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Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und Das Auge des Sturms (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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heiser und beugte sich weit vor, »werden wir die Gentry wieder zum Leben erwecken. Aber dieses Mal« – sie unterstrich ihren Satz mit einer schwungvoll triumphierenden Armbewegung – »werden die Usages an ihrer Spitze stehen.« Villainous schluckte nervös. »Und solche Leute wie die Gallants werden sich hübsch bescheiden ganz hinten anstellen«, fügte sie hasserfüllt hinzu.
    »Das ist erst der Anfang«, wiederholte ihr Sohn ängstlich.
    Endlich war der große Tag da und alle Vorbereitungen waren getroffen. Am Abend stand Villainous vor dem winzigen Spiegel in der Hütte und bewegte ruckartig den Kopf auf und ab, um die zahlreichen blinden Flecken auf dem Glas zu überlisten und wenigstens annähernd einen Eindruck davon zu gewinnen, wie er aussah. Sein Magen befand sich in wildem Aufruhr, aber er achtete nicht darauf. Heute sollte sich sein Schicksal endlich wenden, heute würde er sich ein für alle Mal den Respekt seiner Mutter verdienen und die Familienehre wiederherstellen. Er strich über sein blaues Hemd, das er extra gebügelt hatte, dann zog er den alten Mantel seines Vaters an. Er wollte eine gute Figur machen.
    Es klopfte an der Tür. Villainous stieg hastig die knarzende schmale Treppe hinunter und öffnete. Eine ärmlich gekleidete Frau mit einem harten Gesicht schlüpfte ins Haus.
    Sie zog ein Segeltuchköfferchen unter ihrem Umhang hervor. »Wahrscheinlich dauert es nicht lang, bis er bemerkt, dass es nicht mehr da ist. Er lässt es fast nie aus den Augen. Es war ganz schön schwierig, das blöde Ding zu klauen, das kannst du mir glauben.«
    Villainous ließ einen Beutel mit Geld in ihre hingestreckte Hand fallen. »Mehr gibt’s nicht«, sagte er.
    Die Frau runzelte die Stirn. »Ich sag dir nur: Beeil dich, ich möchte den Mann nicht als Mieter verlieren. Er zahlt immer pünktlich.«
    Villainous öffnete den Kasten. Er nahm die Glaskugel heraus, hob sie hoch und betrachtete die Flüssigkeiten, die darin wirbelten. Dieses Instrument in den Händen zu halten, gab ihm ein Gefühl von Macht – kein Wunder, wenn man bedachte, wie viele Menschenleben es vernichten konnte. Ein Zweifel flackerte in ihm auf, aber er schob ihn beiseite.
    »Um Mitternacht kriegst du es wie vereinbart zurück«, sagte er.
    Die Frau warf ihm einen gereizten Blick zu. »Spätestens Mitternacht«, knurrte sie.
    Die Usages stiegen langsam zur Klippe über der Soul Bay hinauf. Mrs Usage schnaufte heftig vor Anstrengung. Sie musste immer noch lachen, wenn sie daran dachte, was für ein naiver Trottel Jasper war.
    »Hat der sich tatsächlich eingebildet, das Ding wäre hier in Wellow sicher?« Sie kicherte hämisch.
    »Du hast damals gesagt, dort, wo die Twogoods die Sturmmaschine hingebracht haben, muss es ganz schön heiß sein, so braun gebrannt, wie die wieder heimkamen. Ich hatte es nicht vergessen.« Villainous nickte stolz. »Als ich Simnel und diesen Mann davon reden hörte, ist es mir sofort wieder eingefallen.«
    »Das hast du prima gemacht«, sagte seine Mutter.
    Sie waren jetzt fast ganz oben. Der Anführer der Truppe, die Villainous angeheuert hatte, erwartete sie schon. Villainous reckte sich zu voller Größe auf, bevor er die Befehle erteilte. Der Mann nickte knapp nach jedem einzelnen Punkt, dann machte er sich auf den Weg hinunter zum Strand. Villainous atmete auf. Die Sache war gar nicht so schwierig, alles lief wie geplant. Er würde es schon schaffen.
    Eine halbe Stunde später stand er oben auf der Klippe und blickte beklommen auf die schreckliche Szene, die sich vor der Küste abspielte: Die Lady Olivia stampfte und schlingerte wild in der aufgewühlten See, sie erinnerte an ein angeschossenes Tier, das sich in Krämpfen wand. Ein heulender Wind fegte landeinwärts riesige Wellen vor sich her, die donnernd gegen die Klippen peitschten. Und durch das Brausen des Sturms gellten die verzweifelten Schreie der Seeleute dort draußen auf dem Schiff, die den Tod vor Augen hatten.
    Die wenigen Passagiere, die an Bord waren, hatte es nicht in ihren Kabinen gehalten. Sie kauerten an Deck und klammerten sich fest, so gut es nur ging, um nicht in die tobende See gespült zu werden. Man hörte sie jammern und beten.
    Die Menschen auf dem Schiff sahen das Ufer grausam nahe vor sich, und doch schien es, als könnte nichts sie mehr retten. Die Strandräuber warteten mit steinernen Gesichtern, sie kannten kein Erbarmen.
    Ungeheure Wellen stürzten aufs Deck und flossen mit einem mächtigen Sog, der alles und jeden

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