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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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vor Schreck einen Ton aus, aber es war ja nicht so, dass ich Beethovens Neunte spielte. Es ging mir nur um den Lärm, laut und disharmonisch und unmöglich zu überhören.
    Während ich Stufe für Stufe zur obersten Etage hinaufstieg, rannten die Verrückten über die Galerie, um mich abzufangen. Das war insofern gut, weil sie damit von dem Mann weggelockt wurden, den sie hatten töten wollen, aber schlecht, weil ich keine Spur von Juliet entdecken konnte, und ich glaubte nicht im Ernst, dass sie sich beeilten, um sich von mir ein Autogramm geben zu lassen. Ich erreichte das obere Ende der Rolltreppe, als sie um die letzte Ecke bogen und wie eine solide Wand auf mich zustürmten. Ich wollte schlucken, musste jedoch feststellen, dass in meinem Mund absolute Trockenheit herrschte. Dies war der Augenblick der Wahrheit, und ich bevorzugte in solchen Situationen normalerweise elegante Tatsachenverdrehungen. Ich schickte einen letzten verzweifelten Blick rund um die Galerie in der Hoffnung, dass meine kurvenreiche, dämonische Kavallerie im letzten Moment erschien, aber ich hatte kein Glück. Mit einem gemurmelten Fluch verstaute ich die Flöte in meiner Innentasche, so dass sie nicht zu Schaden käme, ballte die Fäuste und wappnete mich für den Zusammenprall.
    Der erste der Aufrührer, der mich erreichte, war eine Frau in einem pastellfarbenen zweiteiligen Bürokostüm und Schuhen mit gemäßigt hohen Absätzen. Das Einzige, das die elegante Wirkung des Complets verdarb, war der Klauenhammer, den sie über dem Kopf schwang. Ich brachte mich mit einem unbeholfenen Sprung aus der Schlagrichtung, als er abwärts sauste. Dann, da sie dem Hammer mit dem ganzen Körper folgte und in der Hüfte abknickte, um mehr Gewicht hinter den Schlag zu legen, konnte ich sie mit einem Schwinger am Hinterkopf erwischen. Sie ging wie ein Sack Kartoffeln zu Boden, während der Hammer über die Steinfliesen rutschte. Ich fühlte mich nicht besonders gut, aber dies war nicht der Zeitpunkt für galantes Benehmen.
    Eigentlich war es der Zeitpunkt, um zu verschwinden, aber ich war von der Aussicht, von hinten umgerannt und zertrampelt zu werden, nicht besonders angetan. Als zwei stämmige Männer mich gleichzeitig ansprangen, zog ich den Kopf ein und tauchte unter ihnen hindurch, so dass ihr Schwung einen von ihnen an mir vorbeitrug und den anderen in einem ungraziösen Salto über meinen Kopf segeln ließ.
    Damit war das Thema Taktik erledigt. Viele Arme streckten sich nach mir aus, viele Fäuste trommelten auf meine Schultern und auf meinen Nacken. Ich wurde auf die Füße gezerrt, dann wieder zu Boden gestreckt, als die Verrückten sich gegenseitig in die Quere kamen in ihrem Eifer, sich ein Stück von mir zu sichern.
    In diesem Moment explodierte das Schaufenster – eins der wenigen, die noch heil waren – hinter ihnen in einer schnell aufblühenden Blume aus Glassplittern, der, wie durch ein Wunder, Juliet entstieg. Sie tauchte mit dem Kopf voraus durch das Fenster, aber rollte sich in der Luft herum und landete, sich kaum merklich mit den Knien abfedernd, auf den Füßen. Dann, nachdem sie ihren Auftritt absolviert und auf sich aufmerksam gemacht hatte, kam sie in stolzer Haltung heran, während Glassplitter wie Wasser von ihr herabrieselten.
    Die Verrückten war bei dem Geräusch herumgefahren, so dass ihre Attacke für einen kurzen Moment nachließ, als sie registrierten, was geschah – und dann für einen weiteren Moment, als sie Juliet anstarrten und den Anblick ihrer beinahe perfekten Schönheit verarbeiteten.
    Dann holte der ihr am nächsten stehende Mann mit einer Metallstange aus und zielte nach ihrem Kopf. Es war keine richtige Stange. Sie sah aus, als sei sie von irgendeinem Kleiderständer abgebrochen worden, und sie war vermutlich hohl, so dass sie bei Juliet ohnehin keinen nennenswerten Schaden angerichtet hätte. Aber wir bekamen nicht die Chance, dies herauszufinden. Sie duckte sich und wich ihr elegant aus, packte Handgelenk und Ellbogen des Mannes und schleuderte ihn über die Schulter durch das Fenster, das sie soeben zertrümmert hatte. Ein anderer Mann schaffte es, einen Treffer zu landen – mit der nackten Faust an ihrer Kinnspitze. Sie steckte den Schlag kommentarlos ein und trat ihm in den Bauch, woraufhin er sich mit einem unangenehm matschigen Gurgeln zusammenfaltete.
    Ohne langsamer zu werden, begab sie sich mitten zwischen die Aufrührer, eine Katze unter schwer gestörten Tauben. Sie drangen auf sie ein,

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