Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)
eingestehen, werden wir nie …« Er stockte. »… werden wir es nie schaffen.«
Jeb folgte dem Blick seines Großvaters. Auf einem Weg in der Nähe des Clubs stand eine elegant gekleidete alte Dame, die das Wettsegeln beobachtete.
Auf der Terrasse, ein paar Schritte von den beiden Tempests entfernt, packte Henry seinen Bruder Will am Arm. »Da drüben steht Felicitys Großmutter«, sagte er stirnrunzelnd. »Dort, am Steg, wo das Postboot liegt. Die wollte doch eigentlich längst weg sein, oder … Die Frau ist mir unheimlich.« Sie wirkte angespannt.
»Na ja, es interessiert sie eben, wie Felicity sich schlägt, das ist doch nichts Besonderes, oder?«
»Hmm.« Henry klang nicht überzeugt. Die alte Dame schien sich nicht darüber zu freuen, dass Felicitys Boot vorne lag. Ja, sie schien sogar außer sich zu sein vor Zorn. Ihre feinen Züge waren verzerrt, ihre Hände zuckten, als könnte die Frau es kaum aushalten, so untätig zuzusehen. Zuletzt ballte sie nur noch zutiefst frustriert die Fäuste.
Judy sah hoch zu dem Wimpel am Mast. Er zeigte vom Großsegel weg. Sie wurde blass.
»Der Wind hat sich gedreht«, schrie sie und blickte ängstlich über das Wasser. Sie rasten jetzt nur so dahin vor dem Wind. »Wir treiben leewärts ab!«
Felicity lächelte fröhlich vor sich hin. Sie verstand nicht, was Judys Worte zu bedeuten hatten, und kriegte nicht einmal mit, dass ihre Steuerfrau gerade in Panik verfiel.
»Das Großsegel ist auf der falschen Seite, so wie der Wind jetzt bläst«, sagte Judy barsch. Ihre gute Laune war verflogen. »Wir legen gleich eine Patenthalse hin!«
Felicity runzelte die Stirn. »Na und?«, fragte sie.
»Na und, na und?« Judy fuchtelte wild mit der Hand. »Weißt du überhaupt, was du da redest? Wir könnten über Bord gehen!«
»Schau dir die Makepiece an: Die dreht durch.« Miranda Blakes höhnische Stimme schallte übers Wasser. »Pass auf, gleich fängt sie an zu flennen so wie das letzte Mal, als sie gekentert ist. Und bestimmt macht sie sich wieder vor Angst in die Hose.«
»Reg dich nicht auf, alles wird gut«, sagte Felicity sanft. Sie legte ihre Hand auf die von Judy, die das Ruder führte; sie sah, dass das Mädchen vollkommen verängstigt war, und wollte es beruhigen. Aber in diesem Augenblick fuhr eine heftige Böe ins Segel. Judy schrie auf.
Der Großbaum schwang übers Boot auf die andere Seite. Ohne nachzudenken, tauchte Felicity darunter durch, steckte die nackten Füße durch die Halteschlaufen und lehnte sich akrobatisch weit hinaus über die Bordwand, um durch ihr Körpergewicht die Wucht, mit der das Segel auf die gegenüberliegende Seite knallte, zumindest teilweise abzufangen. Als der Mast sich wieder aufrichtete, kehrte Felicity ebenso flink ins Innere des Boots zurück.
Jeb Tempest war nicht entgangen, dass die alte Dame zuerst boshaft lächelte und dann finster die Stirn runzelte. Beeindruckt von Felicitys Bravourstück, machte er seiner Begeisterung lautstark Luft: »Schau dir das an: Sie hat keine Sekunde lang gezögert – legt sich raus und hält das Boot in der Waage! Vollkommen furchtlos!« Er drehte sich grinsend nach seinem Großvater um.
Isaac lächelte stolz. »Und dann hat sie instinktiv genau im richtigen Moment ihr Gewicht wieder zurückverlagert. Ich hab es dir ja gesagt: Es liegt ihr im Blut.«
Die beiden beobachteten das mutige junge Mädchen dort draußen: Ihr braunes Haar flog im Wind, ihre Wangen waren leicht gerötet. Jeb warf Felicitys Großmutter einen triumphierenden Blick zu. Die alte Dame kochte offensichtlich vor Wut.
»Mann«, sagte Percy zu seinem jüngeren Bruder. »Deine Kleine hat echt Mumm.«
Henry starrte fasziniert zu dem Boot hinaus. »Sie ist nicht meine Kleine«, sagte er automatisch. Mrs Blake stampfte zornig an ihm vorbei. Er bedachte sie mit einem strahlenden Lächeln.
Felicity schaute sich um: Es war noch einmal gut gegangen. Und sie lagen immer noch in Führung. Wunderbar – sie war ganz glücklich. Aber ihre Freude dauerte nur einen kurzen Moment: Judy Makepiece öffnete die Augen und sah, dass sie nicht gekentert waren. Doch im selben Moment wurde ihr bewusst, dass Felicity sie gerettet hatte – was für eine Demütigung! Ihre Erleichterung schlug in blanken Zorn um.
»Was zum Teufel bildest du dir ein, so eine angeberische Show abzuziehen?«, schrie sie. »Du hältst dich wohl für was ganz Besonderes.«
Felicity war völlig verwirrt, sie wusste überhaupt nicht, wie ihr geschah. »Ich hab das
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