Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
Tötungsdelikte nicht mehr beitragen konnten, hatte nur noch Béatrice Licht in das Dunkel von Junots und Athénaïs’ Tod bringen können. Zu ihrer Vernehmung war sie in Begleitung eines Pariser Strafverteidigers erschienen, der seiner Mandantin offenbar nicht nur juristisch zur Seite stand, was Bruno nicht weiter verwunderte. Béatrice gab zu, zusammen mit Athénaïs, Francette und Eugénie an der ersten schwarzen Messe in der Höhle teilgenommen zu haben. Sie sei als ein frivoles Abenteuer inszeniert worden, beteuerte sie, ein Sexspielchen, wie sie es von früher her aus Paris kannte. Foucher habe die Rolle des Priesters übernommen. Abouard, der Libanese, der Graf und zwei Geschäftsfreunde des Grafen hatten mitgespielt.
Von der zweiten schwarzen Messe in der Familienkapelle am Roten Château, bei der Athénaïs ums Leben gekommen war, wollte Béatrice nichts gewusst haben. Immerhin ließ sie durchblicken, dass Athénaïs von ihrer Ahnin, der königlichen Mätresse, geradezu besessen gewesen war, ebenso wie von dem Grafen. Bruno fragte, ob sie bestätigen könne, dass Athénaïs wirklich geglaubt habe, mit einem Liebeselixier und einer schwarzen Messe die Gunst des Grafen gewinnen zu können, wie dies auch schon ihre Ahnin im Hinblick auf den Sonnenkönig versucht hatte.
»Absolut«, antwortete Béatrice. »Sie sprach von nichts anderem mehr – was Eugénie in Rage brachte, weil sie den Grafen ja für sich haben wollte.«
»So sehr in Rage, dass sie Athénaïs am liebsten tot gesehen hätte?«, fragte der Procureur.
Béatrice nickte entschieden und erklärte beharrlich, zum Zeitpunkt von Athénaïs’ Tod nicht anwesend gewesen zu sein. Allerdings habe sie mitbekommen, dass im Roten Château Panik ausgebrochen sei. Kurze Zeit später habe sie unten, vom toten Seitenarm des Flusses her, Rauch aufsteigen sehen, dann einen brennenden Kahn, der in den Fluss hinaus und von der Strömung weitergetrieben worden sei. Sie habe sich gescheut, dem Grafen oder Foucher Fragen zu stellen. Erst als am nächsten Tag die Zeitung von der mysteriösen Toten im Kahn berichtet habe, sei ihr klar geworden, dass es sich um Athénaïs gehandelt haben musste.
»Der Graf wollte ihren Tod, brauchte aber auch ihre Leiche«, sagte der Staatsanwalt. »Ohne sie hätte er nichts geerbt.«
»Der Graf war nicht zugegen. Er hat die Nacht mit mir verbracht. Foucher rief ihn an, in heller Aufregung. Wir sprangen aus dem Bett, schauten zum Fenster hinaus und sahen das Feuer. Er ist sofort losgefahren, musste aber den Umweg über die Brücke nehmen. Ich habe mich angezogen und bin zum Ufer gelaufen. Der Kahn trieb gerade vorbei. Zu dem Zeitpunkt muss der Graf noch unterwegs gewesen sein. Als ich ihn am Morgen sah, war er außer sich vor Wut.«
Bruno war sich im klaren darüber, dass die volle Wahrheit wahrscheinlich nie ans Licht gelangen würde. Allem Anschein nach hatte Eugénie Athénaïs getötet und mit Foucher ihre Leiche in den Kahn geschafft. Die Frage, ob Foucher den Kahn hatte versenken oder tatsächlich bergen wollen, als er auf die Brücke von Saint-Denis zugetrieben war, blieb unbeantwortet.
»Sie müssen bedenken, Athénaïs, Foucher und Eugénie hatten jede Menge Koks geschnupft«, sagte Béatrice.
»Das ist reine Spekulation«, hatte ihr Anwalt zum Schluss der Vernehmung gesagt. Der Staatsanwalt ließ sich noch Zeit mit der Entscheidung darüber, ob er Anklage wegen Unterschlagung von Beweismitteln und Strafvereitelung gegen sie erheben sollte oder nicht.
Wie bei Junots Trauerfeier trug Béatrice ein schwarzes Seidenkleid samt Schleier. Sie stand dicht neben dem Baron, und hätte der nicht den gebrochenen Arm in einer Schlinge gehabt, hätte sie sich wohl bei ihm untergehakt, vermutete Bruno. Die beiden waren allerdings nicht gemeinsam gekommen. Bruno wusste, dass Béatrice dem Baron vorgeschlagen hatte, der Roten Komtesse die auberge in Saint-Philippon abzukaufen. Die Rüstungslobby aber würde dort keine lukrativen Treffen mehr veranstalten wollen; darüber waren sich der Baron und Bruno im klaren. Vielleicht würde ein erfahrener Hotelier für Aufschwung sorgen können, nachdem sich die Wogen wieder geglättet hätten.
Béatrice war offenbar nicht kleinzukriegen. Falls es ihr nicht gelingen sollte, den Baron für sich zu gewinnen, würde sie jemand anderen finden. Ihr war anscheinend der weiße Jaguar zugesprochen worden, und ihr Anwalt forderte bereits für sie einen Anteil an der auberge. Sie hatte auch schon mit dem
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