Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 4
Wir werden behaupten, es sei ein Trick gewesen,
damit Ihr hier sicher sein könnt vor … nun, Ihr könnt mir
eine Liste geben, Kaspar. Es gibt sicher viele, die Euch
gerne tot sehen würden.«
»So ungern ich das zugebe«, sagte Kaspar, »es lässt
sich nicht leugnen.«
»Wir brauchen also ein paar Einzelheiten, um die Geschichte auszuschmücken, aber versuchen wir es einmal
damit: Trotz der Versprechen Eures Schwagers gegenüber Eurer Schwester, Euch zu verschonen, sind seine
Agenten überall unterwegs und versuchen, Euch ein
schnelles Ende zu machen. Nachdem Ihr aus Olasko geflohen seid, seid Ihr an den einzigen Ort gekommen, der
Euch vielleicht eine sichere Zuflucht bieten kann: GroßKesh. Klingt das vernünftig?«
»Es wird glaubwürdig wirken«, gab Kaspar zu. »Rodoski ist ein Mann, der sein Wort hält, aber nur wenige
werden sich die Mühe machen, über diesen Widerspruch
nachzudenken, und ich habe tatsächlich versprochen,
Olasko zu verlassen.«
»Ich werde jemanden finden, der für Euch bürgt, Kaspar. Ich selbst kann das nicht übernehmen. Der Meister
der Festung ist der letzte Schutz, der dem Thron bleibt,
und wenn unsere Befürchtungen sich als wahr erweisen
sollten, wird dieser Thron nur zu bald angegriffen werden. Der Kaiser verlängert sein Leben mit Hilfe von Magie und ist inzwischen über hundert Jahre alt. Einige in
der Galerie der Lords und Meister würden nur zu gern
eine Veränderung sehen. Die Söhne des Kaisers sind tot
und seine Töchter längst zu alt, um Erben zur Welt zu
bringen.«
»Wer ist der Thronerbe?«
»Sezioti, der älteste Sohn des ältesten Sohnes des Kaisers, aber er ist kein charismatischer Mann. Sein jüngerer
Bruder Dangai ist sehr beliebt. Er ist ein hervorragender
Jäger – und Ihr wisst, wie wichtig das für das Wahre Blut
ist –, er war ein Krieger, und nun führt er die Innere Legion, was hier im Kaiserreich eine sehr mächtige Stellung darstellt. Sezioti ist ein Gelehrter, und er mag beliebt sein, ist aber kein natürlicher Anführer. Er verfügt
jedoch über die Unterstützung des Meisters der Pferde,
Lord Semaclar, und des Anführers der königlichen Wagenlenker, Lord Rawa, und gemeinsam können sie es an
Einfluss durchaus mit der Inneren Legion aufnehmen.«
»Kurz gesagt«, schloss Kaspar, »die Galerie der Lords
und Meister ist wieder einmal gespalten, und ein Bürgerkrieg scheint durchaus möglich.«
»Ich muss das mit großem Bedauern zugeben«, sagte
Turgan Bey.
»Ich glaube, wir haben ein gemeinsames Problem«,
stellte Kaspar fest.
»Offensichtlich«, sagte Bey »Ich werde Euch Gemächer zur Verfügung stellen und jemanden finden, der für
Euch bürgen wird, damit Ihr den Kaiser sehen könnt.«
Erhielt inne. »Aber was machen wir mit Hawkins?«
»Lasst ihn eine Weile seinen eigenen Anliegen nachgehen. Tut einfach nur, was Ihr getan hättet, wenn er ohne mich eingetroffen wäre.«
»Also gut«, sagte Bey »Ich werde nach Eurem Diener
schicken lassen, und in einem oder zwei Tagen werden
wir sehen, ob Ihr uns nützlich seid.«
»Ich sollte Euch daran erinnern, dass mehr als nur die
Sicherheit des Kaiserreichs davon abhängt«, erklärte
Kaspar. »Ich mag in Olasko nicht willkommen sein, aber
ich liebe mein Land und meine Schwester, die mir mehr
bedeutet als alles andere auf der Welt, und ihre Familie
befindet sich in Opardum. Ein Krieg hier unten, der sich
über die Grenzen ausbreitet, bringt sie in Gefahr. Bürgerkrieg in Kesh kann leicht zu Instabilität in der gesamten
Region führen.«
Kaspar hielt es für das Beste, den Talnoy und die Gefahr durch die Dasati nicht zu erwähnen. Bey hatte im
Augenblick schon genug im Kopf.
Bey nickte. »Ich sehne mich nach den einfacheren Zeiten, Kaspar, als ich mir nur wegen launischer Rebellen
im Süden oder ehrgeiziger Generäle des Königreichs im
Norden Sorgen machen musste.« Er bedeutete Kaspar
mit einer Geste, dass er entlassen war, fügte aber noch
hinzu:
»Grenzkriege sind so viel schlichter als all diese Magie, diese Intrigen und Bündnisse. Ruht Euch nun aus.
Wir werden uns bald wieder unterhalten.«
Kaspar folgte einem Diener in seine neuen Gemächer
und stellte erfreut fest, dass sie eines königlichen Besuchers würdig waren. Es waren insgesamt sieben Räume,
und von den zahlreichen Dienern waren einige erstaunlich hübsche junge Frauen, die alle die traditionelle Kleidung des Wahren Bluts trugen, den gleichen Leinenkilt
mit nacktem Oberkörper wie die Männer, mit
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