Bücher