Femme Fatales
dem Sitz fixierte und, der in Verbindung mit Handschellen und Kapuze, jeglichen Widerstand unterband.
Während sich der Wagen ruckelnd in Bewegung setzte, versetzte man Milena eine Ohrfeige. Zwar wurde deren Härte von der Kapuze etwas gemildert, doch sie erfolgte so unerwartet, dass sie Milena erneut in einen Schockzustand versetzte.
„Du hältst die Fresse, kapiert? Du tust, was man Dir sagt, kapiert?“ Die Stimme einer Frau - hohl und dumpf.
Zur Bekräftigung erhielt Milena eine zweite Ohrfeige.
Milena war von dieser zweiten Ohrfeige sogar noch umfassender geschockt, als von der ersten. Sie spürte instinktiv, dass es wenig Sinn hätte, dem unerhörten Verhalten der Beamten zu widersprechen.
Milena war ihnen fürs erste ausgeliefert und am Besten machte sie ihnen so wenige Schwierigkeiten, wie möglich. Irgendwann musste sich der Irrtum, dem man hier unterlag, aufklären. Dann war immer noch Zeit genug, sich bei den zuständigen Institutionen über das skandalöse Fehlverhalten der Beamten zu beschweren.
Milena glaubte, dass der Wagen zuletzt in einer Tiefgarage stoppte, denn nachdem die Türen geöffnet worden waren, hatte es nach Benzin, frischem Beton und Gummi gerochen. Außerdem erzeugte jedes Geräusch hier ein dumpfes Echo. Nicht anders als das, was sie aus der Tiefgarage kannte, in der sie ihren Fiat abzustellen pflegte.
Von der Tiefgarage schleppte man sie zu einem Korridor und von dort in einen Aufzug, dessen Türen sich klingelnd öffneten.
Falls dies ein Amtsgebäude war, ja vielleicht sogar die Präfektur am Quai des Orfèvres 36, weshalb war es dann so furchtbar still in dem Korridor und der Tiefgarage gewesen? Warum klingelten dort nirgendwo ein Telefon, klappten keine Türen, hielt offenbar niemand einen Schwatz auf dem Büroflur?
Oder irrte sie sich? Hatte man sie in irgendeines der Reviere oder eine der vielen Sonderkommissariate gebracht, die überall in der Stadt verteilt bestimmten Spezialaufgaben nachgingen?
Angesichts der rücksichtslosen Art und Weise, mit der man sie behandelte, musste man sie schon mit einer wirklich gefährlichen Kriminellen verwechselt haben.
Und daran, dass es sich bei ihrer Festnahme um eine Verwechslung handelte, konnte für Milena selbstverständlich gar kein Zweifel bestehen. Sie achtete das Gesetz und glaubte fest an den Sinn von Regeln. Weil sie Mathematikerin war, hatte sie eine konkretere Vorstellung von den beängstigenden Kräften des Chaos, als die meisten Leute. Sie war zudem überzeugt in einem Land und zu einer Zeit zu leben, in der die Grundrechte der Bürger von Seiten der Obrigkeit nicht einfach nur respektiert und geachtet, sondern sogar vehement verteidigt wurden.
So wehrte sie sich nicht, als man sie immer noch mit der roten Kapuze über dem Kopf nach der Liftfahrt aufwärts, irgendeinen Flur entlang führte.
Ihre Handgelenke schmerzten von den Handschellen und sie hatte große Mühe in ihren hochhackigen Pumps dem eiligen Tempo der Polizisten zu folgen.
Da musste wohl irgendeine Tür sein. Denn die Polizisten blieben stehen und drängten Milena unnötig rücksichtslos gegen eine Wand.
Ein undefinierbares Geräusch.
Man zog Milena von der Wand weg und stieß sie wohl in irgendein Zimmer.
Selbst durch die Kapuze hindurch waren die Hitze und der abgestandene Geruch eines lange nicht gelüfteten Raums deutlich zu spüren.
Das Atmen fiel Milena schwerer und zum ersten Mal zeigte sie so etwas wie Widerstand, als man sie hart vorwärts stieß.
Hinter ihr oder vielleicht auch neben ihr? – Schritte.
Eine Tür fiel ins Schloss. Das Geräusch, mit dem die Tür zufiel, war ungewöhnlich satt. Es hatte etwas beklemmend Endgültiges.
Irgendwer ergriff die rote Kapuze und entfernte sie.
3.
Milen a zwinkerte einige Male und sah einen Raum, etwa 25 bis 30 Quadratmeter groß.
Sein Boden bestand aus geglättetem Estrich. Seine Wände waren mit gräulich braunem Stoff dicht abgepolstert und eine Tür führte direkt gegenüber zu irgendeinem Nachbarraum, womöglich sogar einer ganzen Zimmerflucht.
Es war kein Fenster zu sehen durch das natürliches Licht eingefallen wäre. Aber unter einem festen Drahtgitter hervor, verbreitete eine Neonlampe unnatürlich kaltes Licht.
Auf Milena wirkte das Zimmer wie eine Zelle in einer Irrenanstalt, wie man sie vom Fernsehen und aus dem Kino kannte.
Beinah exakt in der Raummitte entdeckte Milena einen seltsamen Gegenstand, der zunächst an einen Zahnarztstuhl erinnerte.
Die Sitzfläche, aber
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