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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Vorne gehen Touristen in grobkarierten Hemden ein und aus und pfeifen Wanderlieder. Hinten stehen Schupfen und Garagen, die sich diskret an den Kramerhang schmiegen.«
    »Das klingt interessant.«
    »Ich habe auch schon mit den Probebohrungen begonnen.«
    »Wie viele Leute brauchst du im Endeffekt dazu?«
    »Nicht viel. Ein halbes Dutzend vielleicht.«
    »Gut, bene, machen wir.«
     
    Padrone Spalanzani ließ sich einen Teller Pasta kommen. Sie mussten genauso schmecken wie bei Mama Spalanzani. Pappardelle, natürlich nur selbstgemacht. Die Sauce dazu, das
Ragù alla Mama Spalanzani
, musste so lange auf dem Herd stehen, wie Vincenzo Bellinis Oper
Il pirata
dauerte, nämlich mit Pause dreieinhalb Stunden. Die heiße Nachmittagssonne Siziliens brach durchs Fenster, Alessia Spalanzani, die Nichte des Padrone und seine designierte Nachfolgerin, schwebte wie ein gemalter Engel von Botticelli herein. Der azurblaue Himmel bebte, die Luft stand dick wie Blut. Draußen auf der Wiese bildete ein strenger
addestratore
ein paar neue Killer aus.
    »Wenn ich schon so viel Geld investiere«, sagte der Padrone, »dann muss ich genau wissen, was da geschieht.«
    »Ich stelle mir das so vor«, erwiderte Swoboda. »Ein Lastwagen fährt in den Tunnel, an einer nur uns bekannten Stelle wird er langsamer, ein Spalt öffnet sich in der Decke, irgendetwas wird in den Lastwagen geworfen, der Lastwagen fährt weiter.«
    »Wie sieht es mit Personen aus?«
    »Geht genauso. Die Personen tragen im Tunnel eine Straßenbauarbeiterkluft, sie verschwinden spurlos, sie tauchen aus dem Nichts auf, wie mans braucht. Wir richten die alte Nord-Süd-Achse der Familie wieder auf.«
     
    Padrone Spalanzani hatte das Projekt daraufhin genehmigt. Das war jetzt fast fünf Jahre her. Der Tunnel, den Swoboda angepackt hatte, war fertiggestellt. Das war auch nicht weiter verwunderlich: Er musste sich ja nicht mit Planfeststellungsverfahren und Wasserwirtschaftsämtern herumschlagen. Der Tunnel war fertig, die internationale Nachfrage war enorm. Der Witz dabei war, dass die süditalienische Mafia jetzt schon seit Monaten darauf warten musste, dass der legale Kramertunnel endlich gebaut wurde.

40

    Status am Gipfel: dreizehn Geiseln liegend, gefesselt, Täter vermutlich geflüchtet. Alle dreizehn Personen unbewaffnet, eine Maschinenpistole der Marke Bison liegt herrenlos auf dem Boden. Keine Kampfhandlungen, keine Gegenwehr. Eigenverluste: ein Mann.
     
    Der Kindergärtnermasseur mit der Kennnummer F- 15 hatte schon einige Minuten nicht mehr auf Befehle und Fragen reagiert. Auch darauf war man natürlich vorbereitet. Mit Ausfällen durch gegnerische Einwirkung musste man rechnen. Aber andererseits: Es hatte weder einen Schusswechsel noch einen Kampf gegeben – warum meldete sich F- 15 nicht mehr? Hatte der Geiselnehmer ihn angegriffen und war durch diese Lücke im Kordon entkommen? Schimowitz funkte den Einsatzleiter der nachrückenden Bergwachtler an.
    »Ausschau halten nach einem flüchtigen Täter.«
    »Beschreibung?«
    »Nicht möglich. Frau, Mann – groß, klein – dick, dünn – könnte alles sein.«
    »Verstehe.«
    »Zusätzlich Ausschau halten nach einem Verletzten. Es ist einer unserer Männer. Letzter Funkverkehr vor zehn Minuten.«
     
    Sie waren auf Widerstand gefasst gewesen, sie hatten feststellen müssen, dass es keinen gab. Keine um sich schießenden, schreienden, hysterisch tobenden Geiselnehmer, keinen Gangster, der die Waffe an die Schläfe eines Opfers oder an seine eigene hielt. Schimowitz war für eine Millisekunde verwirrt. Er überlegte, was das bedeutete. Hatte der Geiselnehmer eine Tretmine oder eine Bombe platziert? Sie mussten so schnell wie möglich hier weg. Die zwei Sanitätshubschrauber näherten sich, die SEK ler standen immer noch breitbeinig über den Geiseln. Ihre Aufgabe war es nicht, die Opfer zu befragen, das war Jennerweins Sache.
     
    Status: Alle dreizehn Geiseln sind desorientiert, nur bedingt ansprechbar, müssen sofort ausgeflogen werden. Zwei sind schwer verletzt, drei ohne Bewusstsein.
     
    Eile war geboten. Jennerwein wollte den Abtransport der Opfer auf keinen Fall verzögern. Während sie für den Hubschrauberflug vorbereitet wurden, lief er rund um das Plateau und versuchte, Gudrian unter den apathischen Gestalten zu entdecken. Reste von Nebelschwaden behinderten seine Sicht, die Männer von Schimowitz waren teilweise noch über die Opfer gebeugt, um sie zu beruhigen – zudem war es dreißig Jahre her,

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