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Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman

Titel: Felidae 3 - Cave Canem: Ein Felidae-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirinçci
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konkrete Eingabebefehle enthielt. Aus reiner Langeweile blätterte ich ein bißchen darin herum. In der Tat, wenn man keiner geregelten Arbeit nachging oder so gesellig war wie Dr. Hannibal Lecter, konnte einem diese Kommunikation der autistischen Art hübsche Kurzweil bieten. Es waren die kuriosesten Dinge möglich. Zum Beispiel konnte man durch das Kommando »traceroute« quasi auf einer Spinnennetzgrafik den weltweiten Weg und die einzelnen Stationspunkte der abgesandten Information abbilden lassen. Oder die Anwendung »talk«, mit der zwei Benutzer sich wie beim Telefonieren, allerdings schreibend, direkt miteinander unterhalten konnten. Ja, das Kommando »finger« vermochte sogar über die E-Mail-Adresse eines Benutzers dessen Wohnsitz herauszubekommen, falls dieser vorher sein Einverständnis ...
    Ein künstlicher Glockenton erklang. Als ich auf den Monitor schaute, winkte dort heftig die rote Signalfahne eines amerikanischen Briefkastens in Cartoonmanier. Ich hatte eine E-Mail bekommen! Der Name Neptun erschien oben links als Hinweis auf den Absender. Durch das Anklicken des entsprechenden Felds brachte ich die Botschaft unverzüglich auf den Schirm. Und wurde ebenso unverzüglich von Herzrhythmusstörungen heimgesucht, als ich die ersten Sätze las.
     
     
    Hallo, lieber Francis!
     
     
    Ich dachte schon, Du würdest dich nie bei mir melden ...

 
     
     
     
    6. Kapitel
     
     
    Neptun schien die Liebenswürdigkeit eines Hais zu besitzen und die Offenheit einer Spinne im Netz. Ein anscheinend körperloses Wesen in einem elektronischen Flechtwerk von unvorstellbarer Komplexität. Die Botschaft, die das Phantom mir zukommen ließ, verriet in der Tat rein gar nichts über seine Identität, seinen Aufenthaltsort, ja nicht einmal über seine biologische Zugehörigkeit. Aber vielleicht würde das alles ja noch kommen. Man möge sich meinen Schrecken vergegenwärtigen, als er - bleiben wir wegen des eindeutigen Geschlechts des römischen Meeresgottes Neptun einstweilen in der Männlichkeitsform - meine Tarnung so überraschend und flott aufgedeckt hatte und mich wie einen alten Kumpel begrüßte.
    Der Rest der Botschaft war nicht weiter aufregend. Er brenne darauf, mit mir in einen Dialog zu treten, schloß jedoch E-Mail als Kommunikationsweg aus, da es zu zeitaufwendig wäre. Er erklärte detailliert die Anwendung des Talk-Verfahrens, damit wir unsere Unterhaltung zwar immer noch schriftlich, doch direkt und spontan führen könnten.
    Ich hockte vollkommen ratlos vor dem Monitor und kämpfte mit massiven Lähmungserscheinungen. So viele Fragen schossen mir durch den Kopf, daß ich für die angebotene Einladung, überhaupt für jegliches Handeln blockiert war. Ich konnte mich nicht erinnern, daß ich und ein gewisser Neptun einst unsere Häuflein gemeinsam im Sandkasten vergraben hätten. Woher kannte mich also dieser Typ? Wie konnte er wissen, daß ich über den UNO-Artikel, der sich nun als Köder entpuppt hatte, Kontakt zu ihm aufnehmen würde? Wie konnte er wissen, daß ich ausgerechnet auf dieses Thema anspringen würde? Wer saß da am anderen Ende der Leitung? Vielleicht ebenfalls ein tierischer Klugscheißer, der des Menschen heiliges Internet endlich einem vernünftigen Zweck zuführte? Vor allen Dingen, warum freute sich Neptun um diese Uhrzeit auf einen Plausch mit mir, als leide er an chronischer Schlaflosigkeit und wäre für jede Form nächtlichen Entertainments dankbar?
    Mir schwirrte vor lauter Fragen der Kopf. Die Antworten zu bekommen, lag offenbar in meiner Hand. Doch ich traute mich immer noch nicht, den hingeworfenen Fehdehandschuh aufzuheben und den erwünschten Kontakt herzustellen, weil ich dadurch wohl unwiderruflich in einen tödlichen Strudel hineingezogen würde. Andererseits, was blieb mir sonst übrig? Neptun schien der einzige zu sein, der ein wenig Licht ins Dunkel bringen konnte. Aber stimmte das eigentlich? Wer hatte das denn behauptet? Nur der Schein sprach dafür - genauer gesagt das Bild, welches meine armseligen grauen Zellen fabriziert hatten, die es diesmal zu ihrer Schande nicht fertiggebracht hatten, auch nur einen einzigen Knoten dieses Krimiknäuels aufzudröseln, und deshalb dringend auf eine Infusion detektivischen Genies von außen angewiesen waren.
    In Ordnung, die Zwickmühle hätte nicht verzwickter sein können, und daher war es auch so ziemlich einerlei, welchen Weg ich jetzt beschreiten würde. Ich hätte hier in meinem selbstgezimmerten Knast schmoren und mich

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