Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
hatte
persönlich die Ausbildung dieser Einheit vorgenommen, als er in der Armee aufstieg, erst zum Hauptmann, dann zum Kommandanten der Garnison von
Krondor und schließlich zum Marschall.
Die Männer hatten einmal zu den KöniglichKrondorschen Pfadfindern gehört, einer Kompanie
von Fährtensuchern, Abkömmlinge der legendären
Soldaten aus Kesh, aber nun nannte sich diese kleine
Kompanie einfach »die Männer des Prinzen«. Es waren Soldaten, an die Erik sich unter besonderen Umständen wandte, und solchen fanden sie sich an diesem Abend zweifellos gegenüber. Ihre Uniformen
waren leicht zu erkennen: dunkelgraue, kurze Waffenröcke mit dem Wappen von Krondor – einem Adler, der über einem Gipfel schwebte, ausgeführt in
gedämpften Farben – und schwarze Hosen mit einem
roten Streifen an der Seite, die in schweren Stiefeln
steckten, geeignet zum Marschieren, Reiten oder für
die Tätigkeit, die sie nun ausführten, das Erklettern
von Felsen. Jeder Mann trug einen schlichten, dunklen Helm mit offenem Visier und kurze Waffen – ein
Schwert, das kaum lang genug war, um diesen Namen zu verdienen, und einen Estoc, einen langen
Dolch. Jeder Mann war zu besonderen Fähigkeiten
ausgebildet, und derzeit führten die zwei besten Kletterer den Angriff an.
Erik ließ den Blick zum Gipfel der Klippe gegenüber seiner Stellung schweifen.
Hoch über ihnen ragte die alte Burg Cavell auf
und blickte hinab auf einen Pfad, der vom Hauptweg
abzweigte, einen Pfad, der als Cavell-Pfad bekannt
war. Ein kleiner Wasserfall rauschte in einen Teich
auf einem breiten Vorsprung, dann ging er in den
Bach über, der ursprünglich den Weg gebildet hatte.
Wie so etwas mitunter geschah, hatte sich das Bachbett im Lauf von Jahren verlagert, und irgendein Ereignis, sei es natürlicher Art oder von Menschen bewirkt, hatte das Bachbett auf die andere Seite des
Hangs gezwungen und das ursprüngliche Bett trocken und staubig zurückgelassen. Der Teich war ihr
Ziel, denn wenn die Informationen, über die Erik aus
einer Zeit beinahe hundert Jahre zuvor verfügte, der
Wahrheit entsprachen, gab es hinter diesem Teich
einen geheimen Eingang zur Burg, den ursprünglichen Fluchtweg.
Erik hatte seine Soldaten vor dem Morgen in die
Siedlung Cavell gebracht und rasch so gut wie möglich versteckt, was in einem so kleinen Ort nicht einfach war, aber gegen Mittag gingen die Dorfleute
wieder ihren Geschäften nach, und Bewaffnete versteckten sich hinter jedem zweiten Gebäude. Erik
machte sich keine Sorgen wegen möglicher Spione
der Nachtgreifer, denn niemandem war gestattet, die
Siedlung an diesem Tag zu verlassen; seine einzige
Sorge war, dass jemand sie von hoch oben in den
Hügeln oberhalb der Stadt beobachtete, aber er war
überzeugt, dass er alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen hatte.
Magnus hatte ihm mit einem Illusionszauber geholfen, und für jeden potenziellen Beobachter, der
kein gut ausgebildeter Benutzer von Magie war, waren die paar Minuten, die es brauchte, um hundert
Mann in die Siedlung zu bringen, ereignislos vergangen. Bei Sonnenuntergang hatte Magnus erneut seinen Zauber gewirkt, und die Männer hatten sich
rasch in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine eilte den Cavell-Pfad hinauf zum Haupteingang, und die andere
bewegte sich unter Eriks persönlicher Aufsicht zur
Rückseite der Burg.
Der alte Soldat stand reglos da, seine Aufmerksamkeit auf die Verteilung seiner Männer gerichtet.
Er war beinahe fünfundachtzig Jahre alt, aber dank
eines Tranks, den Nakor ihm gegeben hatte, erinnerte
er eher an einen dreißig Jahre jüngeren Mann. Zufrieden, dass alles so verlief, wie es sollte, wandte er
sich seinen Begleitern zu, Nakor und Magnus, die neben ihm standen, während sich die persönliche Leibwache des Marschalls nervös im Hintergrund hielt; es
gefiel ihnen nicht so recht, dass ihr Befehlshaber sie
anwies, sich zurückzuhalten, da es ihr persönlicher
Auftrag war, ihn um jeden Preis zu schützen.
»Jetzt?«, fragte Nakor.
»Nein, wir warten noch«, sagte Erik. »Wenn sie
sich Sorgen wegen einer Annäherung an ihre Zitadelle machen, sollten sie uns inzwischen gesehen haben,
und dann werden sie entweder etwas sehr Ungastliches tun oder versuchen, über den anderen Fluchtweg zu fliehen.«
»Was würdet Ihr tun?«, fragte Magnus.
Erik seufzte. »Ich würde mich ducken und so tun,
als wäre niemand zu Hause. Wenn das nicht funktionieren würde, hätte ich einen sehr unangenehmen
Empfang für
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