Fenster zum Zoo
die Polizei benachrichtigt?«
»Nö. Ist doch nicht unsere Aufgabe. Und ist doch nur ein Gerücht. Man kann doch nicht wegen einem Gerücht zur Polizei gehen.«
Muschalik ließ sich von ihm Nellys alte Adresse geben und machte sich auf den Weg. Die Tierpflegerin zog ihn plötzlich am Ärmel, sie war ihm nachgegangen.
»Es war schon mal jemand vom Kölner Zoo hier. Der, der jetzt auch tot ist.«
»Thomas Jartmann?«
Sie nickte. Muschalik hatte vor lauter Gerüchten völlig vergessen, sich nach Jartmann zu erkundigen.
»Und wann?«
»Mitte Juli.«
»Nachdem der Tod des Fotografen in der Zeitung gestanden hatte?«
»Ja. Direkt am nächsten Tag. Er hat nach Nelly gefragt, so wie Sie eben.«
»Hat er auch nach dem Grizzly gefragt?«
»Nein, wieso sollte er?«
»Das habe ich mir schon fast gedacht.«
* * *
Es war ein gepflegtes Mehrfamilienhaus, in dem sie gewohnt hatte, mit vier Parteien auf jeder Seite des weiß gekachelten Treppenhauses. Im Erdgeschoss regelten eine Hausordnung und der Treppenputzdienst das gemeinsame Leben. Es war verboten, Fahrräder oder Kinderwagen dort abzustellen. Bei Einbruch der Dunkelheit war die Haustür abzuschließen. Saubere Türmatten, Strohkränze und selbst gebastelte Namensschilder hießen ihn willkommen, als er die Treppe hinaufstieg.
Nellys Wohnung im zweiten Stock rechts war wieder vermietet, »Schobenberg« stand an der Tür. Niemand öffnete ihm. Durch den Spion sah er einen dunklen Schatten, der sich bewegte. Er traf insgesamt drei Bewohner an, die alle bei dem Namen Nelly Luxem die Türe schließen wollten. Aber Muschalik setzte einen Fuß in ihre Diele, bevor sie dazu kamen.
»Sie wohnt nicht mehr hier«, war die abweisende Antwort, und sie wüssten nichts über sie.
Muschalik blieb vor dem Hauseingang stehen, sah unschlüssig nach rechts und links. Ein paar Häuser weiter lag der Kiosk, von dem der Tierpfleger Heinrich gesprochen hatte, gegenüber auf dem kleinen Platz unter den Bäumen stand eine Reihe Müllcontainer. Als er hoch blickte, sah er auf drei Balkonen Köpfe verschwinden. Die Köpfe hinter den Fensterscheiben des Kiosk waren hartnäckiger. Da hatten sie gestanden, hatten über jeden Schritt von Nelly gewacht. Da standen sie auch jetzt und beobachteten den kleinen, älteren Herrn mit der karierten Schirmmütze und dem karierten Blouson, der sich auf den Weg zum Kiosk machte.
Der schmuddelige Kiosk glich einer Imbissbude. Vier speckige Stehtische luden zum Verzehr von belegten Brötchen und heißer Wurst ein. Es wurde auch Alkohol verkauft, Pils in Dosen, eine Billig-Marke, die Muschalik nicht kannte. Die Bild am Sonntag und andere einschlägige Informationsblätter lagen auf der Glastheke. Zigaretten und Süßigkeiten waren selbstverständlich auch zu haben. Hinter der Theke wirtschaftete ein dicker Mann, auf dessen Stirn Schweißtropfen standen, die er ab und zu mit dem Handrücken abwischte.
Muschalik bestellte eine heiße Wurst und einen Kaffee. Und er hoffte, der Dicke würde die Wurst nicht mit den Händen anfassen. Umsonst. Die Kaffeetasse goss er randvoll, sodass Muschalik sie mühsam zu einem der Stehtische balancieren musste. Das Zuckertütchen klebte und in der Mitte des Kaffeelöffels sah er einen braunen, angetrockneten Rand. Muschalik trank den Kaffee schwarz. Die Wurst war nicht mehr die jüngste.
Weitere Gäste waren ein auffallend hagerer Mann und ein Ehepaar. Sie waren alle mit dem Dicken, dem Besitzer des Kiosk, den die anderen Bruno nannten, offensichtlich freundschaftlich verbunden, denn sie duzten sich und sprachen vom gestrigen Abend, den sie zusammen in einer Kneipe verbracht hatten. Sie hatten alle einen über den Durst getrunken. Sowohl Heinz, der hagere Mann, als auch Marie und Gerhardt, das Ehepaar.
»Noch einen, der Herr?«, rief Bruno nach einiger Zeit.
Muschalik sagte ja, obwohl der Kaffee scheußlich war, aber er war nicht hier um guten Kaffee zu trinken. Bruno brachte die Tasse an seinen Tisch und legte eine braune Spur.
»Sie sind der neue Verwalter«, stellte er fest. Es war keine Frage, er hatte bereits entschieden, wer der Fremde war.
Muschalik nickte.
»Wollten mal nach dem Rechten sehen, wie?«
»Ja. Man muss sich um die Dinge kümmern«, sagte Muschalik vage.
»Genau. Immer am Ball bleiben. Ehe etwas einreißt. Ihr Vorgänger war ein bisschen schlampig«, fuhr Bruno fort.
»Deswegen bin ich hier.«
Heinz faltete seine Bild am Sonntag zusammen und sagte: »Der hat sich um rein gar nix
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