Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
Vom Netzwerk:
»dass einige einen auffälligen Dialekt sprechen.
Schnoogerippsche. Geelerriewe. Zwiwwle.
Das ist kurpfälzisch –
kurpellsisch
. So redet man in der Gegend um Heidelberg. Ich weiß es deshalb, weil mein Schwager von dort kommt. So viele Kurpfälzer hier südlich der Alpen? Das kann kein Zufall sein.«
    »Du meinst, es ist keine der üblichen zusammengewürfelten Räuberbanden?«
    »Ich bin mir sicher, Herr, dass es gedungene Mörder sind. Wir haben bisher nur das Glück gehabt, dass sie schlecht oder gar nicht ausgebildet sind.«
    »Heidelberger Mundart – ein Vertrag für die Ewigkeit – gedungene Mörder«, murmelt Folkhart kopfschüttelnd. »Wie geht das alles zusammen?«
    »Das weiß ich nicht, Herr«, sagt der Anführer der Regensburger. »Jedenfalls müsst Ihr mächtige Feinde haben.«
     
    Die Waffen der Räuber werden in der Mitte der Lichtung aufgehäuft. Die Schwerter und Lanzen sind zusammengeraubt auf den Schlachtfeldern des Landes. Davon gibt es zurzeit mehr als genug. Morgensterne, Reitlanzen, Schwerter, Streitäxte, schließlich ein auffallendes Gerät, eine fremdartige, sonderbar geformte, reichverzierte Hellebarde.
    »Was wird das wohl sein?«, fragt einer der Regensburger, als er die Waffe hin und her dreht und von allen Seiten besieht.
    »Das ist ein türkischer oder arabischer Estoc«, sagt der Mohr. »Ein Panzerbrecher. Er ist sehr wertvoll. Er hat einem Offizier gehört.«
    »Welche Aufgabe hat er?«
    »Es ist eine Waffe, um den Rüstungen der abendländischen Ritter beizukommen«, fährt der Mohr fort.
    Der Mohr ist mitgezogen im Tross von Folkhart. Er hat sich verdient gemacht. In einem römischen Gasthaus ist vergifteter Braten gereicht worden, wie sich nachträglich herausgestellt hat. Alle waren mit schrecklichen Krämpfen am Boden gelegen, der Mohr kannte das Gegengift.
     
    Der Estoc wird bestaunt.
    »Und wie geht das vor sich? Kann man damit eine Rüstung durchbohren?«
    »Nein, man kann sie aufbrechen.«
    Der Mohr führt es vor. Einer der Reisigen stellt sich dafür zur Verfügung.
    »Man setzt an einer Lücke des Harnischs an, am besten hier, bei einer Gelenkinnenseite. Wenn man festen Halt hat, hebelt man die Rüstung auf. Der Ritter ist an dieser Stelle ungeschützt.«
    Die Regensburger staunen.
    »Und woher kennst du das Kriegsgerät, Mohr?«
    »In Rom habe ich so einen Estoc schon einmal gesehen«, antwortet der Mohr. Er blickt nachdenklich drein. »Ein übel aussehender Bursche hat mir den Gebrauch erklärt. Er wollte ihn mir verkaufen. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass hier wieder so ein Estoc auftaucht.«
    Der Anführer der Regensburger mischt sich ein.
    »Hat der Bursche etwa so gesprochen:
Schnoogerippsche – Geelerriewe – Zwiwwle –

    Der Anführer schwatzt weiter im Pfälzer Dialekt.
    »Genau so«, sagt der Mohr.
    Der Graf befiehlt schnellen Aufbruch. Da gerade Vollmond ist, reiten sie die ganze Nacht durch. Sie versuchen im Eilmarsch voranzukommen. Sie überqueren die Alpen. Auf einem wuchtigen, eisig kalten Bergpass, auf dem sie frierend Rast machen, sagt einer der Regensburger zu Odilo:
    »Wennst einmal aus den Diensten deines Herrn gehst, dann kannst bei uns anfangen.«
    »Ich weiß nicht so recht«, sagt Odilo, was so eine Art Treueschwur zu Folkhart von Herbrechtsfeld ist.
     
    Der Mohr war noch nie in den Alpen. Er sieht das erste Mal Schnee. Er denkt an seinen Vater und seinen Großvater, deren Spuren er folgt. Beide waren mehrmals im Land der Franken, der Thüringer und Baiern gewesen, und sie haben dort ihre Geschichten erzählt. Der Mohr zieht ein Blatt Pergament aus der Tasche, das schon der Großvater dem Vater und der Vater ihm selbst weitergegeben hat. Dort steht in abessinischer Schrift der Anfang der Geschichte mit der Tarnkappe, dazu die Übersetzung in die Sprache der Germanen. Er spürt den Geist seiner Vorfahren, wenn er das blutrünstige Lied auf den Marktplätzen des christlichen Abendlandes vorträgt.
     
    Dann, nach Tagen der bittersten Kälte, sind sie endlich wieder in Germareskauue, der Heimat von Odilo. Der Burghüter der neuerbauten Burg Werdenfels (Wahlspruch:
fest wie vels, ja, velsenfest, sei insre treuw
) beherbergt Folkhart, der Tross nächtigt im Dorf. Die Einheimischen kommen, um den Mohren zu sehen. Der Mohr schnappt ein paar Brocken der melodisch klingenden, aber harten Sprache des Tales auf. Ein Begriff ist
darenndifeinet
 – das gefällt dem Mohren besonders. Sie müssen ein paar Tage bleiben, um die Pferde zu

Weitere Kostenlose Bücher