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Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)

Titel: Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Welsh
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wieder aufgetaucht.« Sie stöhnte leise auf vor Schmerz, als sie ihren Fuß aus dem Riss herauszog. Sie hatte sich den Knöchel verstaucht.
    Martha hakte sich bei ihr ein, um sie zu stützen. Auch Henry bot ihr seinen Arm an, aber sie winkte ab. Die Geste fiel ein bisschen heftiger aus, als sie eigentlich wollte, doch Henry tat sein Bestes, sich die Kränkung nicht anmerken zu lassen.
    Etliche Kinder schoben sich nach vorn, um die Erdspalte aus der Nähe zu betrachten, während einige Mädchen, allen voran Charlotte Chiverton, unter großem Getue immer wieder beteuerten, sie könnten gar nicht hinschauen vor lauter Entsetzen.
    Dann tauchte die unverwechselbare Gestalt von Povl Usage auf. »Was ist denn hier passiert?«, fragte er und beäugte mit dümmlichem Gesichtsausdruck das eingesunkene Stück Boden. »Offenbar verursacht die Trockenheit diesen Sommer überall Erosion, wirklich schrecklich.« Er musterte Felicity besorgt. »Du bist doch hoffentlich nicht verletzt?«
    Auch das noch! Felicity verkniff sich ein Seufzen. Sicher, der Lehrer meinte es gut, aber sie wusste, dass sein Auftritt Miranda nur noch weitere Munition liefern würde.
    Sie sah, wie dieser bösartige Gnom hinter vorgehaltener Hand etwas flüsterte. Einige der Kinder um sie herum kicherten hämisch.
    Felicity biss die Zähne zusammen, entschlossen, Povl Usage abzuwimmeln. »Mir ist nichts passiert«, sagte sie mit höflichem Lächeln.
     
    In den folgenden Wochen sprang der Boden in Wellow überall auf wie die Schale eines Eis zwischen den Kiefern einer Schlange. Auf jeder Straße, jedem Weg entstanden Risse. Es war, als hätte die Stadt dem anhaltenden Druck, den die Erdhexe ausübte, keinen Widerstand mehr entgegenzusetzen. Die Erde verlor alle Festigkeit, sie zerbröselte praktisch unter den Füßen der Einwohner. Die lange Sommerhitze sei daran schuld, erklärten die Behörden, die vielen Wochen mit hohen Temperaturen und ohne Regen.
    Es dauerte nicht lang, bis auf nahezu allen Straßen irgendwelche Reparaturarbeiten im Gang waren. Und sämtliche Leute waren damit beschäftigt, auf den Baustellen mit Hand anzulegen oder in Sitzungen über immer neue Reparaturarbeiten zu beraten oder den Dreck und die Unordnung zu beseitigen, die durch Erdaufbrüche und Bodensenkungen entstanden.
    Auch in der Schule mussten fast täglich Handwerker anrücken, um Schäden zu beheben. Ein Teil des Pausenhofs war mit Bändern abgesperrt, weil der Boden so brüchig war, dass man um die Gesundheit der Schüler fürchtete.
    »Sieht ganz so aus, als hätte die Erdhexe mehr mit der
Herrin
gemeinsam als mit Alice«, bemerkte Henry, während er und Martha sich einen Weg über das mit Löchern und Trichtern übersäte Gelände vor der Bibliothek suchten, wo sie mit Felicity verabredet waren.
    Martha nickte. »Deswegen wollte Alice Felicity wahrscheinlich warnen.« Sie stöhnte genervt und sprang über eine besonders weite Erdspalte.
    »Na ja, vielleicht wäre die Sache nur halb so schlimm, wenn der ganze Untergrund hier nicht durchlöchert wäre wie ein Schweizer Käse, nur weil Felicitys Großvater in seinem Drang nach Ruhm und Gold unbedingt dieses Tunnelsystem haben wollte«, sagte Henry.
    »Und wer hat die Geheimgänge gebaut?«, fragte Martha spitz. »Niemand anders als die Twogoods, diese genialen Ingenieure.« Sie runzelte finster die Stirn. »Ehrlich gesagt finde ich, dass diese miese Stimmung, die sich überall breitmacht, am schwersten zu ertragen ist.«
    Henry verzog das Gesicht. »Das kann man wohl sagen. Meine Mutter ist gestern an die Decke gegangen, bloß weil ich einen winzigen Krümel Dreck in ihre frisch geputzte Küche getragen habe. Sie hat sich aufgeführt, als wäre die ganze Sahara in ihr Haus eingebrochen, das sie grade erst mühsam sauber gemacht hatte.«
    »Die Leute kriegen auch nicht genügend Schlaf, glaube ich«, sagte Martha. »Jede Nacht höre ich meinen Vater umherirren.«
    Die beiden gelangten zum Eingang der Bibliothek. Vor der Tür lag weißer Sand, den der Wind angeweht hatte. »Ich hab das Gefühl, es wird täglich mehr«, seufzte Martha.
    Sie traten ein. Wie immer war ihnen plötzlich zumute, als wäre die Welt draußen ganz weit weg.
    Felicity saß auf einem Hocker in der Abteilung, in der die Nachschlagewerke standen. Sie trug ihren cremefarbenen Lieblingspulli und einen schwarzen Samtrock, der schon ein bisschen kurz war. »Ich suche mehr über die Erdhexe«, sagte sie. »Ich kann einfach nicht glauben, dass das bisschen

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