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Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)

Titel: Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Carey
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insgesamt zwei Dutzend Personen waren, aber das ist noch eine reine Vermutung.
    Wir wissen jedoch mit Sicherheit, dass sie nicht alle von der Straße hereinkamen. Einige von ihnen lebten schon seit einiger Zeit hier, da hinten irgendwo.« Sie deutete in die Dunkelheit. »Dort liegen sechs Schlafsäcke, eine tragbare Toilette, eine Menge Lebensmittelkonserven und ungefähr ein Dutzend schwarze Säcke voller Hausmüll. Also nehmen wir an, dass es hier eine Kerntruppe gab, die Hausmeisterdienste versah – die das Gebäude in Schuss hielt und darauf achtete, dass es kein unerwünschtes Aufsehen erregte. Dann gibt es auch noch eine größere Gruppe, die sich am Samstagabend anlässlich der Party hier einfand.«
    Sie ging auf die Knie hinunter und fuhr mit einer ausgesprochen gepflegten Hand an den Umrissen des Kreises entlang. »Wir können uns denken, was für eine Party das war. Dies ist ein pseudo-paracelsischer magischer Kreis, der auf dem Original im
Archidoxis Magicae
basiert. Geisterbeschwörung. Jemand hat hier schwarze Magie praktiziert und …«, ihre Finger verharrten über dem dunkelbraunen Fleck in der Kreismitte, »… dazu gehörte, dass ein Opfer dargebracht wurde.«
    Basquiat erhob sich wieder. »Und an diesem Punkt wird es interessant«, sagte sie, obgleich ihre Stimme sich keinen Deut veränderte und weiterhin totale Gleichgültigkeit signalisierte. Mit einem Kopfnicken deutete sie auf einen Teil des Raums, dem ich bisher keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Es war eine der Nischen, ebenso dunkel wie die anderen Winkel und Ecken des Raums außerhalb des Lichtkreises der Polizeischeinwerfer. »Ein ungebetener Gast«, sagte sie. »Er kam dort herein – oder er war schon die ganze Zeit dort, und wartete auf den richtigen Moment. Dahinter befindet sich ein Fenster, zugenagelt, aber jemand hat ein Brett aufgestemmt, an die Mauer gelehnt und stehen lassen. Er war leise, daher haben sie ihn nicht kommen hören. Vielleicht haben sie auch gesungen oder gebetet. Egal wie oder was, er schleicht sich ganz dicht heran, ohne dass jemand auf ihn aufmerksam wird. Wir wissen das, weil den Personen, die hier, dort und an dieser Stelle standen …«, sie zählte sie an den Fingern auf und runzelte dabei die Stirn, als müsste sie in ihrem Gedächtnis nachforschen, obgleich die dunklen Flecken unter der Plastikfolie die Punkte deutlich genug markierten, »… in den Rücken geschossen wurde.«
    Sie drehte sich zu mir um und musterte mich für einen kurzen Moment mit einem eisigen, abschätzenden Blick, dann deutete sie an mir vorbei in den hinteren Teil des Raums. »Die anderen Teilnehmer der magischen Party rannten los – aber sie flüchteten nicht vor dem Mann mit dem Gewehr, sondern sie stürmten auf ihn zu. Sie selbst waren nicht bewaffnet. Oder zumindest wurden keine anderen Schusswaffen abgefeuert, soweit wir feststellen konnten. Alle Kugeln, die wir geborgen haben, stammten aus derselben Waffe, einem IMI Tavor Sturmgewehr, wie es vom israelischen Militär benutzt wird. Es ist eine Waffe mit halbautomatischer und vollautomatischer Funktion, allerdings fasst das Magazin – wie mir erklärt wurde – nur dreißig Patronen. Aber das ist egal. Dieser Mann vergeudet sie nicht, und er schießt nicht daneben.«
    Basquiat ging an mir vorbei und zwang mich, kehrtzumachen und ihr zu folgen, während sie ihren Vortrag fortsetzte. Diese Art, jemanden mit Fakten, Zahlen und wie einen Tanzbären herumzudirigieren, war die übliche Polizistenprozedur. Ich hörte zu, aber auf einer Bewusstseinsebene darunter gab es eine Frage, die ich mit zunehmendem Schrecken in Gedanken im gleichen Rhythmus des schmerzhaften Pochens in meinem Schädel ständig wiederholte: Was – oder wer – hatte im Mittelpunkt des Kreises gestanden?
    »Aber er hat keine Zeit mehr nachzuladen«, sagte Basquiat wie eine Mathematiklehrerin, die ihre Schüler auffordert: »Berechnet den Winkel.« Ihre Stimme klang noch immer ausdruckslos, aber in ihrem Gesicht erschien ein Anflug von Erregung oder zumindest belebte es sich ein wenig. Ich erkannte, dass sie ihren Job liebte. Und ich fragte mich, ob ein Fall wie dieser der Karriere eines weiblichen, jungen, aufstrebenden Detective Sergeant zuträglich sein konnte.
    »Und er hat etwa sechs Kugeln verbraucht, um auf sich aufmerksam zu machen und sich vorzustellen«, fuhr sie fort, »daher hat er unter der Voraussetzung, dass er über ein volles Magazin verfügte, als er hereinkam, noch zwei Dutzend Schuss

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