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Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia

Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia

Titel: Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der verruckte Gott cropped
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einmal.« Er sah aus dem Fenster des Palasts, seine Lieblingsaussicht, und beobach
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    tete den Sonnenuntergang über dem Hafen von Krondor. »Es stört mich nicht, tot zu sein; es ist der Weg dorthin, der mich ärgert.« Er deutete auf eine große hölzerne Truhe am Fuß seines Bettes. »Würdet Ihr mir bitte einen Gefallen tun und eine kleine Phiole aus dieser Truhe holen? Sie befindet sich in einem schwarzen Samtbeutel.«
    Miranda öffnete die Truhe und brachte ihm den Beutel. Erik knotete sorgfältig die beiden Schnüre auf, die ihn verschlossen, und holte die Phiole hervor. Er zog einen winzigen Korken heraus und goss sich den Inhalt der Phiole in den Mund. Dann warf er das leere Gefäß auf den Tisch neben seinem Sessel. »Da.
    Das war die letzte. Ich habe das Elixier, das Nakor mir gegeben hat, sehr vorsichtig angewendet, und es hat mich ziemlich gesund gehalten … für einen Mann von beinahe hundert Jahren.«
    »Ich hätte schwören können, Ihr wärt erst neunzig«, sagte Miranda.
    »Nun, lasst die Wahrheit nie in den Weg einer dramatischen Aussage geraten«, erwiderte Erik lächelnd. Sie konnte sehen, wie die Falten aus seinem Gesicht verschwanden und die Farbe zurückkehrte.
    »Wie viel Zeit habt Ihr?
    »Ich weiß es nicht. Ein paar Monate vielleicht.« Er lehnte sich zurück. »Ich bin müde. Müde bis auf die Knochen, Miranda. Ich habe der Krone die letzten siebzig Jahre gedient und Ruhe verdient.«
    »Das haben wir alle«, erwiderte sie. Sie ließ sich nicht über die Tatsache aus, dass sie und ihr Mann schon lange vor Eriks Geburt gegen die Kräfte des Wahnsinns gekämpft hatten. Dennoch, er hatte sich tatsächlich ausgezeichnet und seinen Teil an Schlachten geschlagen. Er hatte nie geheiratet und Kinder gehabt, und jetzt erkannte sie, wie viel ärmer das sein Leben gemacht haben musste,
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    verglichen mit ihrem eigenen. Und obwohl er lange Zeit gelebt hatte, war er gealtert, während sie eine Frau Ende dreißig oder Anfang vierzig geblieben war, was Aussehen und Lebenskraft anging.
    Erik schlug mit den Handflächen auf die Armlehnen des Sessels. »Was Eure erste Bitte angeht, kann ich nichts tun. Der König ist eisern. Er mag Euren Mann nicht und die Tsurani noch weniger.«
    »Warum?«, fragte sie. »Zwischen dem Kaiserreich und dem Königreich herrscht seit dem Ende des Spaltkriegs Frieden. Die Tsurani haben dem Königreich bei der Schlacht von Sethanon geholfen. Ihr hattet in den letzten zehn Jahren mehr Schwierigkeiten mit Kesh als mit den Tsurani seit der Unterzeichnung des Friedensvertrags.«
    »Ihr sprecht hier nicht von ein paar hundert oder auch ein paar tausend Flüchtlingen. Ihr sprecht von Millionen. Mehr Tsurani als die gesamte Bevölkerung von Kesh und dem Königreich zusammen. Es gibt nicht einen einzigen Herzog, der sie in sein Herzogtum lassen würde. Wer sollte sie ernähren?«
    »Sie können arbeiten. Sie sind Handwerker und Bauern, und Wagenbauer, Schmiede …«
    »Sie sind Fremde. Nicht einmal der Graf von LaMut würde sie willkommen heißen, und der ist selbst Tsurani! Sie sind eine zu große Gefahr.«
    Miranda hatte gewusst, wie die Antwort lauten würde, aber dennoch Besseres erhofft. »Wie viele würdet Ihr nehmen?«
    »Ich?«, fragte der Herzog. Er lachte, und sie sah, wie seine Züge wieder lebendiger wurden. »Ich würde ein Auge zudrücken, wenn Ihr ein paar tausend nach Yabon und Crydee bringt. Und ein paar tausend mehr in den Dörfern an den Zähnen der Welt, um die sich die Grenz 217
    lords Gedanken machen müssen, würden mich auch nicht kümmern. Aber ich würde meinen Amtseid nicht erfüllen, wenn ich nicht den Befehlen meines Lehnsherrn folgte, Miranda. Das könnte ich einfach nicht.«
    »Irgendwelche anderen Ideen?«, fragte Miranda.
    »Ich würde Novindus vorschlagen. Es erholt sich immer noch von der Verwüstung durch die Smaragdkönigin und könnte eine Menge Tsurani aufnehmen. Zur Hölle, sie könnten den gesamten Kontinent erobern, und das würde hier oben niemanden interessieren.«
    »Kaspar ist gerade dort unten und spricht mit einem Freund.«
    »Ich wette, er hat mehr Glück als Ihr, denn Ihr hattet überhaupt keins.«
    Wieder seufzte er. »Und ich garantiere Euch, dass Jim Dasher Jamison noch weniger Erfolg haben wird als Ihr. Sein Großvater ist ein tückischer und gefährlicher Mann, genau wie dessen eigener Großvater - und das war wirklich ein tückischer Mistkerl -, aber er steht so loyal zur Krone, wie Ihr zu Eurer Sache steht. Jim wird seinen

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