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Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5

Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5

Titel: Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ins Reich der Finsternis
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war ungeordnet, bis auf die Tatsache, dass offenbar nach allgemeiner Übereinkunft
niemand ein Zelt, eine Bude oder einen Tisch in der
Mitte des Platzes aufstellen durfte. Dort erhob sich
ein einzelner Laternenpfahl, gleich weit entfernt von
den Kreuzungen der Seitenstraßen, die den Platz
formten. Kaspar schlenderte hinüber und sah, dass
eine brauchbare Laterne an dem Pfahl hing, also
nahm er an, dass sie jeden Abend von einem Mann,
den die Stadt bezahlte, angezündet wurde, vielleicht
von einem der Wachtmeister. Das hier war der einzige Laternenpfahl, den er in Higara gesehen hatte, also ging er davon aus, dass es keinen offiziellen Laternenanzünder gab. Er bemerkte verblasste Schrift,
die in den Pfosten geritzt war: Irgendwann in grauer
Vorzeit hatte ein Herrscher beschlossen, dass die Region einen Richtungsanzeiger brauchte. Kaspar ließ
die Hand über das alte Holz gleiten und fragte sich,
welche Geheimnisse aus längst vergangenen Zeitaltern dieser Pfosten unter seiner einzelnen Laterne
belauscht hatte.
Er lehnte sich gegen den Pfosten und sah sich um.
Wie der geübte Jäger, der er war, bemerkte er kleine
Dinge, die den meisten anderen entgangen wären.
Zwei Jungen trieben sich am Eingang einer Gasse
herum und sprachen offenbar über etwas, aber sie
behielten dabei die Umgebung im Auge. Späher,
dachte Kaspar. Aber Späher für was?
Nachdem er sie beinahe eine halbe Stunde beobachtet hatte, verstand Kaspar ein wenig mehr. Hin
und wieder kamen zwei Jungen aus der Gasse, oder
sie gingen hinein. Bei allen anderen, die der Gasse
nahe kamen, wurde ein Zeichen gegeben – Kaspar
nahm an, ein Pfiff oder ein einzelnes Wort, obwohl
er zu weit entfernt war, um es zu hören. Wenn die
potenzielle Gefahr weiterzog, wurde ein weiteres
Zeichen gegeben.
Nicht nur das Bedürfnis, vielleicht etwas über Jörgen und seine Mutter zu erfahren, sondern auch
schlichte Neugier trieben Kaspar schließlich quer
über den Markt zu der Gasse. Er kam näher, blieb
aber ein wenig entfernt von den Spähern stehen.
Er wartete, beobachtete und wartete noch ein wenig länger. Er konnte spüren, dass etwas geschehen
würde, und dann geschah es.
Wie Ratten während eines plötzlichen Sturzregens
aus einem überfluteten Abfluss quellen, kamen die
Jungen aus der Gasse gerannt. Die beiden Späher
liefen einfach davon, scheinbar in zufällige Richtungen, aber das Dutzend hinter ihnen trug Brotlaibe in
den Händen – jemand musste einen Weg ins Hinterzimmer einer Bäckerei gefunden und den anderen
Jungen so viel frisches Brot gereicht haben, wie er
konnte, bevor der Bäcker Alarm schlug. Einen Augenblick später waren auf der anderen Seite des Platzes Rufe zu hören, als die Kaufleute bemerkten, dass
ein Verbrechen im Gang war.
Ein Junge, der nicht älter als zehn sein konnte, eilte an Kaspar vorbei, der die Hand ausstreckte und ihn
beim Kragen seines schmutzigen Hemdes packte.
Der Junge ließ sofort sein Brot los und warf die Arme gerade nach oben, und Kaspar erkannte, dass er
vorhatte, aus dem Lumpen zu schlüpfen, den er als
Hemd trug.
Also packte er ihn stattdessen an seinem langen
schwarzen Haar. Der Junge schrie: »Lass mich los!«
Kaspar zerrte ihn in eine andere Gasse. Als er außer Sichtweite war, riss er den Jungen herum und sah
ihn sich genauer an. Der Junge trat um sich und versuchte ihn mit überraschender Kraft zu beißen und zu
schlagen, aber Kaspar war in seinem Leben mit vielen wilden Tieren fertig geworden, hatte unter anderem eine unvergessliche und beinahe katastrophale
Begegnung mit einem wütenden Vielfraß hinter sich.
Das Geschöpf mit eisernem Griff im Nacken zu packen und mit der anderen seinen Schwanz zu umklammern, war das Einzige zwischen Kaspar und
dem Verlust seiner Organe gewesen, bis der Jagdmeister seines Vaters kam und sich um das Tier
kümmerte. Er hatte von dieser Begegnung immer
noch diverse Narben.
»Hör auf zu zappeln, und ich werde dich absetzen.
Aber du musst zustimmen, ein paar Fragen zu beantworten.«
»Lass mich los!«, schrie der schmuddelige Junge.
»Hilfe!«
»Willst du tatsächlich, dass der Wachtmeister
kommt und mit dir spricht?«, fragte Kaspar und hielt
seine zappelnde Beute hoch genug, dass der Junge
auf den Zehenspitzen tanzen musste.
Der Junge hörte auf sich zu wehren. »Nicht wirklich.«
»Dann beantworte mir ein paar Fragen, und du
darfst gehen.«
»Euer Wort?«
»Mein Wort«, antwortete Kaspar.
»Schwört bei Kalkin«, sagte der

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