Feist, Raymond - Krondor-Saga 3
wurde, und beschloss, dass jetzt eine einfache, direkte Antwort am besten wäre. »Ja.
William trifft sich bereits seit mehreren Wochen mit Talia, Lucas’ Tochter.«
»Das ist gut«, sagte Jazhara. »Ich hatte schon befürchtet, er würde immer noch …«
Als sie verstummte, ergänzte James: »In Euch verliebt sein?«
Als sie antwortete, sah sie James dabei nicht an. »Ich glaube, vernarrt wäre das bessere Wort. Ich habe einen Fehler gemacht, und …«
»Hört, es geht mich nichts an«, sagte James. »Wenn Ihr also nicht darüber sprechen wollt, ist das völlig in Ordnung.«
»Nein. Ich möchte, dass Ihr etwas versteht.« Sie blieb stehen, und er wandte sich um, um sie anzusehen. »Denn ich glaube, Ihr seid sein Freund.«
»Das bin ich«, sagte James. Er war so etwas wie ein Mentor für William gewesen, seit der in Krondor angekommen war.
»Und ich würde es begrüßen, wenn wir auch Freunde werden könnten.«
James nickte. »Das würde ich ebenfalls begrüßen.«
»Nun, Ihr wisst, dass William ein Junge war, der sich, als er erst einmal alt genug war und anfing, sich für Frauen zu interessieren, jahrelang in meiner Nähe aufgehalten hat.
Ich bin ein paar Jahre älter als er, und mir kam er vor wie ein eifriger Junge, nichts weiter.« Sie hielt inne und starrte die Straße entlang, als würde sie sich an etwas erinnern, das nicht leicht zu erzählen war. Auch James stand reglos da. »Ich habe eine Beziehung mit einem älteren Mann angefangen, einem von meinen Lehrern. Es war nicht besonders klug. Er war ein Keshianer, genau wie ich, und er teilte viele meiner Überzeugungen, was die Magie und ihren Gebrauch anging. Wir sind in diese Beziehung hineingerutscht, ohne dass wir sonderlich viel dafür getan hätten.
Unsere Affäre wurde … unangenehm, denn meine Familie hätte solch einer Liaison niemals zugestimmt, und statt mir etwas vorzuschreiben, ließ mein Großonkel meinem Liebhaber ausrichten, dass er die Beziehung zu mir beenden sollte.« Sie begann, sich wieder langsam in Bewegung zu setzen, als ob es ihr helfen würde, ihre Gedanken zu sammeln. James schritt neben ihr her. »Er hat mich abgewiesen und Stardock verlassen und ist ins Kaiserreich zurückgekehrt.«
»Gewiss aber versehen mit einer kleinen Belohnung.«
»Mindestens. Vielleicht wollte er mir nur eine Konfrontation mit meinem Vater ersparen, aber vielleicht hatte er auch Angst – der Arm meines Großonkels ist sehr lang; er reicht sogar zu einem Ort wie Stardock.«
»Und?«, hakte James nach.
»William war da. Ich war verletzt und verschreckt und fühlte mich allem, und William war da.« Sie schaute James an. »Er ist ein liebenswerter junger Mann, ehrenhaft und freundlich, stark und leidenschaftlich, und ich habe mich im Stich gelassen gefühlt. Er hat mir geholfen …« Ihre Stimme verklang.
James zuckte die Schultern. »Und was dann?«
»Nach einer Weile habe ich gemerkt, dass es genauso falsch für mich war, seine Geliebte zu sein, wie es für meinen Lehrer falsch gewesen war, mein Geliebter zu sein.
William war der Sohn eines Herzogs, ihm war ein anderes Schicksal bestimmt, und ich … habe ihn benutzt.«
James unterdrückte den spöttischen Spruch, der ihm unverzüglich einfiel – dass das ja wohl nicht die schlimmste Art war, wie man benutzt werden konnte.
Stattdessen sagte er: »Nun, er wollte … ich meine …«
»Ja, aber ich war älter und hätte die Probleme sehen müssen, die kommen würden. Deshalb habe ich unsere Affäre beendet. Ich fürchte, ich habe seine Entscheidung, Stardock zu verlassen und nach Krondor zu kommen, dadurch ein bisschen beeinflusst.«
Sie bogen in eine Straße ein und gingen auf eine Schenke zu, über deren Eingangstür ein Schild mit einem großen Papagei mit regenbogenbunten Federn prangte.
»Nun, ich kenne Will jetzt schon einige Zeit«, sagte James schließlich. »Nach dem zu urteilen, was er mir gesagt hat, wollte er schon immer Soldat werden, auf die eine oder andere Weise. Schon sein ganzes Leben lang.«
Jazhara wollte auf diese Worte etwas erwidern, aber bevor sie dazu kam, zog James sein Schwert und sagte:
»Nehmt Euch in Acht!«
Sie packte ihren Stab fester und eilte hinter ihm her. Sie sah, dass die Tür zur Schänke ein Stück weit offen stand und dass vor dieser Tür ein toter Soldat lag. Und jetzt konnte sie auch die Kampfgeräusche hören, die aus dem Innern nach draußen drangen.
James trat die Tür weit auf und sprang mit einem Satz durch die Öffnung. Jazhara
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