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Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)

Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition)

Titel: Femme fatale: Der fünfte Fall für Bruno, Chef de Police (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walker
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unreiner Geist, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.«
    Er legte eine Pause ein. Das auf ihn gerichtete Scheinwerferlicht wurde schwächer, worauf der Chor laut intonierte:
    »Credo in unum Deum, Patrem omnipotentem, factorem cœli et terrae, visibilium omnium et invisibilium – ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde sowie alles Sichtbaren und Unsichtbaren.«
    Musik und Chorgesang schallten mit einer solchen Wucht durch den Höhlenraum, dass sich das Wasser des ansonsten stillen Sees kräuselte und die Lichtspiegelung an der Oberfläche schillern ließ.
    »Der Geist des Allmächtigen sei mit uns«, rief der Priester.
    »Sanctus, Sanctus, Sanctus«, intonierte der Chor in drei großen, aufsteigenden Akkorden. »Heilig, heilig, heilig Gott, Herr aller Mächte und Gewalten.«
    Bruno fühlte sich in andere Sphären versetzt. Noch nie hatte er einen derart bewegenden Gottesdienst erlebt. Als Skeptiker war ihm bewusst, dass die Szenerie, die raffinierte Beleuchtung und die großartige Akustik, die den Chorgesang kraftvoll unterstützte, zusammenwirkten und Kindheitserinnerungen an Kirche und Frömmigkeit weckten. Er fühlte sich getragen von einer Welle der Gemeinschaft mit den vielen andächtigen Mitbürgern von Saint-Denis, die ebenso tief beeindruckt vom Licht, von der Musik und den Worten ihres Priesters waren. Eine dramatische, einmalige Erfahrung.
    Pater Sentout nahm nun das heilige Abendmahl vor. Feierlich hob er den Weinkelch und die silberne Hostienschale in Richtung auf das große Kruzifix. Und während sie Hosianna in Excelsis sangen, trat ein Chormitglied nach dem anderen vor, kniete vor dem Altar nieder und nahm das Sakrament entgegen.
    Nach dem Agnus Dei sprach der Pater die Worte: »Ita, missa est.«
    Bruno glaubte, der Gottesdienst sei damit beendet. Er wollte aufstehen, als plötzlich ein Sirren zu hören war, gefolgt von einem heftigen Donnerschlag. Staub wirbelte auf, und durch das Deckengewölbe brach plötzlich helles Tageslicht.
    Schreiend sprangen die Versammelten von ihren Plätzen auf, Stühle kippten krachend um. Über den allgemeinen Tumult dröhnte die verstärkte Stimme des Priesters: »Ein Zeichen! Gott der Herr gibt uns ein Zeichen!«
    Die Hand in Richtung des Lichtstrahls ausgestreckt, der gleißend hell von der Decke herabfiel, brüllte er: »Und der Herr sprach, es werde Licht.«
    Er wandte sich an den Chor, der hinter ihm stand, und hob wie ein Dirigent die Arme, um die Sänger mit einstimmen zu lassen. Während sich der Staub allmählich legte, war nur dieser eine, von den Mikrophonen verstärkte Satz aus der Schöpfungsgeschichte zu hören, ständig wiederholt und von den Sängern aufgegriffen: »Es werde Licht.« Die Zuschauer beruhigten sich, viele bekreuzigten sich.
    Bruno sah zur Höhlendecke hinauf und in das Bündel von Sonnenstrahlen, das durch die kreisrunde Öffnung von oben hereinfiel. Als er auf den Boden blickte, sah er nur den Korb, mit dem sich jeder Tourist für zwanzig Euro abseilen lassen konnte. Das Seil hatte sich von der Winde gelöst und lag nun in wirren Schleifen neben den Trümmern des Korbs. Bruno mochte nicht an einen Zufall glauben. Das Timing war einfach zu perfekt. Manche bekannten tatsächlich lauthals, einem Wunder beigewohnt zu haben.
    »Na, wenn das nicht heute Abend in den Fernsehnachrichten gebracht wird«, sagte der Baron überaus zufrieden und gab dem Bürgermeister einen Klaps auf den Rücken.
    »Hier lang«, sagte der Bürgermeister, als sie durch den Höhlenausgang ins Freie traten. »Wir essen jetzt alle zu Mittag.«
    Er führte Bruno, Jean-Jacques und den Baron zu dem städtischen Kleinbus, der sonst für Seniorenausflüge benutzt wurde, und machte kehrt, um Pater Sentout, den Held des Tages, zu holen. Jean-Jacques hielt Bruno zurück, als der dem Baron in den Bus folgen wollte. »Wir haben noch was Dienstliches zu bereden«, entschuldigte er sich bei dem Baron und stellte sich mit Bruno etwas abseits.
    »Heute Morgen um halb neun gab es eine kleine Überraschung«, sagte Jean-Jacques. »Der Präfekt kam in mein Büro, was er sonst nie tut, und legte mir umständlich nahe, dem Betrugsverdacht gegen die Investoren des Feriendorfes von Thivion nicht weiter nachzugehen. Er hat dann bedeutungsvoll mit dem Finger zur Decke hochgezeigt und ging.«
    »Druck von oben?«, fragte Bruno.
    »Von ganz weit oben«, antwortete Jean-Jacques. »Ich habe mich daraufhin diskret bei seinem Sekretär erkundigt und

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