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Fenster zum Zoo

Fenster zum Zoo

Titel: Fenster zum Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Anweisungen. Die Tierpfleger sollten selbstverständlich weiterarbeiten, lediglich das Kassenpersonal wurde beurlaubt. Es galt, keine Spuren zu verwischen und einen großen Bogen um alle vier Bärenanlagen zu machen.
    Muschalik stand da und hörte, wie van Dörben Kraft mit der Leitung der Ermittlungsarbeiten beauftragte und sich verabschiedete.
    Die Maschinerie lief an.
    Ohne ihn.
    Auf einmal wusste er, dass er es nicht aushalten würde, nicht dabei zu sein. Das hier war sein Fall. Er konnte ihn unmöglich Kraft mit seinen Privatproblemen überlassen und nur ein Zuschauer oder Mitläufer sein oder bestenfalls Ratgeber. Er konnte sich nicht mit Herrn Dr. Oetker beschäftigen, Kinder hüten und den Pensionär spielen, während Kraft womöglich – in seiner Nachlässigkeit – einen Fehler nach dem anderen machte. Er sah van Dörben nach, suchte krampfhaft nach einer schnellen Lösung und hatte eine Idee. Er folgte ihm.
    »Herr van Dörben«, sprach er ihn an.
    »Muschalik?«, van Dörben drehte sich um. »Hab ich etwas vergessen?«
    »Nein.«
    Van Dörben war ein großzügiger Mann, der eigentlich jedem vernünftigen Vorschlag zustimmte, der an ihn herangetragen wurde.
    »Ich habe, wie Sie wissen, vor zwei Wochen meinen Vorruhestand angetreten«, begann Muschalik zögernd.
    »Ja, das ist mir bekannt. Sie haben es gut. Sie können nach Hause gehen, wenn es brenzlig wird.«
    »Das ist es ja.« Muschalik hatte seine Schirmmütze abgenommen und drehte sie in den Händen hin und her. »Ich kann es nicht. Nicht in diesem Fall. Ich kenne mich gut aus im Zoo, und ich pflege eine Art … Freundschaft mit den meisten Tierpflegern.«
    »Auch mit der Bärenpflegerin?«, fragte van Dörben interessiert.
    »Nun ja, nicht direkt«, musste Muschalik zugeben, »aber ich kenne auch sie ziemlich gut. Ich habe meinen Urlaub noch nicht genommen. Eigentlich feiere ich ihn gerade ab, sonst wäre ich erst drei Wochen später in den Vorruhestand gegangen.«
    »Und?«
    »Ich dachte, wenn ich gebraucht würde, würde ich darauf verzichten.«
    »Auf Ihren wohl verdienten Urlaub? Das wird nicht nötig sein«, van Dörben winkte ab.
    »Aber mir liegt der Fall sehr am Herzen.«
    Van Dörben musterte ihn skeptisch. »Sie meinen, Sie als ehemaliger Gewerkschaftler, Sie wollen unbedingt …«
    »Ja, unbedingt«, fiel Muschalik ihm ins Wort.
    »Nun. Olaf Kraft leitet die Ermittlungen. Aber wenn Sie sich mit Kraft einig werden, mir soll es recht sein. Ich kann das mit dem Präsidenten für Sie klären. Werden denn drei Wochen reichen?«
    »Sicher«, sagte Muschalik zuversichtlich.
    »Wenn nicht, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen. Aber nicht, dass Sie mir hinterher zur Gewerkschaft rennen.« Van Dörben drohte mit dem Finger.
    »Niemals«, beteuerte Muschalik, »ich hab mit der Gewerkschaft nichts mehr am Hut. Das ist vorbei.«
    »Aber sich Kraft unterzuordnen wird Ihnen schwer fallen.«
    »Das glaube ich nicht. Wir werden uns schon einig.« Muschalik atmete auf.
    »Was halten Sie eigentlich von ihm?«
    »Er wird einmal ein sehr guter Kommissar sein.«
    Van Dörben sah ihn fragend an.
    »Wenn er seine Privatprobleme im Griff hat.«
    Muschalik verschaffte van Dörben einen kurzen Überblick über Krafts Familiensituation.
    »Dann wird es ihm vielleicht sogar recht sein, wenn Sie dazustoßen. Und Sie können es wohl kaum abwarten, scheint mir. Für einen Ruheständler sind Sie ja auch viel zu jung.« Van Dörben schüttelte den Kopf.
    »Vorruheständler bin ich«, erinnerte Muschalik ihn.
    »Dumme Idee. Warum haben Sie das gemacht, bei Ihrem Elan?«
    »Ach, das ist eine alte Geschichte. Als meine Frau noch lebte, da hatten wir einen Plan. Aber das ist lange her. Ich glaube, ich habe es wegen der Erinnerung daran getan, und ich wollte nicht zu denen gehören, die sich an ihren Job klammern, als gäbe es sonst nichts auf der Welt.«
    Van Dörben schien zu verstehen. »Ja, manchmal sind die Dinge anders, als sie scheinen. Wir können auch die Sache mit dem Vorruhestand sicher wieder rückgängig machen, wenn Sie wollen. Ich muss mich da mal schlau machen.«
    »Nein. Ich will nur noch diesen einen Fall haben.«
    »Dann legen Sie los. Und erinnern Sie Kraft an den Bericht«, sagte van Dörben und wollte gehen.
    »Ich hätte da schon sofort eine Bitte.« Muschalik hielt ihn zurück. »Es ist wichtig, den Bären leben zu lassen. Könnten Sie sich für das Einsperren entscheiden?«
    »Wenn Sie mir sagen, warum.«
    »Für den Fall, dass die

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