Felicity Gallant und das steinerne Herz (German Edition)
so auffiel, dass sie nicht mehr passten. Sie hob ein rotes Sommerkleid aus dem Karton. Man konnte es mit einem leichten, gehäkelten Jäckchen kombinieren. Poppy probierte ein sehr schönes Kleid aus blassblauem Samt, der wunderbar weich fiel und perfekt zu ihrer Augenfarbe passte.
Sie half Felicity geschickt in einen neuen roten Mantel, drapierte kunstvoll den flauschigen schwarzen Schal und reichte ihr den dazu passenden Hut. Sie selbst trug bereits ihren marineblauen Mantel, der ihr ausgezeichnet stand. »Wir werden die bestangezogenen Mädchen der ganzen Schule sein«, rief sie. Ihre Augen funkelten.
»Eure Mutter hat wirklich sehr hübsche Sachen ausgesucht«, sagte Rafe.
Felicity und Poppy verstanden den Wink und liefen zu ihr, um sich zu bedanken.
»Ich fand die Qualität bei Wickham dieses Mal gar nicht so übel«, bemerkte Anne. »Früher gab es da immer nur minderwertigen modischen Schnickschnack.«
Felicity biss sich auf die Lippen. Sie glaubte nicht, dass die neue Einstellung ihrer Mutter etwas mit einem geänderten Warenangebot zu tun hatte, dafür war wohl eher Rafes Charme verantwortlich. Sie warf ihrem Großvater einen Blick zu. Er reagierte mit einem Augenzwinkern.
Schließlich waren nur noch die Geschenke ungeöffnet, die Felicity für ihre Familie ausgesucht hatte. Sie machte sich Sorgen, dass sie nach der großen Bescherung ein bisschen mickrig wirken könnten.
Poppy machte als Erste ihr Päckchen auf. Es kam ein Buch über Schauspielerei zum Vorschein, auf das Poppy in der Buchhandlung vor Wellow jedes Mal sehnsüchtige Blicke geworfen hatte. »Das wollte ich immer schon haben«, rief sie und drückte Felicity ganz fest.
Für Olivia hatte Felicity ein kleines Spielzeugboot gekauft, das man in der Badewanne schwimmen lassen konnte. »Vielleicht wird sie eines Tages auch mal so eine große Seglerin wie du«, sagte Poppy.
Ihre Mutter bekam ein hübsches Väschen aus einer Töpferei, die sie besonders gerne mochte, und ihrem Vater schenkte Felicity das Gleiche wie ihrem Großvater: ein Foto, auf dem Tom als Baby zusammen mit Rafe zu sehen war. »Miss Cameron hat das Bild in der Bibliothek gefunden«, erklärte sie. »Ich habe Abzüge machen und sie rahmen lassen.«
Anne schaute auf die Uhr. »Es ist bald Zeit zum Essen. Kann ich mich vielleicht in der Küche nützlich machen?«, fragte Anne.
Rafe blickte überrascht auf. »Essen? Ach ja, stimmt«, sagte er.
Poppy fiel die Kinnlade hinunter. Felicity bemühte sich, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Hatte Rafe etwa vergessen, sich um das Essen zu kümmern?
Aber ihre Sorge war unbegründet. Rafe hatte zwar dem Personal freigegeben, aber die Weihnachtsgans, schön gefüllt mit Aprikosen, briet bereits in der Backröhre, und alles Übrige konnte die Familie mit vereinten Kräften in kurzer Zeit selbst zubereiten. Die Köchin hatte dafür gesorgt, dass alles da war, was sie brauchten. Neben den Zutaten für Maronenpüree und Brotsoße waren in der Speisekammer verschiedene Vorspeisen und ein großer Weihnachtspudding mit Sahne zu finden.
Felicity und Anne putzten und schnitten Gemüse, das Poppy dann genau richtig salzte und kochte. Rafe deckte den Tisch, dekantierte den Rotwein und machte die Soße zum Braten. Sie plauderten und lachten, während Tom mit Olivia spielte. Felicity fand, dass sie noch nie ein so unbeschwertes Weihnachtsfest erlebt hatte.
Als alles fertig war, setzten sie sich, stießen auf ein fröhliches Weihnachten an und genossen die Köstlichkeiten. Nach der gemeinsamen Arbeit schmeckte es allen nur noch besser.
Später spielten Felicity und Poppy Karten, Olivia hielt im oberen Stockwerk ihr Mittagsschläfchen. Tom und Rafe waren in ihren Sesseln eingeschlummert. Es läutete an der Tür.
»Ich mach auf«, sagte Poppy und ging hinaus. Kurze Zeit später kam sie zurück. »Es ist Jeb Tempest.« Ihre Augen funkelten spöttisch.
Felicity wurde ganz schwummrig im Magen. »Wirklich?«
»Wie er leibt und lebt.« Poppy lächelte wissend.
»Was gibt’s da zu grinsen?«, sagte Felicity. Es kam ein bisschen barscher heraus, als sie beabsichtigt hatte.
Als sie zur Tür kam, fiel ihr sofort auf, dass Jeb irgendwie anders aussah als sonst. Sie senkte den Blick – seine Stiefel waren auf Hochglanz poliert.
»Fröhliche Weihnachten«, sagte er schüchtern. Er hielt ihr ein Päckchen hin.
Felicitys Herz klopfte stärker. Sie öffnete das Geschenk. Darin lag ein Glücksbringer, ein winziges, hölzernes
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