Feist Raymond E. - Krondor Saga 01
Locklear das hörte, zögerte er keine Sekunde,
sondern hechtete förmlich durch die offene Tür.
Owyn folgte ihm auf dem Fuß.
Im Innern der Scheune befanden sich fünf
Moredhel. In der Mitte stand ein großer Tisch
mit einer Bank dahinter, von der der Magier Nago
überrascht aufsprang, als die, die er eigentlich zu
jagen glaubte, plötzlich direkt vor ihm standen.
Gorath fällte einen Moredhel mit dem ersten
Schwertstreich und nahm sich sofort den nächsten
vor, schlug wild auf ihn ein und drängte ihn zurück. Noch während der Wachposten Schritt um
Schritt zurückwich, um Goraths Angriff zu entgehen, und dabei seinen blutenden Schwertarm
umklammerte, sprang Locklear vor und tötete
den verwundeten Moredhel mit einem Hieb in
den Nacken. Jetzt hatten sie es nur noch mit zwei
Wachposten zu tun.
Owyn musterte den Moredhel-Magier, der angesichts der Beute, die er wochenlang gejagt hatte,
vor Überraschung reglos dastand. Doch als Owyn
über die Türschwelle trat, stimmte Nago einen leisen Gesang an, und der junge Magier spürte sofort
die Macht, die sich manifestierte. In dem Wissen,
dass er ohnehin nicht viel tun konnte, murmelte
Owyn den einzigen Spruch, den er ohne lange
Vorbereitung anwenden konnte – den Zauber des
Blendens, den er auf der Reise schon häufiger be
nutzt hatte.
Der Dunkelelb blinzelte überrascht;sein Gesang
geriet ins Stocken, sein Zauber verpuffte. Owyn zö
gerte einen Augenblick, dann hob er seinen Stab.
Er bemühte sich, etwas wie einen Kriegsschrei zustande zu bringen, und begann mit seinem Angriff.
Ein dünner, trillernder Laut entschlüpfte seinen
Lippen, als er an Gorath und Locklear vorbeirannte, die noch immer mit den beiden verbliebenen
Moredhel-Wachen kämpften.
Bei dem Versuch, noch dichter an den MoredhelMagier heranzukommen, rutschte Owyn plötzlich
aus und fiel hin. Der Sturz rettete ihm jedoch
das Leben, denn der tobende Nago schleuderte
einen purpurgrauen Energieblitz genau auf die
Stelle, an der sich Owyn noch einen Herzschlag
zuvor befunden hatte. So traf der Energieblitz ihn
nicht wie beabsichtigt mitten in die Brust, sondern
streifte nur den Rücken des jungen Magiers, wo
er allerdings eine Woge aus Qualen verursachte.
In Owyns Kopf begann sich alles zu drehen, und
er fühlte sich benommen. Die Muskeln in seinen
Beinen und seinem verlängerten Rücken weigerten
sich, ihm zu gehorchen. Er wehrte sich dagegen,
doch es war, als würde er von der Hüfte abwärts in
eisernen Fesseln liegen.
Schließlich rollte sich Owyn herum und sah,
dass der Magier erneut zu einem Spruch ansetzte. Owyn konnte nichts mehr tun, als seinen
Stab nach dem Moredhel zu schleudern. Wie er
erwartet hatte, duckte sich Nago zur Seite und
unterbrach seinen Zauberspruch. Der MoredhelMagier schloss die Augen, als ob er Schmerzen
hätte, und Owyn wusste, dass Nago versuchte, erneut seinen Zauberspruch zu sprechen. Owyn war
zwar noch ein Neuling, was die Magie betraf, aber
er verstand doch soviel davon, um zu wissen, dass
ein unterbrochener Zauberspruch einem Magier
Schmerzen bereiten konnte. Nago würde einige
Augenblicke der Konzentration brauchen, bevor
er seinen Gegner erneut mit magischen Mitteln
attackieren konnte.
Owyn versuchte sich zu konzentrieren, um
Nago vielleicht mit einem weiteren Zauberspruch
noch etwas länger ablenken zu können, doch seine
Gedanken schweiften immer wieder ab, verfingen
sich in einander widersprechenden Bildern. Sätze
und Konzepte, die er zuvor nicht gekannt hatte,
stahlen sich immer wieder in sein Denken, und es
war ihm trotz größter Anstrengungen unmöglich,
irgendeine nützliche Beschwörung zustande zu
bringen. Schließlich begann er an seinem Gürtel
herumzufummeln und nach einem Dolch zu suchen, um ihn auf Nago zu schleudern.
Der Dunkelelb öffnete die Augen, blickte jedoch
an Owyn vorbei – dorthin, wo die Kämpfe gerade
zu Ende gingen. Owyn rollte sich herum und sah,
wie Gorath seinen Gegner durchbohrte, während
Locklear sein Gegenüber ebenfalls zu besiegen
schien. Owyn warf einen Blick über die Schulter
zurück auf Nago und sah, dass der Magier kurz
zögerte, sich dann jedoch umdrehte und fliehen
wollte.
»Er versucht zu entkommen!«, rief Owyn, doch
seine Stimme war schwach, und er war sich nicht
sicher, ob seine Gefährten ihn verstanden hatten.
Gorath hatte ihn jedoch gehört und war mit drei
großen Schritten an ihm vorbei. Der MoredhelMagier wirbelte herum und schleuderte etwas
auf Gorath; Energiefunken blitzten rund um den
Anführer der
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