Fenster zum Zoo
olivefarbenen Arbeitskleidung zusammenstehen. Es war eine Frau unter ihnen. Er ging zu ihnen und zeigte seinen Ausweis. Der Älteste wollte sofort die Gruppe verlassen, um einer dringenden Arbeit nachzugehen, aber Muschalik bat ihn zu bleiben, er habe ein paar dienstliche Fragen wegen Nelly Luxem zu stellen. Sie nickten, sie wussten Bescheid, sie hatten die Zeitung gelesen.
»Ich möchte gern wissen, warum Nelly in Köln geblieben ist, anstatt in den Duisburger Zoo zurückzukehren, nachdem der Kölner Bär wieder gesund war.« Er sah von einem zum anderen. »Sie waren Kollegen.«
Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort, die Muschalik bekam. »Wie lange hat sie denn hier gearbeitet?«
»Ziemlich lange«, sagte der Jüngere.
»Zwei, drei Jahre?«
»Länger. Über fünf.«
»Und Sie?«
Die Tierpflegerin war ein Jahr nach Nelly in den Duisburger Zoo gekommen, die beiden Männer waren schon über zehn Jahre dort.
»Dann werden Sie doch irgendetwas Persönliches von ihr wissen. Haben Sie sich nach Feierabend vielleicht mal getroffen?«
»Früher, ja. Bevor sie ihren Freund hatte«, sagte der Jüngere.
»Und wann lernte sie ihn kennen?«
»Kurz nachdem sie hier anfing, nach einem halben Jahr oder so. Das ging erst voriges Jahr zu Ende.«
»Sie haben sich getrennt?«
»Sich trennen – so kann man das auch nennen.« Die drei lachten.
»Wie würden Sie es denn nennen? Haben Sie ihn kennen gelernt?«
»Er hat sie zuerst immer gebracht und abgeholt. Wir haben ihn am Eingang stehen sehen, wenn er auf sie wartete«, sagte der Jüngere, »später ist er auch immer öfter mit hereingekommen. Fast jeden Tag.«
»Was hat er hier gemacht?«
»Er hat da drüben auf der Bank gesessen«, sagte der Jüngere und zeigte auf eine Holzbank gegenüber der Bärenanlage. »Sonst nichts. Er hat da gesessen. Zuerst, jedenfalls.«
»Und später?«
»Später hat er uns angemacht. Er war ein Terrier, wissen Sie. Klein, aber giftig. Er hatte etwas Hinterhältiges. Als ob einer von uns was von Nelly gewollt hätte. Wir haben sowieso immer nur das Nötigste mit ihr gesprochen. Er hatte keinen Grund uns zu drohen. Aber wir wollten es nicht darauf ankommen lassen. Und Nelly keinen Ärger machen, sie hatte bestimmt schon genug.«
»Womit hat er denn gedroht?«
Der Jüngere hob die Hände, als zielte er auf Muschalik und sagte: »Peng.«
»Und eines Tages kam er nicht mehr?«
»Nein«, sagte sie, »da war er verschwunden. Er kam von einem auf den anderen Tag nicht mehr.«
»Wie hieß er denn?«
»Albert«, sagten alle drei gleichzeitig.
»Albert und weiter?«
»Keine Ahnung«, sagte die Frau.
Die Männer bestätigten ihre Aussage mit einem Nicken, und dann begann auch der Ältere, den die anderen Heinrich nannten, zu reden. Er war ein bärbeißiger Typ, der sprach, ohne die Lippen zu bewegen. Er vergrub die Hände in seiner Arbeitshose und sah auf die dreckigen Kappen seiner Gummistiefel. »Ich habe in der gleichen Straße wie Nelly gewohnt, nur zwei Häuser weiter«, begann er zögernd, »es gab oft Streit in ihrer Wohnung, sagten jedenfalls die Nachbarn aus ihrem Haus.«
»Weiter!«
»Immer mit der Ruhe. Streit und Lärm soll es dort ständig gegeben haben«, er rümpfte die Nase, »auch nachts, besonders aber in der Nacht, in der er …«
»… in der er verschwand? Und wann war das?«
»Och, das war auch im August, wie jetzt, glaube ich«, sagte Heinrich, »im August vor einem Jahr.«
»Sie wissen nicht den Tag?«
»Nö. Aber es war auf jeden Fall im August. Da muss es, wie gesagt, richtig zur Sache gegangen sein. Scherben hat’s gegeben. Und Schreie und so was. Und einen dumpfen Knall und dann Ruhe.«
»Haben die Nachbarn gesagt?«
»Ja. Nelly hat sich wohl endlich gewehrt.«
»Was soll das heißen?«
»Ich bitte Sie, eine Frau, groß und stark wie ein Bär, und er war so ein Kleiner«, sagte er und zeigte mit der Hand etwa anderthalb Meter über den Boden, »aus der Wohnung herausgehen sehen hat ihn keiner mehr. Nie mehr. Ein paar Häuser weiter ist ein Kiosk, wo ich meine Zeitung und meine Zigaretten kaufe, da wird man Ihnen alles bestätigen können.«
»Was schließen Sie daraus?«
»Ich? Überhaupt nichts.« Heinrich hob die Hände. »Aber die Nachbarn hatten eine, wie soll ich sagen, eine ziemlich grässliche Erklärungen dafür.«
»Und welche?«
»Wie gesagt, ich sage nur, was ich gehört habe. Er soll nämlich gar nicht verschwunden sein. Sie soll ihn … umgebracht haben.«
»Hat denn mal einer
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