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Fenster zum Zoo

Fenster zum Zoo

Titel: Fenster zum Zoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Bärenpflegerin wirklich verschwunden ist und bleibt. Sie wird nicht wiederkommen, wenn es den Bären nicht mehr gibt.«
    »Also gut«, entschied van Dörben, »dann wird er nur eingesperrt. Aber es muss gewährleistet sein, dass er auf keinen Fall aus der Höhle kann.«
    »Ich rede mit dem Zoodirektor.«
    * * *
    Kraft schien sogar erleichtert, als er von Muschaliks kurzfristigem und vorübergehendem Wiedereintritt in den Dienst hörte, den dieser ihm portionsweise präsentierte. »Gott sei Dank«, stöhnte er, »der Fall macht mir nämlich Angst. Von wilden Tieren habe ich keine Ahnung.«
    »Ich bin bei dir.«
    Kraft grinste.
    »Ich werde übrigens den Fall auch leiten.«
    Kraft zog die Stirn kraus und schniefte. »Wer sagt das?«
    »Van Dörben.« Muschalik fand, dass es sich viel besser anhörte.
    »Wieso?«
    »Keine Ahnung.«
    Kraft murmelte etwas von Vorurteilen und Misstrauen, und Muschalik hatte ein schlechtes Gewissen.
    »Sicher nur, weil mir der Ruf des Zookenners vorauseilt. Das hat nichts mit dir zu tun«, tröstete er Kraft.
    »Na, dann soll’s mir recht sein. Was machen wir also jetzt?«
    »Wir ermitteln.«
    Auf dem Weg zum Südamerika-Haus erzählte Muschalik Kraft vom nächtlichen Ausflug mit Nelly.
    »Eine Schiffstour? Ihr zwei?«, fragte Kraft ungläubig, als wäre dies ein unvorstellbarer Gedanke.
    »Ja, wieso nicht?«
    »War es wenigstens schön?«
    »Ja. Es war schön«, antwortete Muschalik trotzig.
    »Dann war es wegen Nelly, dass du keine Zeit für die Kinder hattest, obwohl du die ganze Zeit im Zoo warst?«
    Muschalik schwieg, es war nicht der richtige Moment, Kraft zu sagen, dass er mit Nelly mehr Gemeinsamkeiten hatte als mit seinen Kindern. Im Vorbeigehen suchte er vergeblich nach dem kleinen Panda, der vor dem Regenwetter geflüchtet war und seinen Hochsitz verlassen hatte.
    »Hast du sie hinterher nach Hause gebracht?«, fragte Kraft mit einem unüberhörbaren Unterton.
    »Wir haben uns am Zoo verabschiedet. Es war genau Mitternacht«, sagte Muschalik und dachte an den Blick, den Nelly ihm durch das Torgitter zugeworfen hatte.
    »Wieso genau?«
    »Weil ich sie noch gefragt habe, ob sie keine Angst hätte um Mitternacht im Zoo zu sein.«
    »Die und Angst«, stieß Kraft hervor und kickte einen Stein vor sich her.
    »Und es war Vollmond«, erinnerte sich Muschalik.
    »Ach, wie romantisch.«
    »Wir wollten heute schwimmen gehen.«
    »Du musst verrückt sein, Lorenz. Wie kommst du nur dazu? Der Notarzt sagt, der Tod sei zwischen elf und ein Uhr nachts eingetreten, weißt du, was das heißt?«
    »Nein«, sagte Muschalik bockig und beschloss, über das Gulasch in Madeira, den Spaziergang am Rhein und die Kletterpartie auf der Mauer zu schweigen. Stattdessen erzählte er von seinem wachsenden Unbehagen, von Jartmanns Andeutungen über Nellys Vergangenheit und von den dunklen Flecken auf ihrem Sommermantel in der letzten Nacht, als er sie am Nebeneingang wiedergetroffen hatte.
    »Wie viel Uhr war es da?«, unterbrach ihn Kraft.
    »Das weiß ich nicht genau«, Muschalik überlegte, »es kann nach eins gewesen sein.«
    »Was hast du in der Zwischenzeit gemacht?«, Kraft war auf der Suche nach einem neuen Stein.
    »Auf sie gewartet. Was sonst?«
    »Und die Patrone gefunden. Warum hast du mich nicht sofort informiert?«
    »Ich konnte nicht wissen, dass es um Leben und Tod geht«, sagte Muschalik und wurde langsam wütend.
    »Aber geahnt hast du es.«
    Sie hatten das Südamerika-Haus erreicht, und er stellte einen Fuß auf die erste Stufe.
    »Nicht einmal das«, wehrte sich Muschalik, »es ging alles viel zu schnell. Es war vorbei, ehe es begann. Erst vorgestern hat Jartmann zum ersten Mal Andeutungen gemacht. Normalerweise entwickeln sich solche Dinge langsamer. Ich bin wirklich am Ball geblieben. Ich war jeden Tag hier.« Er verteidigte sich und fragte sich gleichzeitig, warum er es tat. Er tat es nicht für Kraft.
    Mattis schimpfte sofort los, als er Muschalik und Kraft kommen sah.
    »Sie bringt einen ganzen Berufsstand in Misskredit«, fluchte er, und die Äffchen flohen kreischend, »den guten Ruf unseres Zoos und den des Grizzly dazu. Ich war über fünfzehn Jahre für die Bären verantwortlich. Es hat nicht einen einzigen Toten gegeben. Nicht einen einzigen! Es hat überhaupt noch nie einen gegeben hier in Köln. Sie wäre besser in Duisburg geblieben.« Endlich kam er näher, beruhigte sich etwas und sagte dann zu Muschalik: »Jartmann, diese oberschlaue Nervensäge, war nicht hier um ein

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