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Feldpostnummer unbekannt

Feldpostnummer unbekannt

Titel: Feldpostnummer unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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von unten herauf, »der Hirn und Mumm zeigte … oder?«
    »Was weiß ich«, versuchte Thomas Kleebach über die untaugliche Oberfläche zu rutschen.
    »Sehen Sie doch«, fuhr der Rübenkopf fort, »schauen Sie sich doch diese lange blau-rote Zunge an, das Grinsen im Gesicht …«, er atmete schwer und schwankte leicht mit dem Oberkörper dabei, »der lacht uns ja noch aus …! Und er hat recht … weil …«
    Thomas Kleebach nahm den Unteroffizier an der Hand und zog ihn aus dem Keller. Er betrachtete ihn von der Seite. Der Mann gefiel ihm nicht. Seit Tagen schon. Seit der letzten Postverteilung. Sonst war Putzke ein ruhiger, stiller Bursche, und jetzt machte ihn der Neid auf den toten Selbstmörder fast wahnsinnig.
    »Stimmt was nicht … zu Hause?« fragte der junge Offizier.
    Rübenkopfs Gesicht zuckte. Er setzte sich auf einen Steinhaufen. Thomas Kleebach haute sich neben ihn, zog eine zerkrümelte Zigarette aus der Tasche, brach sie auseinander und gab ihm die Hälfte.
    »Nee …«, brummelte der Unteroffizier und sah an Thomas vorbei, »alles in Ordnung zu Hause … Prima, bestens …! Schwester im Bombenschutt, Mutter im Krankenhaus, Vater allein … und die Alte, dieses … dieses …«, er sprach, als hätte er über den Satz so lange nachgedacht, daß ihn seine Lippen schon selbständig formten, »ist im Luftwaffen-Erholungsheim Kitzbühel … mit 'nem jungen Fliegeroffizier …«
    »Bißchen viel auf einmal …«, Thomas nickte mit schwerem Kopf. »Wird sich schon geben …«
    Dann dachte er an Luise und an seine Eltern, und er verglich sein persönliches Geschick mit dem des Rübenkopfes, und jetzt beneidete er den Unteroffizier, wie dieser zuvor den langen Maier, denn es stirbt sich verdammt viel leichter, wenn es zu Hause drunter und drüber geht, als wenn sie auf einen warteten und bis zuletzt hofften, und noch darüber hinaus …
    »Diese … diese Dirne! Diese Schlampe!« Putzke kaute schwer an den Worten. »Ich möchte einmal noch nach Hause kommen, bloß für zehn Minuten … um mit ihr abzurechnen … sonst gar nichts …«
    »Sei doch froh, daß du sie los bist«, antwortete der Kompanieführer, betont leicht, und ging zu seinem Gefechtsstand zurück.
    Es gelang ihm wieder, seine Gedanken so abzuschalten, wie er es seinen Leuten beizubringen versuchte. Denn sie sollten geduldig hintereinander anstehen und auf den Tod wie auf einen überfüllten Omnibus warten, statt sich in wilder Panik hineinzudrängen.
    »Oberstleutnant Tollsdorf!« meldete ein Vorposten.
    Der Kommandeur kam ganz allein, wie es seine Art war, schon von weitem zu sehen, die große, hagere Figur mit dem Vogelkopf, so lässig durchs Gelände latschend, daß er den Russen ein Ziel bot, und deswegen jeden seiner Leute zusammengebrüllt hätte, die Feldmütze schräg auf dem Kopf, mit leicht angewidertem Gesicht über Tote, Trümmer, Schutt und Ratten gehend, wie mit Handschuhen, die er sich über sein Bewußtsein gezogen hatte. Er trug einen zerschlissenen Lederpaletot und ein kaltes Lächeln zur kalten Pfeife im Mund. Er nickte den Landsern zu und fragte, als hätte er ein Extraschicksal: »Na, wie geht's?«
    Keiner gab ihm eine Antwort.
    »Gesprächig seid ihr nicht«, brummelte der Oberstleutnant. Dann ging er auf Leutnant Kleebach zu, der ihm statt Meldung zu machen bloß zunickte und dann spöttisch fragte: »Bringen Sie mir Verpflegung oder Munition, Herr Oberstleutnant?«
    »Nee«, feixte der Vogelkopf über dem Ledermantel. Dann griff Tollsdorf in die Tasche, kramte etwas hervor und drückte es Thomas in die Hand. »Ich bringe Ihnen die Beförderung zum Oberleutnant, Kleebach«, sagte er huldvoll und überreichte ihm die Schulterstücke mit dem Stern, die er weiß Gott wo aufgetrieben hatte.
    Dem jungen Offizier fehlte das Verständnis für das Makabre. »Was soll ich damit?« fragte er gereizt.
    »Von mir aus fressen Sie die Schulterstücke«, versetzte Tollsdorf lächelnd, »falls Sie Hunger haben sollten …« Dann sah auch er einen Moment ins Leere. Sein Blick glitt über die deutsche Stellung, von da hinüber zu den Russen. Seine gute Laune erfuhr eine kurzfristige Eintrübung, und er schnitt eine Grimasse. »Schade, Kleebach«, sagte er, »ich hätte Sie gerne mit Ihrem Sauhaufen noch in dieser Stellung gelassen … aber ich brauche ihn für Spezialaufgaben … zur Aufrechterhaltung der Ordnung, als 'ne Art Feldpolizei … erschrecken Sie nicht, Meister …« Er steckte seine kalte Pfeife

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