Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)
ist Athénaïs de Bourbon.«
»Françoise-Athénaïs«, korrigierte Bruno. »Ein Familienmitglied hat sie auf dem Foto wiedererkannt, das Sie mir zugeschickt haben.«
Nach dem ersten Gang – Brunos selbstgemachter foie gras – bat Bruno seinen Gast in die Küche, um ihn zu überraschen. Er öffnete die Ofenklappe, zog vorsichtig das Backblech heraus und stellte es auf den Herd.
»Poulet bière au cul«, erklärte er triumphierend. »Erinnern Sie sich? Wir waren im Konvoi unterwegs und wurden von einem texanischen Radioreporter bekocht. Er hat dieses tolle Gericht zubereitet. Das Bier verdampft im Inneren des Huhns, und das Fleisch bleibt wunderbar saftig.«
» Putain, ja, jetzt erinnere ich mich wieder«, antwortete Gilles. »Er behauptete, für das Bier zehn Dollar auf dem Schwarzmarkt bezahlt zu haben.«
Bruno befreite das Hühnchen von der Bierdose, legte es mit den Kartoffelscheiben auf einen Servierteller und bat Gilles, es zum Tisch zu tragen und dort zu zerteilen, während er noch schnell die Sauce zubereitete. Eine halbe Stunde später war das Hühnchen verzehrt und vom Pomerol nur noch ein Drittel übriggeblieben, als Gilles’ Handy klingelte. Seine Redaktion wollte mit ihm sprechen. Bruno räumte den Tisch ab, servierte den Käse und löste für Balzac Fleischreste von den Hühnerknochen. Weil Gilles’ Gespräch länger dauerte, spülte Bruno in der Zwischenzeit das Geschirr, räumte die Küche auf und brachte frische Bettwäsche und Handtücher ins Gästezimmer.
»Fertig«, rief Gilles und füllte die Gläser zur Begleitung für den Käse. »Wir haben nur gerade ein bisschen an den Schlagzeilen, den Bildunterschriften und am Aufmacher gebastelt. Eine gute, wenn auch traurige Story. Sie wollen wissen, was als Nächstes passiert, nach dem Exorzismus. Ob’s eine Fortsetzung gibt.«
»Wäre das nicht ein fulminanter Abschluss?«
»Aber erst muss noch geklärt werden, wer den Teufel in der Höhle beschworen und warum Athénaïs ihren Selbstmord mit satanistischen Symbolen ausstaffiert hat. Meine Redaktion will, dass ich ein Interview mit der Roten Komtesse führe.«
»Die Komtesse hat Athénaïs nicht identifiziert. Es war ihre Schwester. Die Komtesse leidet an Alzheimer und kommt aus ihrem Bett nicht mehr heraus.«
»Dann unterhalte ich mich eben mit der Schwester.«
»Ich fürchte, die hat mit der Presse nicht viel im Sinn«, sagte Bruno.
»Damit kann ich umgehen. Der Name Paris Match bewirkt immer noch Wunder.«
Sie setzten sich mit Brandygläsern wieder ans Feuer, und Bruno erzählte: von dem Feriendorf in Thivion, der Roten Komtesse im Wintergarten des Châteaus, Fouchers Vorstrafe wegen Insidergeschäften und den Partys der Rüstungslobby in der auberge des Grafen. Gilles machte sich Notizen.
Als Bruno fertig war und ein Holzscheit nachlegte, meinte Gilles: »Dreh- und Angelpunkt scheint dieser Graf zu sein. Was hat er zu all dem zu sagen?«
»Ich habe ihn noch nicht vernehmen können.«
»Hätten Sie was dagegen, wenn ich mich einschalte? Er ist der Cousin der Toten, nicht wahr? Wenn Athénaïs der einzige Nachkomme der Komtesse war, wird der Graf nicht nur seine Großmutter beerben, sondern auch die Rote Komtesse.«
Bruno fuhr zusammen. Warum hatte er daran noch nicht gedacht? Doch dann ließ er sich wieder in den Sessel zurückfallen. Der Graf konnte sie nicht beerben.
»Laut Autopsie hat Athénaïs irgendwann ein Kind zur Welt gebracht«, sagte Bruno. »Vielleicht ist das die Fortsetzung Ihrer Story. Sie haben doch bestimmt einen Korrespondenten in Hollywood, der dieses Kind leichter ausfindig machen kann als ich.«
»Mehr als einen«, erwiderte Gilles. Vielleicht würde das Magazin wieder einen Privatdetektiv engagieren, jemanden, der darauf spezialisiert ist, vermisste Personen über Krankenhauskarteien, Geburtsurkunden, Schulregister oder dergleichen aufzuspüren. So einer hat bereits Athénaïs’ letzten Wohnsitz ausfindig gemacht und eine Menge weiterer Informationen aufgespürt: dass sie völlig pleite gewesen war und dass man ihre Kreditkarten gesperrt und ihren Wagen beschlagnahmt hatte.
»Die Absteige, in der sie noch Anfang dieses Jahres wohnte, hatte nicht einmal eine Garage«, berichtete Gilles. »Aus ihrem halbseidenen Leben in Hollywood ließe sich auch noch eine nette Story machen.«
»Und dann ist sie nach Hause zurückgekehrt.«
»Um zu sterben. So ungefähr lautet eine unserer Überschriften. Wollen Sie noch einen letzten Schluck trinken?«
Bruno
Weitere Kostenlose Bücher