Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
nachdem man ihm
zwischen die Beine getreten hatte, und er kannte
auch jeden anderen schmutzigen Trick, den Caleb
ihm beigebracht hatte, aber das hier waren Turnierkämpfe mit Regeln und einem Schwertmeister, der
darauf achtete, dass sie befolgt wurden, und sein
Gegner war Godfrey, Servans engster Verbündeter.
Wenn man danach ging, wie Godfrey die Waffe
hielt, war ihm der Übungsraum nicht fremd.
Jommy zupfte an dem engen Kragen seiner Jacke,
als der Schwertmeister den beiden Gegnern bedeutete, sich in der Mitte des Bodens zu treffen. Der Rest
der Klasse schaute ruhig zu, alle beaufsichtigt von
einem halben Dutzend Mönche.
Der Schwertmeister sprach gerade laut genug, dass
seine Stimme über das Gemurmel der Jungen hinweg
zu verstehen war. »Diese Übung soll uns den Gegenschlag zeigen.« Er wandte sich Jommy zu und sagte:
»Da Godfrey der Erfahrenere mit dem Schwert ist,
wirst du mit dem Angriff beginnen. Du kannst jede
Höhe wählen, hoch, mittel oder tief, wirst aber nur
leichten oder gar keinen Kontakt ausüben. Ist das
klar?«
Jommy nickte und kehrte zu seinen beiden Pflegebrüdern zurück. Tad reichte ihm den Helm, eine
Maske mit Korbgeflecht, die an ein Tuch genäht war.
Er schob sie über den Kopf und nahm die Ausgangsposition ein.
»Beginnt!«, befahl der Meister, und Jommy zögerte, dann griff er hoch oben an und tat sein Bestes innerhalb der Regeln, Godfrey den Kopf abzuhacken.
Godfrey schlug seine Waffe problemlos beiseite,
streckte den Arm aus und berührte hart Jommys
Brust, dann zog er das Schwert zurück und traf mit
einem Schnippen des Handgelenks Jommys einzigen
offen liegenden Körperteil, seinen Handrücken.
»Autsch!«, schrie Jommy und ließ zum offensichtlichen Entzücken der anderen Studenten, die laut
lachten, das Schwert fallen.
»Heb das Schwert wieder auf!«, rief der Meister.
»Das hat er absichtlich getan«, sagte Jommy anklagend, als er sich hinkniete, um seine Waffe aufzuheben.
Godfrey setzte den Helm ab und grinste Jommy
verächtlich an.
Angewidert sagte der Schwertmeister: »Nur ein
wirklich jämmerlicher Schwertkämpfer klagt einen
Gegner an, um seine eigenen Fehler zu verbergen.«
Jommy starrte den Schwertmeister einen Moment
an, dann sagte er: »Also gut. Machen wir es noch
einmal.«
Er setzte seinen Helm ab, reichte ihn Zane, fuhr
sich durch das feuchte Haar und nickte dann einmal
knapp, als er den Helm zurücknahm. Er setzte ihn
wieder auf und wandte sich Godfrey zu.
»Dieser Blick von Jommy gefällt mir nicht«, bemerkte Tad.
»Erinnerst du dich, als wir ihn zum letzten Mal sahen?«
»Diese Schänke in Kesh?«
»Ja, wo der Soldat diese Sache zu dem Mädchen
sagte –«
»Dem Mädchen, das Jommy gern hatte?«, fragte
Tad.
»Genau.«
»Nein, das war nicht gut.«
»Das war es wirklich nicht«, stimmte Zane zu.
»Also kann das hier auch nicht gut ausgehen«,
sagte Tad.
»Nein, kann es nicht«, erklärte Zane.
Jommy ging in die Mitte. Der Meister sagte:
»Noch einmal«, und wies den beiden Kombattanten
ihre Positionen zu. »Beim letzten Durchgang«, sagte
er zu den Studenten, »hat dieser Junge« – er zeigte
auf Jommy – »seinen Angriff überdehnt, sich aus
dem Gleichgewicht gebracht und sich einem einfachen Schlag von dem Schwert seines Gegners geöffnet, was ihn noch weiter aus dem Gleichgewicht
brachte und ihn offen für den Gegenschlag ließ.« Er
warf den beiden Gegnern einen Blick zu und sagte:
»Fangt an!«
Jommy griff an, genau wie beim letzten Mal, und
wiederholte jede Bewegung, bis zu dem Augenblick,
als Godfrey seine Klinge beiseiteschlug. In diesem
Moment streckte er den Arm nicht voll aus, sondern
ließ die Waffe um Godfreys kreisen, sodass der
Schwertgriff innerhalb des Griffs des anderen Jungen
war, und zwang Godfrey damit, selbst eine Kreisbewegung zu machen und zu versuchen, Jommys Klinge wieder nach außen zu zwingen.
Statt dann einen weiteren Kreis zu vollziehen, hob
Jommy die Waffe, als wollte er salutieren, eine vollkommen unerwartete Bewegung, die Godfrey zögern
ließ. Das war alle Zeit, die Jommy brauchte. Statt
sich einen Schritt zurückzuziehen, um sich Raum zu
verschaffen, bog Jommy einfach den Ellbogen und
trieb den Schwertgriff in Godfreys Gesicht, mit so
viel Kraft wie möglich.
Die Übungshelme waren dazu gedacht, vor
Schwertspitzen und -schneiden zu schützen, nicht
einen festen Schlag von einem zornigen jungen
Mann von beträchtlicher Kraft und Größe abzuwehren.
Das Gesichtsnetz brach, und
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