Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)
wandte sich zornig von ihm ab und schickte die Leute nach Hause.
Am frühen Morgen las Jasper schon zum fünfzehnten Mal ein und dieselbe Zeile in seinem Buch. Er trank noch einen Schluck Wasser und blinzelte mehrmals. Er widerstand der Versuchung, sich die Augen zu reiben. Der Stuhl, auf dem er saß, war hart und unbequem, aber er wagte nicht, sich aufs Bett zu setzen.
Daniel Twogood war gegangen, und Jasper konnte nicht aus Wellow weg, bevor es hell wurde. Also hielt er in seinem sauberen, aber kahlen Zimmer Wache und wartete, bis die Sonne aufging. Dann wollte er die lange Reise ans andere Ende der Welt antreten.
»Verstehen Sie, warum Sie die Maschine wieder fortschaffen müssen?«, hatte Daniel Twogood gefragt.
Jasper hatte genickt. »Und dieses Mal muss sie irgendwo versteckt werden, wo sie nie jemand wiederfinden wird.«
In Gedanken versunken, hatte Mr Twogood bewundernd die glatte Oberfläche der Glaskugel gestreichelt. Dann war ihm plötzlich wieder bewusst geworden, was für eine schreckliche Verantwortung die Sturmmaschine seiner Familie aufgeladen hatte, und er hatte die Hand weggezogen.
Jasper stand auf und ging über die verzogenen alten Bodendielen zu dem winzigen Fensterchen. Er öffnete es und sog die frische Luft ein. Sein Blick wanderte über die Straße und plötzlich stutzte er überrascht: Jemand ging dort unten auf dem Pflaster. Wer trieb sich um diese Zeit auf der Straße herum? Seine Verwunderung wurde noch größer, als die Gestalt vor dem Haus, in dem sich Jasper eingemietet hatte, stehen blieb, zum Fenster hinaufblickte und ihm Zeichen machte, ihr die Tür zu öffnen.
Neunzehntes Kapitel
D
er Samstag begann so schön und heiter, wie die Nacht zuvor unfreundlich und stürmisch gewesen war. Es war ein Morgen voller Verheißung, aber der Tag sollte nicht allen Bewohnern von Wellow das Glück bringen, das das herrliche Wetter versprach.
Im Haus der Familie Gallant öffnete Felicity die Augen und sah sich umgeben von den Rosen auf der Tapete. Obwohl die Vorhänge zugezogen waren, wusste sie, dass es noch sehr früh war. Der Tag brach gerade an und die Vögel im Baum vor ihrem Fenster zwitscherten um die Wette.
Sie lag eine Weile da und dachte mit schlechtem Gewissen an ihren Streit mit Henry und Martha. Dann zog sie sich an, steckte die glatte Holzkugel ein und schlich sich leise aus dem Haus. Die Stadt schlief noch. In wenigen Minuten gelangte sie zum Haus der Twogoods, wo sie Steinchen gegen Henrys Fenster warf.
Er öffnete ihr im Schlafanzug. »Hast du schlecht geschlafen?«, fragte er und rieb sich die Augen.
Felicity nickte und folgte ihm in die Küche.
Er stellte den Wasserkessel auf die Herdplatte. »Bestimmt hast du vor lauter Kummer darüber, dass du dich mit deinem superklugen und sympathischen Freund gestritten hast, kein Auge zugetan, oder?«
Felicity grinste erleichtert – Henry war ihr offenbar nicht böse. »Wahrscheinlich«, sagte sie. »Tut mir leid.«
»Ist schon in Ordnung.« Henry tat Teeblätter in die Kanne. »Du hast es wirklich nicht leicht zurzeit.«
Felicity warf ihm einen dankbaren Blick zu. »Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde.«
»Du wärst wahrscheinlich in einer ganz schrecklichen Verfassung«, sagte Henry mit gespieltem Ernst.
Felicity musste lachen.
»Wollen wir segeln gehen?«, schlug er vor. »Wir könnten Martha mitnehmen, die hat in ihrem ganzen Leben wahrscheinlich noch nie in einem Boot gesessen.«
Das war genau das, was Felicity jetzt brauchte. Ein paar Stunden draußen auf dem Wasser, wo sie ihre Sorgen vergessen konnte. Wenn sie nur daran dachte, konnte sie die salzige Brise fast riechen.
»Wir haben inzwischen bestimmt so ziemlich jedes Buch gelesen, in dem deine Großmutter und die Gentry vorkommen«, fuhr Henry fort. »Na ja, Martha jedenfalls. Das kann auf die Dauer nicht guttun, immer nur Papier.«
»Ein freier Vormittag sollte drin sein«, meinte Felicity. Und vielleicht kam ihr bei der Gelegenheit doch noch eine Idee, was sie mit ihrem Vater anstellen könnte? Die Großmutter würde zwar Gift und Galle speien, aber das musste Felicity eben in Kauf nehmen.
Henrys Mutter kam in einem gesteppten Morgenmantel herein, Lockenwickler in den Haaren. »Meine Mama gibt uns bestimmt belegte Brote mit«, sagte Henry.
»Ah, ihr macht einen Ausflug?«, sagte Mrs Twogood heiter. »Das ist gut, dann kriegt ihr wieder ein bisschen Farbe im Gesicht.«
Die Farbe von Mrs Usages Gesicht war ein bleiches Grau. Stöhnend hob
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