Fenster zum Tod
nicht einfach … verschwinden. Das würde sich monatelang hinziehen.«
»Ganz deiner Meinung.«
Howard überlegt. Er weiß nicht, in welchem Zustand Bridgets Leiche ist, und will auch keine Details wissen, nur das eine: »Kann man es wie einen Unfall aussehen lassen, oder noch besser, als hätte sie’s selbst getan?«
Lewis schweigt. Drei Sekunden lang. »Ja. Vielleicht.« Dann: »Morris und Bridget haben doch mehrere Wohnungen in der Stadt.«
»Wir müssen die nehmen, in die man am leichtesten reinkommt. Eine ohne Kameras und Türsteher. Ich habe Leute, die das übernehmen können. Sie werden sich als Umzugsleute verkleiden.«
Howard zwingt sich, sich zu konzentrieren. »Bridgets Wohnung. Die, in der sie gewohnt hat, bevor sie Morris kennengelernt hat. In der Nähe der Columbus Avenue. Kein Portier, und ich kann mich erinnern, dass sie gesagt hat, die Überwachungskameras sind nur Show. Sie sind nirgendwo angeschlossen. Sie hat die Wohnung behalten, für Freunde, die zu Besuch kommen. Der Schlüssel müsste noch an ihrem Schlüsselbund hängen.«
»Adresse?«
Howard gibt sie ihm.
»Alles klar«, sagt Lewis. »Ich weiß, wie wir das machen. Ich habe ihr Handy. Du wirst in der nächsten Stunde einen Anruf bekommen. Von Bridgets Handy. Den wirst du in Agathas Anwesenheit entgegennehmen. Dann wirst du so tun, als redest du mit Bridget.«
»Ich bin nicht doof, Lewis.«
»Howard, lass mich das einfach durchspielen. Du gehst ran, du fragst sie, was los ist, sie ist völlig mit den Nerven runter. Dann hängt sie auf, und wenn Agatha fragt, ob was nicht stimmt, sagst du: ›Bridget hat gesagt: Es tut mir so leid, Howard, aber er saugt mir das Mark aus den Knochen. Ich kann nicht mehr.‹ Meinst du, du bekommst das hin?«
»Ja.«
»Dann rufst du Morris an. Sagst ihm, du machst dir Sorgen um Bridget. Du hast so einen seltsamen Anruf von ihr bekommen.«
»Verstanden.« Howard sucht nach Schwachstellen. »Was ist mit einem Abschiedsbrief?«
»Schon erledigt«, sagt Lewis. »Hab was Handschriftliches von ihr in ihrer Handtasche gefunden. Kinderleicht. Schon mal gemacht.«
Es gibt noch immer Dinge, die Howard über Lewis nicht weiß. Aber so wütend er auch ist, in diesem Augenblick ist er froh, dass Lewis ein Profi ist.
»Tu’s.«
Lewis legt auf.
Howard muss sich erst ein wenig fangen. Er legt die Hände flach auf den Tisch, lehnt sich zurück, schließt die Augen und hofft, sich so weit wie möglich wegdenken und durchatmen zu können. Doch dazu müsste er sich hunderttausend Kilometer weit wegdenken können.
Lieber Gott.
Dann fällt ihm plötzlich ein, dass Agatha mit Freunden zu Mittag essen gehen will. Aber er braucht sie hier. Als Zeugin.
»Agatha«, sagt er, vergewissert sich, dass er sein Handy dabeihat und geht zu ihr an den Schreibtisch. »Ich brauche von Ihnen sämtliche Umfragewerte für Morris aus den letzten sechs Monaten.«
»Die Berichte sind alle im Computer«, sagt sie. »Ich kann Ihnen zeigen, wo.«
»Ich weiß, aber ich möchte, dass Sie sie mir auf einer Seite zusammenfassen. Auf Papier.«
»Ich mache das gleich nach dem Mittagessen.«
»Ich brauch’s jetzt. So schnell, wie’s geht.«
Agatha wirft einen Blick auf die Zeitanzeige in der Bildschirmecke. »Selbstverständlich, Howard. Ich mache das sofort. Ich will nur – ich muss nur schnell telefonieren und einen Termin umlegen.«
»Danke, das ist großartig.«
Sein Handy klingelt, und es ist, als sei in seinem Armani-Sakko eine Handgranate explodiert. Bemüht, seinen Schrecken zu verbergen, zieht er das Telefon heraus und hält es sich ans Ohr, ohne nachzusehen, wer dran ist.
»Howard.«
Er erwartet Schweigen. Macht sich bereit, selbst etwas zu sagen. Etwas wie Bridget? Alles in Ordnung mit dir. Was ist denn los?
»Hey, bleibt’s bei heute Abend?«, sagt Morris.
»Morris. Hallo.«
»Hast du’s vergessen?«
»Nein, natürlich nicht. Wir müssen reden.«
»Die Times ist mit der Geschichte nicht weitergekommen, aber sie werden nicht aufgeben.«
»Seh ich auch so.« Dann fragt Howard: »Kommt Bridget auch dazu?«
»Nein. Das Ganze regt sie so auf, das will sie sich nicht auch noch beim Abendessen antun.«
»Da ist sie nicht die Einzige«, sagt Howard.
»Ich bin noch immer der Meinung, dass ich das Richtige getan habe«, sagt Morris. »Wenn ich dieselbe Entscheidung noch einmal treffen müsste, ich würde es tun. Und wenn es rauskommt, dann werde ich das genauso sagen. Bis heute Abend.«
Howard steckt das Handy weg
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