Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
Truhe anzustarren.«
»Ja, stimmt«, erwiderte Zane, aber er klang alles
andere als begeistert.
Die drei Jungen fragten sich, wohin ihr Pflegevater
sie hier gebracht hatte.
Zehn
Läuterung
Valko machte sich auf Gewalttätigkeit gefasst.
Der Krieger, der ihm gegenüberstand, war alt, und
seine Narben sahen aus wie Ehrenzeichen, aber seine
Haltung zeigte, dass er noch kein Ältester war, der
darauf wartete, dass ein Sohn ihn in einem letzten
Dienst zum Dunklen Gott schickte. Dieser Mann hatte noch viele Schlachten in sich.
Valko stand inmitten des lang gezogenen Raums,
der identisch angelegt war wie der Kampfboden in
der Halle der Prüfung in der Burg von Valkos Vater,
aber viel, viel größer. Fünfhundert Reiter konnten
auf der Galerie sitzen und ein Dutzend Zweikämpfe
gleichzeitig abgehalten werden. Valko warf einen
Blick nach rechts und einen nach links und sah, dass
sich auch andere junge Dasati auf den Kampf vorbereiteten.
Der alte Krieger trug die Rüstung der Geißel, die
beinahe identisch war mit der, die die Sadharin benutzten: ein dunkelgrauer, offener Helm, ein Brustharnisch, Arm- und Beinschienen, aber statt des hohen Federbuschs der Sadharin war sein Helm von
einem langen Stachel gekrönt, an dem zwei lange
Bänder aus blutorangefarbenem Tuch hingen. Wenn
er etwas sagte, klang seine Stimme gebieterisch, obwohl er sie nicht hob. »Ihr werdet sterben.« Mehrere
junge Männer spannten sich an, und ein paar Hände
packten die Schwerter fester. »Aber nicht heute.«
Langsam trat er vor die sechzehn jungen Krieger,
die in einem Halbkreis standen und einander bei seinen Worten in die Augen sahen. »Ihr seid zu mir gekommen, weil ihr eure erste Prüfung überlebt hat.
Überleben ist gut. Ihr könnt dem TeKarana nicht
dienen, wenn ihr tot seid. Ihr könnt keine starken
Söhne und schlauen Töchter zeugen, es sei denn, ihr
überlebt. Und ihr wollt starke Söhne, die eines Tages
hier stehen werden, um ihre Ausbildung zu beginnen,
und kluge Töchter, die eure Enkel verstecken, bis sie
für ihre Prüfungen bereit sind. Dies ist der Weg der
Dasati.«
»Dies ist der Weg«, wiederholten die jungen Krieger, wie es dem Ritual entsprach.
»Das Zweitruhmreichste, was ihr tun könnt, besteht darin, tapfer für das Reich zu sterben, wenn es
keine andere Möglichkeit gibt. Das Ruhmreichste
besteht darin, die Feinde des Kaiserreichs zu töten.
Jeder Narr kann auf dumme Weise sterben. Dummheit ist Schwäche. Es liegt kein Ruhm darin, wie ein
Idiot zu sterben. Dies ist der Weg der Dasati.«
»Dies ist der Weg.«
Der alte Krieger fuhr fort: »Ich bin Hirea, ein Reiter der Geißel. Einige von euch sind Söhne der Geißel.«
Mehrere junge Krieger meldeten sich mit einem
Ruf.
»Aber nicht mehr«, erklärte Hirea und hob die
Stimme gerade genug, um sein Missfallen über diese
Äußerungen kundzutun. »Ihr seid keine Geißel mehr.
Ihr seid keine Söhne der Sadharin mehr. Ihr seid weder Kalmak noch Schwarzer Donner, weder Dunkelreiter, Blutflut noch Remalu. Was immer ihr dachtet,
als ihr hier eintraft, gehört der Vergangenheit an. Jetzt
gehört ihr mir, bis ich euch für genügend ausgebildet
halte, um zu euren Vätern zurückzukehren, oder ihr
tot auf dem Sand unter euren Füßen liegt.« Er zeigte
zur Betonung auf den Sand. »Hier könnt ihr euer Erbe
als wahre Todesritter beanspruchen und euren Vätern
oder dem Dunklen Gott dienen. Ich werde euch mit
Vergnügen zu einem von ihnen schicken.« Er sah von
einem Gesicht zum anderen. »Jeder von euch wird
einem anderen zugesellt werden. Ihr werdet das Quartier teilen. Von diesem Augenblick an wird dieser
Krieger euer Bruder ein. Ihr werdet mit Freuden euer
Leben für ihn geben, und er für euch. Es zählt nicht,
ob eure Väter Feinde sind. Er ist euer Bruder. Das ist
die erste Lektion. Und nun …« Er zeigte rasch auf
die beiden jungen Krieger an jedem Ende des Halbkreises. »Du und du, tretet vor.« Sie taten es, und er
zeigte erneut auf sie. »Eure Namen.«
Jeder Krieger sagte seinen Namen, und Hirea erklärte: »Ihr seid nun Brüder, bis ihr diesen Ort verlasst. Danach ist es euch freigestellt, einander umzubringen, aber bis dahin werdet ihr füreinander sterben.« Er deutete über seine Schulter. »Stellt euch
hinter mich.«
Er wiederholte das mit den nächsten beiden Jungen und denen danach, bis er zu Valko kam. Er wurde mit einem Sohn der Remalu zusammengebracht,
der Seeleth hieß, Sohn des Silthe, Herr der Rianta.
Valko
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