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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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ehrfurchtsvollen Hackenzusammenschlagens und ging zu seinen Leuten, die schon auf ihn warteten. Er bellte einige Instruktionen, dann schwärmten sie im Halbkreis aus. Jennerwein wandte seinen Blick zu Stengele, der sich gerade aus dem Bergwachthubschrauber abseilte. Nichts zeugte mehr von einer Geiselnahme, wenn man von den bösen Blumen aus Stahl absah, die hier blühten. Und wenn man von einer Bison  PP - 19 , ein paar herumliegenden Lady-Gaga-Masken und einem Kindermegaphon absah. Jennerwein suchte den Boden ab. Viele verwertbare Spuren gab es wohl nicht mehr, die wilde Zugreiftruppe hatte den Boden vermutlich vollkommen plattgestampft. Aber die Gesundheit und das Leben der Geiseln gingen natürlich vor.
     
    Jennerwein schüttelte den Kopf. Ronni Ploch! Unvorstellbar! Ronni Ploch, der Witzbold, der Klassenkasper, der immer einen guten Spruch draufgehabt hatte. Seine tiefe Bassstimme und die große Nase hatten ihm einige Spitznamen eingetragen. Schon seine Eltern waren Ärzte gewesen, es lag nahe, dass auch er diesen Beruf ergriff. Seine Zauberei nervte manchmal, aber sie war auch irgendwie lustig. Jennerwein bezweifelte, dass Ronni Ploch der Täter war. Er glaubte nicht daran, dass jemand solch einen logistischen Aufwand trieb, um sich dann derart leicht überwältigen zu lassen. Er ging zu der Stelle, an der einer der Männer
Hier ist der Geiselnehmer!
geschrien hatte. Er bückte sich und besah sich die Handschelle, die als Einzige nicht aufgezwickt worden war. Sie hing unversehrt an dem Haken. Jennerwein betrachtete den Boden rings um den Haken genauer. Bald fand er, was er gesucht hatte. Ganz klein und winzig, fast in einer Erdspalte verborgen, lag das abgebrochene Ende eines Brillenbügels. Er steckte es in einen Beweissicherungsbeutel. Ploch vulgo Houdini schied damit schlagartig aus dem Kreis der Verdächtigen aus. Ploch hatte lediglich versucht, sich zu befreien. Houdini hatte gezaubert.
     
    Kaum war er vom Seil abgesprungen, lief Ludwig Stengele zu der hellen Stelle, die ihm vom Hubschrauber aus aufgefallen war. Dort bückte er sich und ließ den feinen Sand zwischen den Fingern durchrieseln. Er gab eine Prise in den Beweissicherungsbeutel. Dann kroch er auf allen vieren um die Stelle herum, prüfte ihre Festigkeit und Härte. Dazu hob er seine Faust und schlug mehrmals kurz auf die sandige Stelle.
    »Treibsand, Chef!«, rief er in Richtung Jennerwein.
    »Treibsand? Was soll das bedeuten?«
    »Ich dachte mir schon, dass es so etwas auf einem Berg gibt, der hauptsächlich aus Dachsteindolomit besteht. Es sind Felslöcher voll Sand, in denen kleine Gegenstände schon mal versinken können.«
    »Wie weit versinken können?«
    »Nicht weit, vielleicht einen halben Meter.«
    »Meinen Sie –«
    »Nein, das ist kein Treibsandloch, durch das ein Mensch fliehen kann. Das nicht. Leider. Ich will damit bloß sagen, dass es hier im Kramergebirge solche Stellen gibt. Auch größere.«
    »Wie groß?«
    »Dass sich der Geiselnehmer darin verstecken könnte.«
    »Da erstickt er doch.«
    »Wenn das sein Plan war, hat er einen Luftschlauch dabei.«
    Jennerwein blickte ungläubig auf die Stelle.
    »Sie halten mich wahrscheinlich für verrückt, Chef«, sagte Stengele lächelnd. Er lächelte selten. »Das Prinzip von Treibsand ist erstaunlich. Ein schneller, harter Schlag, zum Beispiel durch Draufspringen oder Drüberstampfen – und es passiert gar nichts. Fest wie Beton. Wenn ich mich aber vorsichtig draufstelle, dann sinke ich ein. Das ist ein Effekt bei allen Nicht-Newtonschen Fluiden. Becker kann es Ihnen sicher besser erklären – ich machs mal vor.«
    Stengele demonstrierte es. Er sprang mit voller Wucht auf die Stelle, der Sand gab keinen Zentimeter nach. Dann setzte er vorsichtig und langsam einen Fuß nach dem anderen darauf. Und er sank. Und sank. Bis zu den Knöcheln. Er zog die Hosenbeine hoch. Er sank weiter. Bis zu den Waden.
    »Wir sollten die Umgebung absuchen«, sagte Stengele, stieg wieder auf festen Boden und schüttelte den Sand von den Schuhen. »Ich übernehme das. Die Bergwachtler stehen ein paar hundert Meter von hier. Sie bilden immer noch einen Ring um den Gipfel. Sie sollen noch zusätzlich nach solchen Stellen suchen.«
    »Ja, tun Sie das, Sten-«
     
    Jennerwein brach mitten im Wort ab.
    »Sehen Sie dort, Stengele!«
    Von einem der Haken, an denen keine Handschelle hing, führte eine Schleifspur zehn Meter weit direkt bis zum Abgrund. Sie war unregelmäßig unterbrochen durch die

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