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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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Sie hat jedenfalls eine heftige Dosis von dem mitbekommen, das du ausstrahlst, und da sie gläubig und hetero ist, hat sie keine Ahnung, wie sie damit umgehen soll. Willst du behaupten, du hättest nicht bemerkt, wie sie dich ansieht?«
    »Solche Dinge blende ich aus«, sagte Juliet, aber sie erschien ein wenig verwirrt. »Du erwartest doch wohl nicht, dass ich mich deswegen – egal, wie man es nennt – schuldig fühle, oder etwa doch?«
    »Nein.« Jetzt wurde ich ungeduldig. »Aber denk darüber nach. Sie wäre möglicherweise nicht in diese Geschichte hineingeraten, wenn sie nicht verträumt herumgelaufen wäre und sich unanständige Gedanken über dich gemacht hätte. Ich würde mich ganz einfach nicht wohlfühlen, wenn ich sie hier zurückließe.«
    »Ihre Gefühle gehen dich – oder mich – nichts an.«
    »Schön. Ich bitte dich nicht, dich schuldig zu fühlen. Ich sage nur, dass ich mich ein wenig für sie verantwortlich fühle.«
    Juliet äußerte sich nicht dazu, was mir ziemlich deutlich zeigte, dass ich sie nachdenklich gemacht hatte. Sie nahm die Bemühungen, menschlich zu sein, sehr ernst. Sie fand immer noch sehr viel rätselhaft und unfassbar, aber sie war erpicht darauf, alles genau kennenzulernen und zu begreifen, und ihr blieb eine Ewigkeit, um daran zu arbeiten.
    »Pass mal auf«, sagte ich, »ich habe eine Idee, wie wir beide das kriegen können, was wir wollen. Ich will dir mal etwas zeigen.«
    Ich ging an ihr vorbei, zog die Tür auf und kehrte in den Korridor zurück. Sie folgte mir, während ich zum Lagerhaus zurückging, und ich zeigte ihr den offenen Fahrstuhlschacht.
    »Mir nutzt er nichts«, sagte ich. »Ich dachte jedoch, dass du vielleicht …«
    »Ja«, sagte Juliet. »Das könnte ich. Aber warum sollte ich?«
    »Du möchtest deinen Dämon suchen, und du möchtest dich nicht ständig umdrehen müssen für den Fall, dass einer dieser Verrückten dir ein Messer in den Rücken jagt – vor allem dann nicht, wenn die Belagerung sich jeden Moment in eine wilde Schießerei verwandeln kann. Daher macht es Sinn, wenn wir erst einmal aufräumen und uns anschließend umschauen.«
    »Dann verrate mir, was ich tun soll, Castor.«
    »Du kommst von oben, und ich versuche es von unten. Während sie mich im Auge haben, schleichst du dich von hinten an und löschst sie mit deiner üblichen Mischung aus Eleganz und Brutalität aus. Dann sehen wir uns um.«
    Ich war von meinem Auftritt tief beeindruckt. Meine Stimme bebte nicht im Mindesten. Man hätte meinen können, dass ich jeden Tag der Woche in irgendeinen Tumult verwickelt war – dabei habe ich diese Gewohnheit seit meiner Studentenzeit mehr oder weniger aufgegeben.
    Ich hätte von Juliet mehr Widerspruch erwartet, aber sie machte nur eine lässige Geste mit einer Hand, die ausdrückte, dass sie das Thema leid war. Sie schlüpfte aus ihrem Mantel und ließ ihn zu Boden sinken. Ich sah aufblühende Rosen. »In Ordnung«, sagte sie. »Ich klettere durch den Aufzugschacht. Und du …«
    »Ich benutze die Rolltreppe. Ich möchte zwischendurch noch in der Herrenabteilung vorbeischauen.«
    Ehe sie es sich anders überlegen konnte, machte ich mich auf den Weg und bemühte mich, nicht an Rosen zu denken.
    Das andere Ende des Korridors mündete direkt in die Haupthalle, in der es aussah, als hätte hier ein Wirbelsturm getobt, während sie noch dabei war, sich von einem Erdbeben zu erholen. Der Fußboden war mit einem Teppich aus Glasscherben der Ladenfenster bedeckt. Schaufensterpuppen lagen herum wie Platzhalter für die Toten. Jemand hatte auf den Kopf einer Puppe getreten und ihn zertrümmert. Aus irgendeinem Grund dachte ich an Abbies Porzellanpuppe und erschauerte in einer Art unheilvoller Vorahnung. Kleiderstangen, die als Rammböcke benutzt worden waren, lagen halb innerhalb, halb außerhalb der Fenster, die sie zerschmettert hatten, und vor einer Wand rieselten Münzen wie geronnenes Blut aus einer geborstenen Registrierkasse. Dies sah jedoch nicht nach Plünderung aus. Nicht dass Plünderer irgendwelche Achtung vor der Ladeneinrichtung hätten, aber der knirschende Müll unter meinen Schuhen schloss Armbanduhren und funkelnde goldene Armbänder von einem Drehständer der Schmuckabteilung ein, über den ich bereits hatte hinwegsteigen müssen. An irgendeinem Punkt hatte sich die reine Zerstörungswut gegen rein söldnerische Absichten durchgesetzt. Das verriet mir ein wenig mehr über das, womit ich zu rechnen hatte – in diesem Moment

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