Feist Raymond - Die Erben von Midkemia 5
dran seid.«
Die drei Jungen nickten, sagten: »Ja, Vater«, und
verließen das Zimmer. Im Flur machte Jommy zwei
lange Schritte, blieb stehen, streckte dann die Hände
nach oben, verdrehte die Augen und gab ein Geräusch reinen Ärgers von sich. »Argghhh!«
Jommy schob die Tür auf und sah drei Gesichter
überrascht aufblicken. Grandy grinste, und Godfrey
sah verärgert drein, aber Servan sprang auf, als hätte
er auf einer Klinge gesessen, und blaffte: »Was hast
du hier zu suchen?«
Mit einem dreisten Grinsen sagte Jommy: »Ich sehe nach, ob es das richtige Zimmer ist.« Er schaute
sich demonstrativ um und erklärte dann: »Ja, das ist
es.«
Grandy warf einen Blick über die Schulter zu den
beiden älteren Jungen, sah ihr Unbehagen über Jommys Eindringen, und sein Grinsen wurde breiter.
»Hallo, Jommy, was machst du hier?«
»Ich ziehe ein«, erklärte Jommy, drehte sich um
und holte seine Truhe. »Du ziehst weiter den Flur
entlang zu Tad und Zane. Beeil dich lieber.«
»Wirklich?«, fragte Grandy erstaunt.
»Auf wessen Anweisung?«, rief Servan.
Jommy zog seine Truhe über die Schwelle. »Vater
Elias hieß er, glaube ich. Seid ihr ihm schon begegnet? Er ist der wichtigste Mann hier.«
Servan sagte: »Wer?«
»Vater Elias. Der Abt dieses –«
»Ich weiß, wer er ist!«, schrie Servan und reckte
das Kinn vor, als er in Jommys Richtung stakste.
»Immer mit der Ruhe«, sagte Jommy und hob die
rechte Hand. »Erinnerst du dich an das letzte Mal?«
Servan zögerte und blieb stehen. »Ich werde mich
um diese Sache kümmern.«
»Viel Spaß dabei«, sagte Jommy vergnügt, als sich
der junge Adlige an ihm vorbeischob.
Dann wandte er sich Grandy zu. »Mach dich lieber
auf den Weg.«
»Warte«, befahl Godfrey.
Grandy zögerte, aber Jommy sagte: »Mach schon.
Es ist in Ordnung.«
Grandy setzte dazu an, seine Truhe herauszuziehen,
als Godfrey sagte: »Ich habe dir etwas befohlen.«
Jommy machte einen drohenden Schritt auf Godfrey zu und erklärte: »Und ich sagte ihm, es ist in
Ordnung, wenn er geht.«
Godfrey setzte sich hin und riss die Augen ein wenig weiter auf.
Grandy zerrte seine Truhe vom Fußende des Bettes weg und durch die Tür, und Jommy schob seine
an den nun leeren Platz. Er sah Godfrey an und fragte: »Es ist also kein Problem, sich in diesem Raum
aufs Bett zu setzen?«
Godfrey sprang hoch, als hätte er sich verbrannt.
»Nur, wenn die Tür geschlossen ist!«
Jommy grinste. Ein paar Minuten des Schweigens
fanden ein Ende, als Servan zurückkehrte. Er drängte
sich an Jommy vorbei und sagte zu Godfrey: »Wir
müssen ihn ertragen.«
Jommy schloss die Tür, ging zu seinem neuen
Bett, setzte sich und sagte: »Also gut. Worüber wollt
ihr sprechen?«
Miranda ging entschlossen den Flur entlang und
ignorierte dabei die verblüfften Tsurani-Magier, an
denen sie vorbeirauschte. Als sie schließlich den
Raum erreichte, wo man den Talnoy zu Studienzwecken aufbewahrte, fand sie vier Erhabene des
Kaiserreichs, die ihn betrachteten.
»Ihr habt ihn kaputtgemacht?«, fragte sie unverblümt.
Alenca drehte sich mit gequältem Lächeln um.
»Miranda! Wie reizend Ihr ausseht!«
»Ihr habt ihn kaputtgemacht?«, fragte sie noch
einmal.
Er fuchtelte mit den Händen. »Nein, wir haben ihn
nicht kaputtgemacht. Meine Botschaft besagte, dass
er plötzlich aufhörte zu funktionieren.«
Miranda ging an dem alten Magier und seinen drei
Kollegen vorbei zu der Bahre, auf der der Talnoy lag.
Sie brauchte ihn nicht zu berühren, um zu wissen,
dass sich etwas an ihm verändert hatte. Es war eine
subtile Veränderung, nur für die schärfste magische
Empfindsamkeit wahrnehmbar, aber es war … als
wäre etwas nicht mehr vorhanden.
»Er ist leer«, sagte sie. »Was immer sich zuvor in
ihm befand, ist jetzt … weg.«
»Zu dem Schluss sind wir ebenfalls gekommen«,
stimmte Wyntakata zu. Er gestikulierte mit einer
Hand und hielt seinen Stab mit der anderen. »Wir
versuchten eine neue Reihe von Schutzzaubern – ersonnen von den begabtesten Magiern des niederen
Pfads im Kaiserreich – und gaben dem Geschöpf eine schlichte Anweisung, um zu sehen, ob die Schutzzauber es abschirmten … und es regte sich nicht. Jede Prüfung, die wir durchgeführt haben, kommt zu
dem gleichen Ergebnis: Was immer zuvor die Bewegungskraft lieferte, ist nun verschwunden.«
»Er hat keine Seele mehr«, sagte Miranda leise.
Alenca sah sie zweifelnd an. »Wenn in der Tat eine Seele die Energie lieferte, ist sie verschwunden,
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