Feist Raymond E. - Krondor Saga 01
Befehle gab.
Die Reiter drängten den Pass hoch, vorbei an
der einsamen Gestalt, und warfen sich den Moredhel entgegen. Die Brüder des Dunklen Pfades
mochten alles Mögliche sein – keinesfalls jedoch feige und unfähig, wenn es um kriegerische
Auseinandersetzungen ging. Es war ein heftiger
Kampf, doch die Soldaten des Königreichs waren
deutlich im Vorteil: Sie besaßen Pferde, und das
Wetter hatte die Bögen der Dunkelelben nutzlos
gemacht. Die Moredhel machten sich nicht einmal
die Mühe, nach ihren nassen Bögen zu greifen,
denn sie wussten, dass kaum einer ihrer Pfeile die
Feinde erreichen, geschweige denn die Kraft haben würde, eine Rüstung zu durchbohren.
Ein einzelner Dunkelelb, größer noch als die anderen, sprang auf einen Felsblock und blickte der
fliehenden Gestalt nach. Locklear wendete sein
Pferd und stellte sich dem Dunkelelb in den Weg,
der aufmerksam auf den jungen Edlen sah.
Ihre Blicke trafen sich einen Augenblick, und
Locklear spürte den Hass des Elben förmlich wie
eine schwere Last. Er schien Locklear stumm zu
zeichnen, als versuchte er, sich dessen Äußeres für
eine zukünftige Konfrontation einzuprägen. Dann
gab er einen Befehl, und die Moredhel zogen sich
über den Pass zurück.
Sergeant Bales war zu klug, um jemandem über
einen Pass zu folgen, auf dem man gerade einmal
zehn Meter weit sehen konnte. Und das Wetter
wurde zunehmends schlechter.
Locklear wandte sich um und sah die einsame
Gestalt ein kleines Stück neben dem Pfad an einem Felsblock lehnen. Er lenkte sein Pferd neben
den Mann. »Ich bin Junker Locklear vom Hof des
Prinzen. Du hast hoffentlich eine gute Geschichte
für uns, Abtrünniger.«
Der Mann, dessen Antlitz noch immer von der
tiefen Kapuze seines schweren Umhangs verhüllt
war, antwortete nicht. Die Kampfgeräusche verklangen, als die Moredhel zurück über den Pass
flohen und sich in Felsspalten verkrochen, wohin
die Reiter ihnen nicht folgen konnten.
Die Gestalt schaute Locklear einen Augenblick
an, hob dann langsam die Hand und schob die
Kapuze zurück. Dunkle, fremde Augen betrachteten den jungen Edlen. Locklear kannte solche
Gesichtszüge, die hohe Stirn, das kurz geschnittene Haar, die gewölbten Augenbrauen und die
großen, nach oben gebogenen Ohren, die keine
Ohrläppchen besaßen. Aber es war kein Elb, der vor
ihm stand; Locklear spürte es in seinen Knochen.
Die dunklen Augen, die auf ihn gerichtet waren,
konnten ihre Verachtung kaum verbergen.
»Ich bin kein Abtrünniger, Mensch«, erklärte die
Gestalt in der Sprache des Königreichs, jedoch mit
deutlichem Akzent.
Sergeant Bales kam zu ihnen geritten. »Verflucht!
Ein Bruder des Dunklen Pfades. Wahrscheinlich
wollten die anderen ihn wegen einer Stammesangelegenheit töten.«
Der Moredhel bannte Locklear mit seinem Blick
und musterte ihn eine Zeit lang. »Wenn Ihr vom
Hof des Prinzen seid, könnt Ihr mir vielleicht helfen.«
»Dir helfen?«, fragte der Sergeant. »Viel eher
werden wir dich hängen, Mörder.«
Locklear hob die Hand, und der Sergeant
schwieg. »Wieso sollten wir dir helfen, Moredhel?«
»Weil ich Eurem Prinzen eine Warnung überbringen möchte.«
»Was für eine Warnung?«
»Sie ist nur für ihn bestimmt. Könnt Ihr mich zu
ihm bringen?«
Locklear blickte den Sergeanten an. »Wir sollten
ihn zum Baron bringen«, sagte dieser.
»Nein«, sagte der Moredhel. »Ich spreche nur
mit Prinz Arutha.«
»Du tust genau das, was wir sagen, Meuchler!«
Deutlich war der Hass aus Bales’ Stimme herauszuhören. Er hatte sein ganzes Leben lang gegen
die Bruderschaft des Dunklen Pfades gekämpft
und war viele Male Zeuge ihrer einfallsreichen
Grausamkeiten geworden.
»Ich kenne solche wie ihn«, sagte Locklear. »Ihr
könnt seine Füße anzünden und ihn bis zum Hals
in Brand setzen. Trotzdem wird er nicht reden,
wenn er nicht will.«
»Genau«, antwortete der Moredhel. Er musterte
Locklear erneut. »Ihr seid meinem Volk begegnet?«
»Armengar«, sagte Locklear. »Dann Hohe Burg.
Und schließlich Sethanon.«
»Es ist Sethanon, über das ich mit Eurem Prinzen
sprechen will«, erklärte der Moredhel.
Locklear wandte sich an Bales. »Lasst uns einen
Augenblick allein, Sergeant.«
Bales zögerte, aber in der Stimme des jungen
Edlen lag eine Bestimmtheit, die frei von jeder
Ehrfurcht vor dem Veteranen war; dies war ein
Befehl. Der Sergeant wandte sich ab und schickte
seine Patrouille weg.
»Fahre fort«, sagte Locklear.
»Ich bin Gorath, Anführer
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