Feist, Raymond - Die Erben von Midkemia
gegenüberstanden, zeigten sie sich emotionaler als in der ganzen Zeit von Kaspars Gefangenschaft. Castdanur und seine Leute waren sichtlich bewegt vom Anblick des Mannes in der weißgoldenen Rüstung.
»Valheru«, sagte der alte Elf, als Tomas in die Siedlung kam.
»Nein«, erwiderte Tomas, »obwohl ich seine Erinnerungen habe. Ich bin so sterblich wie Ihr, Anführer der Anoredhel.«
»Aber die alte Magie lebt in Euch«, sagte Castdanur.
Tomas nickte kaum merklich.
»Verfügt Ihr auch über das alte Wissen?«
»Zum Teil«, antwortete Tomas, »aber es gibt Erinnerungen, die mir einfach fehlen. Dennoch, ich weiß von Euch und Euren Brüdern. In unserer Selbstzufriedenheit haben wir angenommen, nichts von Euch zu hören würde bedeuten, dass es Euch gut geht.« Er sah sich um und stellte fest: »Das scheint nicht der Fall zu sein.«
»Wir wollen uns beraten«, erklärte Castdanur. Er bedeutete Tomas, ihm in die Haupthalle voranzugehen, dann sagte er zu Kaspar und Jim: »Ihr solltet ebenfalls teilnehmen.«
Die beiden Männer wechselten einen Blick, und Jim flüsterte: »Was ist hier geschehen?«
»Ich erzähle Euch die Einzelheiten später«, sagte Kaspar, »aber der Kern der Sache ist, dass Ihr gut daran ge
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tan habt, Sinda und seinen Freund nicht zu töten. Hättet Ihr die beiden umgebracht, wären wir jetzt wahrscheinlich ebenfalls tot. Sein Leben zu verschonen und ihm diesen Anhänger zu geben hat Castdanur überzeugt, dass ich die Wahrheit sagte, was … gewisse Dinge anging. Ich erzähle Euch später mehr.«
Sie betraten die Halle und setzten sich im Kreis, Tomas gegenüber dem alten elfischen Anführer. Zwei andere sehr alte Elfen ließen sich zu beiden Seiten von ihm nieder, und Kaspar und Jim setzten sich auf beide Seiten von Tomas.
»Wisset, Drachenreiter, dass wir ein freies Volk sind, Euren eigenen Worten entsprechend.«
Tomas erinnerte sich vage an den letzten Flug von Ashen-Shugar, als der Valheru, dessen Rüstung er trug, um die Welt geflogen war, alle Diener des Drachenheers befreit hatte und sie wissen ließ, dass sie jetzt ein freies Volk waren. »Ich erinnere mich«, sagte er, wollte aber in diesem Augenblick nicht über Einzelheiten diskutieren.
»Ihr kennt unsere Aufgabe«, sagte Castdanur, und plötzlich erinnerte sich Tomas wirklich. Wie schon öfter kamen die Erinnerungen ungebeten.
Alle Elfen waren Sklaven der Valheru gewesen, und als das Drachenheer aufstieg, um die Götter herauszufordern, war Ashen-Shugar, der letzte lebende Drachenlord, über den Himmel von Midkemia geflogen und hatte alle Völker befreit, die einmal Besitz seiner Brüder gewesen waren. Aber die Anoredhel waren einzigartig, Elfen, denen man eine besondere Pflicht auferlegt hatte.
»Ihr seid die Beschützer der Quor.«
»Eine Aufgabe, die uns zu Zeiten unserer Ahnen gegeben wurde, und eine, die wir bis heute erfüllt haben. Aber wir sind nur noch wenige und in Gefahr, ebenso wie die Quor.«
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Jim und Kaspar wechselten einen Blick. Beide hatten die gleiche Frage: Wer oder was waren die Quor?
»Wie geht es diesen sanftmütigen Wesen?«, fragte Tomas.
»Sie haben zu kämpfen«, erwiderte der alte Mann. »Diese Geschöpfe von außerhalb quälen uns, aber sie sind viel mehr darauf versessen, die Quor zu vernichten, und wir können nur wenig tun. Wir haben bei unserer Aufgabe versagt.«
»Nein«, sagte Tomas mit überraschend sanfter Stimme. »Wir sind hier, und wir werden helfen, und die Quor werden überleben, auch wenn sie im Moment gefährdet sind.«
»Wir sind ein freies Volk«, wiederholte der alte Mann. »Aber wir brauchen Hilfe.«
»Und Hilfe sollt Ihr bekommen«, erwiderte Tomas. »Ich werde meine Gemahlin, die Königin von Elvandar, bitten, Leute zu schicken, die mit Euch dienen wollen - Jäger, Weber, Handwerker und mehr: Zauberer und Krieger -, so dass wir wieder dafür sorgen können, dass die Quor in ihren Behausungen sicher sind.«
»Wir danken Euch«, sagte der alte Mann, und man sah ihm deutlich an, wie erleichtert er war - tatsächlich stand er kurz davor zu weinen.
»Wir sind es, die Euch danken«, sagte Tomas, stand auf und senkte den Kopf in Hochachtung vor den drei alten Männern, die ihm gegenübersaßen. »Ich muss nach Elvandar zurückkehren, aber ich werde so schnell ich kann mit ein paar Leuten wieder hierherkommen, die Euch sofort helfen werden. Andere werden folgen, und wir werden Zeugen der Wiedergeburt von Baranor sein.«
»Kinder?«, fragte Castdanur.
Tomas
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