Felix Castor: Ein Höllenhund kommt selten allein (German Edition)
auf den Boden regneten, während Wolken aus Rauch und Feuer in die Nacht wallten.
Gwillam wandte sich als Letzter zum Gehen, und er hielt für einen Moment inne, als falle ihm noch etwas Wichtiges ein.
»Ich erzählte Ihnen, dass wir vor zwei Jahren gegen Ditko ermittelten – sehr kurz nachdem Sie ihn in die Charles-Stanger-Klinik brachten«, sagte er.
»Ja. Das haben Sie erzählt.«
»Vielleicht fühlen Sie sich ein wenig besser, was Ihr Mitwirken bei dieser Angelegenheit betrifft, wenn ich Ihnen etwas mitteile, das wir damals herausgefunden haben.« Ich sagte nichts, das man als »Oh, ja, erzählen Sie« hätte interpretieren können, aber Gwillam fuhr trotzdem fort, während er mich nachdenklich ansah. »Fanke hatte damals eine Geliebte – mittlerweile verstorben. Bei seinen sexuellen Beziehungen hat er stets die Jungen und Dummen bevorzugt. Er scheint – schien, sollte ich lieber sagen – ein gewisses Vergnügen dabei zu empfinden, Personen seinen Willen aufzuzwingen, die zu schwach oder zu beschränkt waren, sich dagegen aufzulehnen.
Ihr Name lautete Jane – einfach nur Jane –, aber sie hat sich in Guinevere umbenannt, als sie in die Satanistenkirche eintrat. Offenbar lebte sie eine ganz persönliche romantische Phantasie aus. Die meisten Leute nannten sie weiterhin Jane, trotz all ihrer Einwände, aber sie wurde Rafael Ditko als Guinevere vorgestellt, und er verkürzte den Namen gewöhnlich zu Ginny.«
Die Erinnerung streifte mich wie ein Lastwagen.
Hat Ginny all das gesehen? Wo ist sie? Wartet sie draußen?
»Mein Gott!«, stieß ich hervor.
Gwillam nickte, als er sah, dass ich die Verbindung hergestellt hatte. »Als Ditko damals Asmodeus anrief, war es ein Spielzug – in einem Spiel gegen Gott. Abbie Torrington war ebenfalls ein solcher Spielzug. Vielleicht sollte sie auf einem anderen Altar, einem anderen Teufel geopfert werden. Aber Ditko versagte, und Sie … nun, Sie taten, was Sie taten. Er wählte seinen eigenen Weg, natürlich, aber für Sie wurden die Entscheidungen schon früher getroffen, Castor. Auch Sie sind einer der Soldaten des Himmels, ob Sie es glauben oder nicht. Sie sind die Fackel, die er aus dem Feuer reißt, um damit seine Feinde zu vernichten. Vielleicht bleibt, wenn er mit Ihnen fertig ist, noch etwas übrig, das sich zu retten lohnt.«
»Ach ficken Sie sich doch«, schnaubte ich. Was schlagfertige Antworten angeht, muss ich zugeben, fehlte der Erwiderung einiges. Tatsächlich fehlte ihr so gut wie alles.
Gwillam machte kehrt und entfernte sich, wobei seine Schritte auf dem Pflaster zu hören waren, bis sie vom Heulen sich nähernder Sirenen übertönt wurden. Es klang, als habe Detective Sergeant Basquiat ihre Nachrichten am Ende doch noch abgehört.
Ich hatte meine Tin Whistle nicht bei mir, aber die brauchte ich auch nicht. Ich pfiff ein paar Takte zwischen den Zähnen für Juliet, ein wenig zittrig und verhalten. Es waren die Töne, die die Fesseln sprengten, die Gwillam ihr angelegt hatte. Als sie wieder dazu in der Lage war, drehte sie sich zu mir um und betrachtete mich ernst und prüfend.
»Die Erklärungen kommen später«, sagte ich. »Alles absolut ohne Hintergedanken. Im Augenblick würde ich an deiner Stelle zusehen, dass ich schnellstens verschwinde.«
Juliet schaute zum ersten Streifenwagen, der um die Ecke bog und auf uns zuraste. Dann, im grellen Licht der Scheinwerfer, warf sie mir einen letzten Blick zu und nickte ein Mal, als wollte sie sagen, dass sie auf einigen Antworten bestehen würde.
Als die Wagen auf dem Kopfsteinpflaster ratternd rechts und links von mir stoppten, war ich sozusagen der letzte Rest vom Schützenfest.
23
In der Sicherheitsabteilung im Whittington Hospital hatte ich wenigstens eine Illustrierte – sowie ein Telefon auf einem Rollwagen, das Kleingeld, das ich vom Fußboden aufheben konnte, und ein von Werwölfen gestaltetes Kabarettprogramm. In den Arrestzellen der Uxbridge Road Polizeistation hingegen waren die Kleider, die ich am Leib trug, minus Gürtel und Jacke alles, was ich hatte.
Die Graffiti an den Zellenwänden waren abwechslungsreich und phantasievoll, aber auch sie verloren nach einer Weile ihren Reiz. Gegen die Tür zu treten rief auch keine Reaktion hervor, außer den gedämpften Flüchen des Kerls in der Zelle nebenan, der zwischendurch in verschiedenen Tonlagen vor sich hin schimpfte und fluchte. Sogar die Kakerlaken, in der Wildnis aufgewachsen und gewöhnlich temperamentvoll und unternehmungslustig,
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